Zahl der Kindesabnahmen steigt

In Salzburg steigt die Zahl der Kindesabnahmen durch das Jugendamt jährlich an - genauso wie der Bedarf bei ambulanter sozialpädagogischer Betreuung. Der Hautgrund dafür: Schulen, Kindergärten oder Nachbarn schlagen öfter Alarm.

Das Jugendamt der Stadt Salzburg untersuchte jetzt in einer Studie, was Kindesabnahmen bewirken und wie sie erlebt wurden. Denn die Gründe, weshalb Kinder ihre Kinder abgeben oder abgeben müssen, sind vielfältig: eine Krankheit, Sucht oder Überforderung. Die Unterbringung außerhalb der eigenen Familie kann auch schützen - vor physischer und seelischer Vernachlässigung, mitunter auch vor Misshandlung.

Zwei Drittel der Fremdunterbringungen freiwillig

Im Jahr 2017 waren in der Stadt Salzburg 348 Kinder und Jugendliche außerhalb ihrer Familien untergebracht. Der Großteil lebte in betreuten Wohngemeinschaften, 76 bei Pflegefamilien. Bei zwei Dritteln erfolgte die Fremdunterbringung freiwillig, bei einem Drittel auf richterlichen Beschluss.

„Die Kindesabnahme oder Fremdunterbringung ist eine der massivsten Formen der Intervention durch Jugendämter“, erklärte Sozialarbeiterin Martina Müller, Mitautorin der Studie. „Zunächst wird immer ein gelinderes Mittel geprüft, etwa die ambulante Betreuung durch Sozialarbeiter. Aber wir haben auch den gesetzlichen Auftrag, für das Kindeswohl zu sorgen.“

Jugendamt wird meist zu spät eingeschaltet

Oft sei die Fremdunterbringung die einzige verbliebene Möglichkeit - teils auch, weil das Jugendamt zu spät beigezogen wurde. „Das Amt wird oft erst alarmiert, wenn gar nichts mehr geht. Es ist die höchste Eskalationsstufe. Aber das ist der falsche Ansatz“, erklärte Sozialressortchefin Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ). Vielmehr sollte das Jugendamt so früh wie möglich eingeschaltet werden. „Dann können Maßnahmen gesetzt werden, so dass eine Fremdunterbringung vielleicht gar nicht notwendig ist.“

Auch wenn die Fremdunterbringung oft negativ besetzt sei, könne sie „etwas Positives bewirken“, betonte Sozialarbeiterin Müller. „Der Kontakt mit den Eltern bleibt in der Regel aufrecht, gleichzeitig bieten WGs oder Pflegefamilien eine wichtige Struktur im Alltag.“

Für die Studie des Magistrats wurden - fünf bis zehn Jahre nach deren Volljährigkeit - Gespräche mit betroffenen Kindern oder Jugendlichen, ihren Elternteilen und Sozialarbeitern geführt. Die Studie ist angesichts der geringen Fallzahlen aber nicht repräsentativ: So wurden nur sechs Personen interviewt, die früher einmal fremduntergebracht waren. „Aber sie liefert wichtige Rückschlüsse für die zukünftige Arbeit im Jugendamt“, erklärte Müller

Tag des Einzugs oft die schlimmste Erinnerung

So wurde von den Befragten etwa der Tag des Einzugs in eine Wohngemeinschaft oder Pflegefamilie als einschneidendes Erlebnis und eine der schlimmsten Erinnerungen genannt - trotz Vorgesprächen und Kennenlernen. „Wir wollen die Mitarbeiter des Jugendamts und der WGs für diese Phase mehr sensibilisieren. Es braucht mehr Begleitung am ersten Tag“, sagte Müller. Zugleich soll auch die Elternarbeit während der Zeit der Unterbringung verstärkt werden. „Vor allem die Elternteile, die nicht die Obsorge haben, sollten mehr eingebunden werden.“ Empfohlen wird auch eine Begleitung der Jugendlichen über die Volljährigkeit hinaus.

Bei keinem der sechs Befragten gelang übrigens die Rückführung in die eigene Familie: Die Betroffenen, einer war erst sechs Jahre alt, als er in eine Kinder-WG kam, blieben bis zur Volljährigkeit fremduntergebracht.

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