Spezialhunde vertreiben Wölfe

Vieh lässt sich mit speziellen Hunden vor Wolfsangriffen gut schützen, sagt der Bergbauer Georg Höllbacher in Bad Vigaun (Tennengau). Er beschäftigt schon lange drei Maremmanos, die aus Mittel- und Süditaliens Bergen stammen.

Schutzhund gegen Wölfe Herdenschutzhund in Bad Vigaun

APA/Barbara Gindl

Wenn seinen Schafen oder Ziegen eine Gefahr drohen könnte, dann versteht ein Maremmano wenig Spaß

Schaf- und Ziegenhirten in den Abruzzen verwenden solche Schutzhunde schon seit Jahrhunderten. Der friedliche und kuschelige Eindruck täuscht. Die drei Hunde der Rasse Maremmano-Abruzzese auf der Weide in Bad Vigaun sind groß und kräftig. Sie bewegen sich erstaunlich leichtfüßig.

Rüden dieser Rasse bringen bis zu 45 Kilogramm auf die Waage, die Hündinnen bis 40 - deutlich mehr als die meisten Wölfe. Diese verlässlich abzuwehren und in die Flucht zu schlagen, das ist seit alten Zeiten ihr Job. Perfekt arbeitende Nase und gute Ohren, stattliche Höhe und Leibesfülle, dennoch Ausdauer und Schnelligkeit, große Lautstärke beim Verbellen und Einschüchtern sowie bei Bedarf eine lebensrettende Kampfkraft sind die entscheidenden Faktoren. Als Zuchttiere wurden früher meist nur Exemplare verwendet, die bei den Herden selbständig als Beschützer arbeiten konnten und wollten. So entstand ein äußerst eigenwilliger Charakter.

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Auch Wanderer und Biker eher unbeliebt

Die angeborenen Fähigkeiten der Maremmanos sind laut Fachleuten stark ausgeprägt - schon bei den Welpen große Gelehrigkeit, kaum unterwürfiges Verhalten und später eigenständiges Arbeiten über längere Zeiträume hinweg - auch ohne Anweisungen und ohne Hirten oder Bauern in Sichtweite. Das Fellkleid gilt als sehr wetterfest, wie bei den meisten Hütehunden. Allerdings lassen gut ausgebildete Wächter neben Wölfen oft auch keine Wanderer oder Mountainbiker in die Umgebung bzw. Nähe ihrer Herden. Das hatte früher auch mit dem Schutz vor Viehdieben zu tun, als große Teile der italienischen Berg- und Landbevölkerung noch in Armut lebten.

„Diese intelligenten Hunde sind keine Kuscheltiere“, sagt auch Bergbauer Georg Höllbacher in Bad Vigaun. Der Salzburger gilt als einer der Pioniere in Österreich, was den praktischen Einsatz auf Weiden im Gebirge betrifft. Ihrem Chef gegenüber sind die drei Maremmanos sehr anhänglich.

Skepsis wegen hoher Zusatzkosten

Seit die vor Jahrhunderten ausgerotteten Wölfe hierzulande wieder verstärkt aktiv sind - seit Anfang April wurden in Salzburg mehr als 20 Schafe, Ziegen und Widder getötet - ist auch die Diskussion über den Umgang mit dem Wolf wieder voll entflammt. Viele Landwirte sind nach den jüngsten Rissen verunsichert und sehen ihre Existenz bedroht. Jäger sehen den Wildbestand in Gefahr. Gerade Alm- und Bergbauern, die im Rahmen der EU gegen das Industrial Farming in flachen Regionen konkurrieren müssen, fürchten sich vor massiven Mehrkosten durch die Zusatzbelastung ihrer Betriebe - wenn Wölfe in der Bergregion anwesend sind und immer öfter Jagd auf das Vieh machen.

Die meistens gegenüber Menschen sehr scheuen Räuber hätten als einzelne Jäger gegen die großen Schutzhunde körperlich wenig Chancen, sagen Zucht-Experten. Letztlich würden sich einzelne oder einige wenige Wölfe davonschleichen, wenn sie solche Hunde bemerken. Allerdings könne die Lage anders werden, wenn sich kampfkräftige Rudel zusammenfinden und auf taktischer Basis gemeinsam jagen.

„Keine Freude mit Wölfen, aber sie sind da“

„Als Schafsbauer habe ich auch keine Freude mit der Rückkehr des Wolfes“, sagt Höllbacher, zugleich Obmann des Bundesverbandes für Schafe und Ziegen und Leiter der Nationalen Beratungsstelle für Herdenschutz, am Mittwoch bei einem Pressegespräch auf seinem Hof: „Aber der Wolf wird nicht nur wieder kommen, er ist bereits da.“

„Es wird bei uns nicht morgen flächendeckend Rudel und Einzelwölfe geben. Aber wir müssen jetzt die Strukturen schaffen, wie wir damit umgehen“, fordert Höllbacher. Allerdings müsse der Herdenschutz in Österreich erst aufgebaut werden. Bisher setzen nur eine Handvoll Landwirte die Hunde zum Schutz ihrer Schafe und Ziegen ein.

„Nur mit Info-Arbeit für die Bevölkerung möglich“

„Die Herausforderung ist nicht, die Hunde in die Herden zu integrieren, sondern die Information der Bevölkerung“, betont Höllbacher. Herdenschutzhunde sind eigenständige Tiere, die Gefahren selbstständig einschätzen und Entscheidungen treffen müssen. Sie sind von klein auf mit den Schafen und Ziegen sozialisiert und verteidigen die Herde nicht nur gegen wilde Tiere, sondern auch gegen vermeintliche andere Bedrohungen wie ihnen unbekannte Menschen.

Neue Hundekultur kostet Zeit und Geld

Das alles führt naturgemäß zu weiteren Konflikten. In der Schweiz informieren Verhaltenstafeln über den richtigen Umgang mit den Hunden. Dass Wanderer attackiert werden, kommt dort vor, wenn auch nur sehr selten. Zugleich kostet die Ausbildung der Herdenschutzhunde viel Geld und Zeit, Ressourcen die viele Nebenerwerbslandwirte in Österreich nicht hätten. „Viele Bauern werden sich die Maßnahmen nicht leisten können. Es bräuchte dazu finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand“, sagt Höllbacher. Über kurz oder lang werde man auch über eine Bejagung oder Entnahme von Wölfen reden müssen.

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ORF-Fernsehbericht über die drei in Bad Vigaun stationierten Maremmanos, die sich beim Herdenschutz gut bewähren

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