„Flash“: Tourismusrekord auf dem Everest

Der Salzburger Bergführer Rupert Hauer hat Montag einen Weltrekord aufgestellt. Er brachte zahlende Kunden, die in Zeitnot sind, besonders rasch auf den Mount Everest. Hauer stand bei diesem „Flash“ zum zweiten Mal innerhalb von fünf Tagen oben.

Nur 21 Tage nach der Abreise von zu Hause in Europa oder Nordamerika auf dem Gipfel des welthöchsten Berges in Südasien zu stehen? Ohne vorher an Höhenkrankheit, Lungenödem, Gehirnschlag, Kälte oder Erschöpfung zu sterben? Das hatte bisher weltweit noch niemand geschafft. Und natürlich sind diese 21 Tage als „Flash“ („schneller Rauschzustand“) nur möglich, wenn die Teilnehmer mit Sauerstoffflaschen unterwegs sind.

Lukas Furtenbach

Furtenbach Adventures

Gipfelrast auf dem Mount Everest

Rundum-Betreuung für die Kunden

Montag ist dieser Rekord einer Gruppe reicher Leute gelungen, die sich diese Art von Bergsteigen mit vielfältiger Spezialbetreuung durch Profis finanziell leisten können. Schlüsselfaktor ist dabei eine sehr ausgeprägte technische und logistische Hilfe, die mit klassischem, eigenverantwortlichem, sportlich „fairem“ und medizinisch sehr gefährlichem Höhenbergsteigen ohne jede Hilfe von Hochträgern wenig bis nichts zu tun hat.

Premiere im kommerziellen Bergsteigen

Geleitet wurde diese erste „Flash“-Expedition zum Mount Everest von dem staatlich geprüften Salzburger Bergführer und sehr erfahrenen Höhenbergsteiger Rupert Hauer aus Mauterndorf (Lungau). Er ist im Hauptberuf auch Alpinpolizist und privat im Himalaya immer ohne O2-Flaschen unterwegs. Hauer stand schon am 16. Mai - fünf Tage vor dem „Flash“ - zum ersten Mal in seinem Leben auf dem 8.850 Meter hohen Mount Everest. Auch da hatte er wie seine Kunden die Maske getragen und eine erste Gruppe geführt. Diese hatte sich noch deutlich mehr Zeit gelassen von zu Hause bis auf den Gipfel - nämlich die in der Branche üblichen zwei Monate. Bei der zweiten Gruppe waren es Montag nur noch drei Wochen, eine bisher in Fachkreisen als unmöglich geltende Frist. Auch wenn man Sauerstoff aus Flaschen verwendet, der wie ein Turbo wirkt im Vergleich zur natürlichen Atmung in diesen Höhen.

2013: Lebensretter „by fair means“

Der Lungauer Profi-Bergführer Hauer kehrte damit nach fünf Jahren auf die chinesisch-tibetische Seite des Everest zurück. 2013 war der Salzburger auf dem „Normalweg“ als Alleingänger ohne künstliche Hilfsmittel hier fast bis zum Gipfel gekommen. Er verzichtete damals auf diesen sportlichen Erfolg und kehrte um, um einem schneeblinden und erschöpften Amerikaner das Leben zu retten und ihn mühsam ins Tal zu bringen. Dabei zog sich Hauer selbst einige schwere Erfrierungen zu, die später aber gut abheilten.

Everest Basislager von der CHINA-Seite!!! (nicht NEPAL!)

Lukas Furtenbach

Everest-Nordwände, chinesisch-tibetische Seite mit Route über North Col. Rechts oben: Hornbein-Colouir

Beide Gruppen auf dem Everest in den letzten Tagen waren Kunden der Tiroler Firma „Furtenbach Adventures“ in Innsbruck. Diese organisierte das Geschehen seit vielen Monaten und betreute es logistisch. Die zweite Gipfelgruppe am Montag dürfte nun mit ihrem äußerst geringen Zeit-Budget von 21 Tagen in die Geschichte des kommerziellen Höhenbergsteigens eingehen. Ein Meilenstein, wie immer man auch zu diesem umstrittenen und vielfach diskutierten Thema persönlich steht.

Rupert Hauer auf dem Mount Everest

Courtney Reardon

Rupert Hauer, aufgenommen vor ein paar Tagen von einer amerikanischen Bergsteigerin

„Flash“-Taktik für besonders Eilige

Die zweite Gruppe verfolgte eine völlig neue und im geschäftlichen Sinn auch revolutionäre Taktik. Ziel solcher Leute mit viel Geld und großer Zeitnot ist neben dem Gipfelerfolg die radikale Verkürzung ihres Aufenthaltes beim Berg und auf dem Berg selbst. Man möchte möglichst schnell wieder zu Hause bzw. am prominenten Arbeitsplatz sein - samt der Trophäe Everest im Tourenbuch bzw. Lebenslauf.

Manche Kritiker stufen diesen stressig klingenden Ansatz auch als Teil jener Verhaltensweisen ein, die in der Industrie bzw. Hobby-Psychologie als „Manager-Krankheit“ bekannt sind. Jedenfalls spricht und schreibt der Expeditionsveranstalter „Furtenbach Adventures“ von einer neuen Art des exlusiven Reisens und Erlebens. Dieser spezielle Stil der „Flash-Expedition“ zum Mount Everest werde künftig fester Bestandteil im Angebot der Tiroler Firma sein - als neu erschlossenes Geschäftsfeld, sagt Manager Lukas Furtenbach. Seit 15 Jahren hat ein Team unter der Leitung des Höhenbergsteigers, Firmengründers und Geschäftsführers diese Methodik für sportliche Erben, Unternehmer, Privatiers, Reiche und Superreiche entwickelt.

Spezialzelte schon für zu Hause

Gipfelkandidaten und Kunden schlafen für den „Everest-Flash“ schon wochen- bzw. monatelang vor Abreise nach Asien in speziellen „Hypoxie-Zelten“. Damit können Tage, Nächte und Wochen in Himalaya-Hochlagern bequem zu Hause simuliert werden. Sauerstoffgehalt und Druck der Atemluft lassen sich stufenweise immer weiter verringern. Parallel wird ganz normales Lauf- oder Radtraining absolviert. So steigt die Zahl der roten Blutkörperchen schon lange vor der geplanten Tour auf ein Niveau, das sonst nur beim Bau von Hochlagern und im oftmaligen Pendelverkehr zwischen Basislager und Hochregion entstehen würde. Teilnehmer solcher Expeditionen müssen sich um die Lager-Logistik selbst überhaupt nicht mehr kümmern. Das erledigen die begleitenden Profis aus Europa, Nordamerika, Nepal und China im Auftrag der Veranstaltungsfirmen.

Lukas Furtenbach

Furtenbach Adventures

Auch Firmenchef Furtenbach betreute die zweite Gruppe beim „Flash“

„Mangelnde Zeit als Hauptproblem“

Es ist aus seiner Sicht eine Welt-Premiere: Auch Lukas Furtenbach war Montag ganz oben mit dabei, um die Premiere zu dokumentieren und die Gruppe mit abzusichern. Er ist selbst staatlich geprüfter Bergführer. Alle zahlenden Kunden hätten unter der Führung von Lead Guide Rupert Hauer den Gipfel erreicht, teilte der Tiroler Manager am Dienstag der Öffentlichkeit mit: „Das ist einmalig und völlig neu. Damit war es auch möglich, nur sieben Tage nach Ankunft in Tibet bereits das Lager auf dem North Col auf 7.000 Metern Seehöhe zu erreichen – ohne gesundheitliche Probleme für die einzelnen Teilnehmer."

Mit diesem Erfolg würde seine Firma nun neue Türen aufstoßen, so Furtenbach: "Mangelnde Zeit ist das Hauptproblem vieler unserer Kunden. Wir haben nun bewiesen, dass wir diesen Faktor im Griff haben. Wir können nun weltweit den Mount Everest in nur 21 Tagen anbieten. Endlich ist uns diese Innovation gelungen - nach fast 40 Jahren Stillstand im kommerziellen Höhenbergsteigen.“

Kritiker: „Fairness mit Füßen getreten“

Kritiker sehen dagegen in der „Flash“-Höhentaktik einen weiteren Verfall der Sitten im Himalaya, der schon vor 30 Jahren begonnen habe. Damit entferne sich die Szene immer noch weiter von den Wurzeln, treibe den Ausverkauf voran und trete die sportliche Fairness auf den Achttausendern mit Füßen. Wer den Everest oder andere Riesen ohne Flaschensauerstoff und ohne die vielen Helferlein besteigen will, der könne durch den Geschäftsbetrieb mittlerweile Platzangst bekommen, heißt es. Manche sprechen von Massentourismus der Reichen, Erfolgreichen und Schönen, der mittlerweile auch in extremen Seehöhen zu beobachten sei. Mit Bergsteigen habe das nichts mehr zu tun.

Andererseits sind auch die meisten kommerziell geführten Everest-Aspiranten keine Halbschuhtouristen, sondern sportlich gut bis hervorragend trainierte Laien oder Fortgeschrittene.

Heiße Debatten über Sinn und Unsinn

Unternehmer wie Lukas Furtenbach halten den zum Teil sehr scharfen Kritikern seit Jahren entgegen, dass abseits der gut begehbaren und gut abgesicherten Normalwege auf Achttausendern noch genügend „wilde“ Spielwiesen, wunderschöne Wände, Grate und vielerlei neue Routen und Klettereien auf die weltbesten Bergsteiger warten würden. Und auf solche, die es werden wollen. Selbst auf dem Everest gebe es aus alpinistischer Sicht noch viele ungelöste Probleme und reizvolle Herausforderungen, wo man sich nicht in die Quere komme. Vieles von der Kritik am kommerziellen Bergsteigen sei reine Heuchelei. Noch heute würden seine Bergführer und Profis aus dem einheimischen Volk der Sherpas den Müll ins Tal tragen, den die sportlich fairen Helden der Pionierzeit und Prediger des sauberen Bergsteigens dort oben über Jahrzehnte hinterlassen hätten, so Furtenbach.

Everest Basislager von der CHINA-Seite!!! (nicht NEPAL!)

Lukas Furtenbach

Basislager auf der chinesischen Seite unweit des Klosters Rongbuk

Hauers Erfolgsquote: 100 Prozent

Beobachter sagen, die Gipfelerfolge vom 16. und 21. Mai unter österreichischer Führung könnten nun noch mehr zahlende Kunden motivieren, bei „Furtenbach Adventures“ in Tirol einen Vertrag für den Everest zu unterschreiben. Besonders Manager, reiche Hobbysportler und Millionäre in Nordamerika würden als potenzielle Teilnehmer auf die Erfolgsquote schauen. Und diese beträgt nun bei beiden Gipfeltouren unter der Leitung des Salzburger Bergführers Rupert Hauer 100 Prozent. Ausnahmslos alle Kunden erreichten den höchsten Punkt der Erde.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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