Pflegeregress: Land muss auf Millionen verzichten

Die rechtliche Regelung nach dem Aus des Pflegeregresses ist so unklar, dass die Länder auch alte, bestehende Forderungen gegen Seniorenheimbewohner verlieren könnten. Das Land Salzburg hat die Forderungen deswegen auf Eis gelegt.

Das Land Salzburg rechnet mit 360 Millionen Mehrkosten in den kommenden vier Jahren nach dem Aus des Pflegeregresses - mehr dazu in: Pflegeregress: Mehrkosten verdoppelt (salzburg.ORF.at; 23.2.2018). Zusätzlich muss das Land vorerst auf längst geklärte Forderungen in Millionenhöhe verzichten, weil der Bund den Ländern vorschreibt, laufende Verfahren einzustellen.

Alte Frau mit Pflegerin in Seniorenheim Altersheim

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Das Land muss möglicherweise auch auf Forderungen vor dem Aus des Pflegeregresses verzichten

Auch Fälle aus Vorjahr ausgesetzt

Darunter können auch solche sein, die zwar rechtlich schon entschieden sind, deren Vollzug aber noch aussteht. Beispielsweise der Zugriff auf das Immobilienvermögen eines Seniorenheimbewohners. Das betrifft auch Fälle aus dem Vorjahr - also bevor die Neuregelung überhaupt in Kraft getreten ist. Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) fühlte sich vom Bund im Stich gelassen, weil keine Regelungen getroffen wurden: „Wir haben uns in der Salzburger Landesregierung jetzt dazu entschieden, dass wir Forderungen aussetzen, bis eine Regelung mit dem Bund zustande gekommen ist.“ Bis auf Weiteres liegen die Forderungen deswegen auf Eis.

Finanzreferent Stöckl: „Wer anschafft, der zahlt“

Außerdem ist nach wie vor nicht geklärt, wer die zusätzlichen Kosten der Länder tragen soll. Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat den Bundesländern 100 Millionen an Kompensation angeboten. 100 Millionen für alle gemeinsam, nicht für jedes einzelne Bundesland. Viel zu wenig, finden vor allem die ÖVP-geführten Länder und ziehen jetzt gegen die eigene Partei in Wien zu Felde. „Es macht sicher einen gewissen Eindruck von Uneinigkeit, aber die Interessen der Gebietskörperschaften sind teilweise unterschiedlich. Wer anschafft, der zahlt - wenn der Bund etwas beschließt, dass finanzielle Kosten mit sich zieht, dann muss der Bund die auch tragen“, sagte Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP).

Hand einer Heimbewohnerin mit Saftglas in Pflegeheim

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Den Bundesländern sind die vom Bund angebotenen 100 Millionen Euro Kompensation viel zu wenig

Bund und Länder verhandeln ab Anfang April

Anfang April sollen die Bund-Länder-Verhandlungen über die Kosten der Pflegeregressabschaffung beginnen. Dabei dürfte es dann wohl auch darum gehen, ob Altforderungen gegen Seniorenheimbewohner noch eingetrieben werden dürfen oder nicht. Viel Zeit bleibt nicht für Verhandlungen: Spätestens bis Juni müssen Ergebnisse vorliegen, danach wollen die Länder den Konsultationsmechanismus auslösen und notfalls auch den Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten.