Gutachter: Swap-Übernahme brachte Land nichts
Den SPÖ-Politikern Heinz Schaden und Othmar Raus und ehemaligen und amtierenden Spitzenbeamten wird in dem Strafverfahren Untreue und Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Sie hätten Zinstauschgeschäfte (Swaps) ohne Gegenleistung von der Stadt auf das Land Salzburg im Jahr 2007 übertragen, obwohl diese damals beinahe fünf Millionen Euro im Minus gewesen seien, so die Anklage.
In dem Prozess geht es damit um eine zentrale Frage: War die Übertragung der Finanzpapiere von der Stadt ans Land ein politischer Deal oder für beide Seiten ein sinnvolles Geschäft? Die Angeklagten bestritten eine Absprache in ihren Befragungen vehement - und argumentierten, dass die Papiere gut ins Portfolio des Landes gepasst hätten.
ORF
Verluste bereits zu massiv, um nützlich zu sein
Doch Christian Imo, Experte in Börsen- und Finanzfragen, widersprach der Darstellung der Angeklagten. Imo war unter anderem schon im BAWAG-Prozess und im Linzer Swap-Prozess als Sachverständiger aufgetreten. Er erklärte am Dienstag, dass die umstrittene Übertragung mehrerer Spekulationsgeschäfte von der Stadt aufs Land keinesfalls einen wirtschaftlichen Nutzen gehabt hätte. Die Stadt habe mit den Papieren auf sinkende Zinsen gewettet - und diese Wette verloren, so Imo. Denn ab Sommer 2006 stiegen die Zinsen stark, im Sommer 2007 sei die Stadt deshalb mit einem großen Verlust konfrontiert gewesen. Und just in diesem Moment übernahm das Land die Papiere - ohne schriftlichen Vertrag und ohne Gegenleistung, die den negativen Wert der Papiere ersetzt hätte. Genau das wäre aber bei solchen Übertragungen vorgeschrieben.
Die fraglichen Finanzpapiere hätten weder einen Sinn für die Absicherung gegen Zinsrisiken gehabt, noch wären sie zur Spekulation geeignet gewesen, weil die Verluste zum Zeitpunkt der Übertragung bereits zu massiv gewesen seien, betonte Imo. Die Staatsanwaltschaft ist ja davon überzeugt, dass alle Beteiligten über das Minus der Papiere informiert waren.
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar
Swap-Übertragung wirtschaftlich sinnlos
Das Land Salzburg habe durch die Übernahme der Zins-Swaps von der Stadt keinen wirtschaftlichen Nutzen gehabt. Das sagte ein Gutachter.
Gutachten hochkomplex - langer Verhandlungsplan
Wie komplex die fachliche Bewertung der Geschäfte tatsächlich ist, zeigt ein Blick auf den Verhandlungsplan. Imo wird noch am Mittwoch zu dem guten Dutzend an hochkomplizierten Zinstauschgeschäften mit Banken wie etwa der britischen Barclays oder der Schweizer UBS befragt.
Einige Verteidiger äußerten am Dienstag auch ihren Unmut über das fachspezifische Vokabular des Gutachters. Für Nicht-Experten seien die Ausführungen völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar, sagte Raus-Anwalt Gerald Ruhri. Mehrere Verteidiger schlossen sich dem Antrag an, dass der Sachverständige sein Gutachten referiert und nicht vorliest.
Politiker bestritten Absprache
Laut Anklage soll Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) 2007 mit dem ehemaligen Finanzreferenten des Landes Salzburg, Othmar Raus (SPÖ), die Übergabe der Geschäfte ohne Gegenleistung vereinbart haben - und das, obwohl diese damals mit fünf Millionen Euro im Minus waren. Für die Staatsanwaltschaft ist das Untreue zu Lasten des Landes Salzburg.
Beim Prozessauftakt Anfang Juni erklärten sich Othmar Raus und Heinz Schaden für nicht schuldig. Es hätte keine politische Absprache gegeben. Eine Weisung an Beamte wäre erst recht nicht erfolgt, sagten die Angeklagten.
ORF / Christine Hackenbuchner
Auch die angeklagten Spitzenbeamten waren sich keiner Schuld bewusst. Magistratsdirektor Martin Floss war zum Zeitpunkt der fraglichen Finanztransaktionen Mitarbeiter im Büro des Bürgermeisters. Mit den faulen Stadt-Finanzpapieren habe er nichts zu tun gehabt. Floss habe Monika Rathgeber Anfang Juni erstmals persönlich kennengelernt, zuvor nie mit ihr gesprochen oder telefoniert. Ebenso habe er nie Kontakt gehabt mit Ex-Finanzreferent Raus oder dessen Finanzabteilungschef Eduard Paulus wegen dieser Papiere.
Rathgeber räumte als einzige Untreue ein
Nur Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber legte Anfang Juni überraschend ein Geständnis zum Untreuevorwurf ab. Die Übertragung der Swaps 2007 wäre auf Weisung ihres Abteilungsleiters Eduard Paulus erfolgt - und diese Weisung wäre auf politischem Wege von Statten gegangen, sagte Rathgeber - mehr dazu in: Swap-Prozess: Rathgeber räumt Untreue ein (salzburg.ORF.at; 05.6.2017).
Prominente Zeugen
Auf der Zeugenliste des Verfahrens stehen noch prominente Namen - wie etwa Ex-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) und ihr Ex-Stellvertreter David Brenner (SPÖ), dazu auch der frühere Olympiaberater Erwin Roth. Die Befragungen werden bis Ende Juli dauern.
Links:
- Auch Magistratschef weist Schuld von sich (salzburg.ORF.at; 14.6.2017)
- Finanzprozess: Finanzdirektor „nicht schuldig“ (salzburg.ORF.at; 11.6.2017)
- Swap-Prozess: Paulus beschuldigt Rathgeber (salzburg.ORF.at, 09.6.2017)
- Swap-Prozess: Schaden, Raus erklären sich nicht schuldig (salzburg.ORF.at; 08.6.2017)