Österreichs Beitrag zu Lutherjahr von FH Salzburg

Studenten der Fachhochschule Salzburg haben den österreichischen Beitrag zur „Weltausstellung Reformation“ zum Luther-Jahres in Wittenberg geliefert. Die geflochtene Boote sind dort die markanteste Installation.

Im Schwanenteich der 45.000-Einwohner-Stadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt, nicht weit von Martin Luthers Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche vor 500 Jahren, treiben Dutzende geflochtene Boote auf engem Raum. Gemacht wurden sie von Studenten der Fachhochschule in Barcelona, Paris, Basel und Istanbul - zusammen mit Roma-Bettlern aus Salzburg, die das Flechthandwerk beherrschen, und mit mehr als zwanzig Flüchtlingen, teils mit illegalem Status.

Geflochtene Boote auf dem Schwanenteich in Wittenberg

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Die Boote wurden in Handarbeit geflochten

Zusammen mit Flüchtlingen geflochten

Für manche war die Arbeit Spaß, für einige die Aufarbeitung persönlicher Tragödien. Manche von ihnen sahen sich nach der Flucht übers Mittelmeer nicht dazu imstande, beim Flechten eines fahruntauglichen Bootes für einen Teich mitzumachen. Der 21-jährige Ali Mohamadou aus Kamerun, den Projektpartner in Barcelona im Hafen angesprochen haben, ließ sich nur zögernd darauf ein - bis er erkannte, dass er damit eine seelische Blockade durchbrechen und über sein Schicksal wieder reden konnte. Es war übrigens das erste Mal in seinem Leben, dass er für Arbeit Geld bekam.

Aus dünnen, elastischen Lamellen aus Pappel-, Fichten-, Eschen-oder Lärchenholz entstanden die stilisierten Boote, nicht geschraubt oder verleimt, sondern mit dicken Schnüren „genäht“, die bei leichtem Wind im Schwanenteich schaukeln, zum Fotografieren und Nachdenken anregen.

Geflochtene Boote auf dem Schwanenteich in Wittenberg

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Zahlreiche Boote schwimmen auf dem Schwanenteich in Wittenberg

Metallboot als Hauptstück der Installation

„Hauptstück“ der Installation ist aber noch ein 18 Tonnen schweres orginales Flüchtlingsboot aus Metall, mit dem rund 140 Flüchtlinge aus Eritrea die Überfahrt nach Lampedusa auf Sizilien schafften. Per Lkw ist das Boot mit den arabischen Schriftzeichen noch unterwegs nach Wittenberg, der Transport hat bei italienischen Behörden großes Misstrauen erweckt. Zahlreiche Auflagen mussten erfüllt, viele Nachweise erbracht werden. So musste dokumentiert werden, dass bei der Überfahrt mit diesem Boot kein einziger Flüchtling ums Leben gekommen sei.

Anhand der Frontex-Akten ließ sich jeder Name der Flüchtlinge aus diesem Boot eruieren, alle überlebten die Fahrt. Doch keiner von ihnen erhielt Asyl in Europa, alle wurden inzwischen nach Afrika zurückgebracht. Nur ihr Boot erhält das Aufenthaltsrecht in Europa, nach der Reformations-Ausstellung bleibt es in Wittenberg stehen.

„Unsere ursprüngliche Idee war viel radikaler“, erzählte Michael Ebner vom Designstudiengang der FH Salzburg, in dessen Händen die künstlerische Gesamtleitung des österreichischen Beitrags lag. „Wir hatten geplant, so viele Original-Flüchtlingsboote nach Wittenberg zu holen, bis man vom Schwanenteich nichts mehr gesehen hätte. Damit wollten wir die Besucher sensibilisieren und ihnen zeigen: Boote dürfen Grenzen überschreiten, Menschen nicht.“ Durch den Höhepunkt der Flüchtlingswelle im Herbst 2015 schien eine solche Sensibilisierung nicht mehr nötig. Die Öffentlichkeit war sensibilisiert genug.

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FH-Team vertritt Österreich in Wittenberg

Ein Team der Fachhochschule Salzburg hat den österreichischen Auftritt bei der „Weltausstellung“ zum Luther-Jahr in Wittenberg gestaltet.

FH-Team gewann Wettbewerb mit seinem Konzept

Im Wasser des Schwanensees spiegeln sich auch die in Salzburg gebauten und am Ufer aufgestellten offenen kuppelförmigen Sakralräume, bis zu sieben Meter hoch, ebenfalls aus geflochtenen und „genähten“ Lamellen, bei Nacht indirekt beleuchtet. Schon jetzt äußerten viele Wittenberger den Wunsch, die Gebilde mögen auch über die Ausstellung hinaus stehen bleiben.

Ein interdisziplinäres Team des Campus Kuchl der Fachhochschule Salzburg (Studiengänge Holztechnologie und Holzbau sowie Design und Produktmanagement) hatte mit der Idee von geflochtenen Booten und geflochtenen Sakralräumen einen Wettbewerb gewonnen, das Motto „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ umzusetzen. Ausgeschrieben hatte den Wettbewerb der „Verein Reformationsjubiläum 2017“ unter 21 Hochschulen. Studenten aus beiden Studiengängen des Campus Kuchl betreuen ihren Teil der Wittenberger Ausstellung nun bis 10. September. Insgesamt erwartet die Weltausstellung Reformation bis zu einer halben Million Besucher - die freilich mit Luther-Büchern, Luther-Sprüchen, Luther-Likör, Luther-Keksen, Luther-Gedeck und sogar Luther-Tomaten der Gefahr eines Luther-Kollers ausgesetzt sind.

Bleibt die Frage, was die Szenerie mit den im Wasser treibenden, halb abgesackten „Flüchtlingsbooten“ mit Martin Luther und 500 Jahren Reformation zu tun hat? „Jeder soll seinen eigenen Zugang zum Projekt finden“, so Ebner.