Großer Prozess: Betrug via Amazon?

Elf Rumänen stehen nun bis nächste Woche in Salzburg wegen Geldwäsche vor Gericht. Sie sollen über die Internetplattform Amazon Marketplace billige Waren angeboten und Geld kassiert haben - ohne zu liefern.

Laut Anklage gibt es 339 Opfer in 15 Ländern. Der Gesamtschaden betrage rund 172.000 Euro. Allein in Österreich sollen 55 Käufer auf die kriminelle Machenschaften der mutmaßlichen Bande hereingefallen sein. Die Mehrheit der Geschädigten lebt in Deutschland.

„Unrichtige Wohnsitze“

Staatsanwältin Karin Sperling wirft den Beschuldigten im Alter von 20 bis 39 Jahren vor, sie hätten bei verschiedenen Geldinstituten mittels „unrichtiger Wohnsitzanmeldungen“ im Inland Konten eröffnet und die Überweisungsbeträge, welche die Käufer für die in Wirklichkeit nicht existenten Waren einbezahlt hatten, zeitnah behoben. Die erschlichenen Gelder seien dann ins Ausland transferiert worden, erklärte Sperling.

Gericht Geldwäsche Amazon

ORF

Vordergrund: Einer der Angeklagten am Dienstag vor Gericht

Pseudonyme verwendet

Wer ein Kaufinteresse bekundete, wurde laut Anklage von bisher unbekannten Drahtziehern darauf hingewiesen, dass der Kontakt ausschließlich über eine bestimmte E-Mail-Adresse zu erfolgen habe, die auf der Amazon-Seite angegeben war. Als Zahlungsempfänger wurde „Amazon Service Europe“ angeführt. „Der im Hintergrund agierende, bisher unbekannte Täter trat gegenüber den Geschädigten unter den Pseudonymen Jan Georg Bischoff, Daniela Berndt und Kornelia Müller auf“, schildert die Staatsanwältin.

Nach Überweisungen nicht geliefert

Der Bezahlvorgang sei nicht, wie bei Amazon üblich, über den Amazon Market Place abgewickelt worden. Der noch nicht ausgeforschte Täter habe den Käufern mittels vorgetäuschter „Amazon-Bestellbestätigung“ die Daten jener Konten mitgeteilt, welche die Angeklagten eröffnet haben, erklärte Sperling. Nach den Überweisungen seien die bestellten Waren aber nicht geliefert worden. Zwei Hintermänner, deren Identität feststeht, werden noch abgesondert verfolgt.

Verteidigung: „Keine Geldwäsche-Bande“

Der Großteil der Angeklagten war nicht geständig. Der Argumentation der Staatsanwältin, es sei ihnen „laienhaft“ bewusst gewesen, dass sie als Mitglieder einer Geldwäsche-Bande agierten, konnten die Verteidiger nicht folgen. Bei den Beschuldigten habe es sich um die „dritte Ebene“ gehandelt, hieß es unisono, sie hätten damals von einem kriminellen Hintergrund, einer Straftat nichts gewusst.

Aus Sicht der Verteidiger seien die Rumänen von Hintermännern, der „zweiten Ebene“, unter falschem Vorwand, zum Beispiel ein Jobangebot, nach Salzburg gelockt und dort als Handlanger eingesetzt worden. Einige Anwälte verglichen die Rolle der Angeklagten in dem Fall mit „Arbeitsnutztieren, Eseln und Bienen“. Sie hätten das abgehobene Geld zur Gänze gleich wieder an andere abgeben müssen. Habe einer unangenehme Fragen gestellt, sei er wieder zurück nach Rumänien transferiert worden.

Großteils Bauarbeiter angeklagt

Einige Angeklagte zeigten sich vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Christian Ureutz zumindest tatsachengeständig, andere forderten einen Freispruch. Ein Rumäne hat laut seinem Verteidiger angenommen, dass die abgehobenen Beträge für einen Werkzeugkauf bestimmt gewesen seien. Die „erste Ebene“, der Kopf der Bande, sei wahrscheinlich nicht auszumachen, sagte Rechtsanwalt Michael Hofer. Ein Angeklagter gestand ein, dass er für die Geldbehebung eine Provision kassiert hat.

Die Mehrheit der Beschuldigten, großteils Bauarbeiter, wurden im Sommer und Herbst 2016 in Untersuchungshaft genommen. Einige sind bisher unbescholten. In dieser Woche wird an insgesamt vier Tagen bis Freitag verhandelt, in der nächsten Woche sind weitere Prozesstage anberaumt.

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Viele Kunden hereingelegt?

ORF-Redakteurin Christine Hackenbuchner berichtet vom ersten Prozesstag und spricht mit einer Konsumentenschützerin.