NS-Künstler Thorak: „Straßendebatte immer grotesker“

Die Affäre um die nach Hitlers Lieblingsbildhauer benannte Thorak-Straße in Salzburg geht weiter. Die Bürgerliste kritisiert nun NEOS-Stadträtin Barbara Unterkofler. Sie ließ die nach einer Schmieraktion erneuerten Straßenschilder mit einer Schutzschicht überziehen.

Gestohlene Straßenschilder der Thorakstraße wieder erneuert

Gerald Lehner

Aktueller Stand an der Ecke Thorak- und Baumbichl-Straße. Das neue Schild wurde nun deutlich höher montiert

Diese Schutzschicht soll die Straßenschilder in Salzburg-Aigen künftig vor weiteren Beschädigungen und Schmierereien schützen, teilte nun Stadträtin Unterkofler schriftlich auf eine Anfrage der städtischen FPÖ mit. Damit ist klar, dass die Schilder vor einigen Wochen nicht gestohlen wurden - wie viele Anrainer in der Straße vermutet hatten, als sie plötzlich weg waren. Unterkoflers Abteilung hatte sie für die Aufbringung der neuen Schutzschicht entfernen lassen - allerdings ohne die Öffentlichkeit und die Bevölkerung zu informieren.

Haller: „Kann Stadträtin nicht verstehen“

Für Ingeborg Haller von der grünen Bürgerliste nimmt die seit Jahren laufende Debatte über die Thorak-Straße damit „immer groteskere Züge“ an: „Die jüngste Vorgangsweise von Stadträtin Unterkofler kann ich nicht verstehen. Da geht es ja nicht um irgendein beliebiges Straßenschild, das mit einer Schicht geschützt werden muss. Es ist die Verehrung des Nazikünstlers Thorak.“

Ingeborg Haller Bürgerliste

buergerliste.at

Haller

Haller fordert einmal mehr die Umbenennung der Straße, weil die Fakten und die Verstrickungen des Künstlers in der Propaganda des Naziregimes längst bekannt und dokumentiert seien: „Es geht mir nicht darum, Geschichte auszulöschen. Aber mit Straßennamen sind immer auch Ehren verbunden. Im Fall von Thorak als Lieblingsbildhauer Hitlers, NSDAP-Mitglied und führendem Propagandisten des Regimes ist dieser Straßenname einfach nur skandalös und unverständlich“, so die grüne Mandatarin. Die FPÖ in der Stadt Salzburg reagierte auf solche Sichtweisen vor einiger Zeit so: „Linker Gesinnungsterror“.

Nicht gestohlen, sondern in der Werkstatt

Als die erneuerten Schilder vor einigen Wochen plötzlich weg waren, gab es auch keine Erklärung der Stadtverwaltung oder der Stadtpolitik. Selbst auf einen entsprechenden ORF-Bericht folgte keine erklärende Reaktion. Als dann wieder Schilder montiert waren, fiel an der Ecke Thora-Straße/Baumbichl-Straße die große Höhe des neuen Schildes auf dem Laternenmast auf. Dadurch sollen nun offenbar neue Schmieraktionen verhindert werden.

Barbara Unterkofler, Baustadträtin der Stadt Salzburg (NEOS)

ORF

Unterkofler

NEOS-Stadträtin verteidigt sich

Die Angelegenheit habe mehrere Seiten, sagte dazu NEOS-Stadträtin Barbara Unterkofler dem ORF auf Anfrage. Als Politikerin und Juristin müsse sie natürlich berücksichtigen, dass es bisher keinen offiziellen Beschluss des Stadtparlamentes für eine Umbenennung gibt: „Das muss für mich im Amt eine Straße wie jede andere sein, wo ich nicht nach persönlichen oder politischen Vorlieben entscheiden kann. Deshalb haben wir die Schilder auch erneuert und mit einer Schutzschicht ausgestattet. Die Öffentlichkeitsarbeit hätte dabei sicher besser sein können.“

„Sind uns der Problematik bewusst“

Andererseits kann sich die Stadträtin durchaus vorstellen, dass ihre NEOS-Kollegen im Stadtparlament mit anderen Parteien für die Umbenennung stimmen: „Persönlich bin ich dafür. Das ist ja keine Kleinigkeit, was sich Josef Thorak geleistet hat. Wir werden es in der Fraktion bald genau besprechen. Ein Faktor ist aber auch, dass viele Bewohner der Straße dann auch ihre Adressen umstellen müssen - bis hin zum ganzen Aufwand bei Bankverbindungen und Verträgen etc. Das ist im bürokratischen Sinn eine Belastung. Aber natürlich ist das Thema Thorak keine Kleinigkeit, das ist mir bewusst.“

Trenker: „Upgrading für braunen Künstler“

Der Salzburger KZ-Verband, der die Erinnerung an die Opfer der Naziherrschaft wachhält, reagierte am Donnerstag mit scharfer Kritik. Thorak erhalte durch die jüngsten Entwicklungen von der Stadt Salzburg sogar ein „Upgrading“, kritisiert Obmann Siegfried Trenker vom KZ-Verband. Es sei schlicht und einfach unfassbar, dass diese Straßenschilder nun sogar mit einer Schutzschicht überzogen wurden.

Bildergalerie:

Künstler-Duo mit harter Kritik

Die beiden Künstler Wolfram Kastner (München) und Daniel Toporis (Salzburg) protestierten vor einigen Wochen mit einer Kunstaktion gegen die Thorak-Straße.

Wolfram Kastner und Daniel Toporis gegen Thorak

haGalil.com

Kastner und Toporis

Sie distanzierten sich gleichzeitig von den Schmierereien durch unbekannte Täter, kritisierten aber andererseits die Stadtpolitik massiv - wegen dieser noch immer vorhandenen Straßenbenennung aus dem Jahr 1963. Als dann bekannt wurde, dass die neuen Straßenschilder nun noch höher montiert wurden, nahmen Kastner und Toporis das zum Anlass für ein Spottgedicht – die persiflierte Bearbeitung eines alten Kampfliedes der Nazis:

„Die Schilder hoch
Die Köpfe fest verschlo-ossen
Salzburg thorakt
in altem braunem Trott (nach einem alten widerwärtigen Marsch)“

„Stadtpolitiker sollen handeln“

Kastner und Toporis kritisierten auch den Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), der 2017 eine Historikerkommission entscheiden lassen will, ob die Thorak-Straße umbenannt wird oder nicht.

Die Künstler schrieben dazu in einer Aussendung: „Warum benötigt Salzburg dafür eine Kommission? Alle Fakten liegen bereits seit vielen Jahren auf dem Tisch. Die Umbenennung wäre einzig und allein eine politische Entscheidung, für die es keiner Kommission mehr bedarf. Wir fordern den Salzburger Bürgermeister und die Stadtpolitiker auf: Holt die Straßenschilder von hoch oben runter! Bringt neue an – und zwar auf Augenhöhe der Bevölkerung und zur Erinnerung an die von den Nazis ermordete Salzburger Künstlerin Helene von Taussig.“

Die Idee dazu stammt von der Künstlerin Konstanze Sailer.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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