NS-Künstler: Straßenschilder beschmiert

In Salzburg-Aigen sind die Schilder der Josef-Thorak-Straße von Unbekannten beschmiert worden. Person und Werk des Künstlers wurden – unabhängig davon - in den letzten Wochen wieder heftig diskutiert. Thorak war Hitlers „Lieblingsbildhauer“.

Schilder der Josef-Thorak-Straße beschmiert

Gerald Lehner

Schild an der Ecke Ziegelstadelstraße

Die Schilder der Thorak-Straße müssen in den letzten Tagen bzw. Nächten besprüht worden sein. Betroffen sind beide Haupteinfahrten an der Ecke Ziegelstadelstraße und weiter westlich Ecke Baumbichlstraße unweit des Bildungshauses St. Virgil. Dort haben die unbekannten Täter jedoch die Rückseite des Schildes nicht besprüht bzw. offenbar übersehen, wo der Name des umstrittenen Bildhauers ebenfalls steht. Der gebürtige Wiener lebte und arbeitete lange in Salzburg und hat laut Historikern eine tragende Rolle in Hitlers „Drittem Reich“ und seiner Propaganda gespielt.

Bürgermeister verweist auf Kommission

Der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) sagte zu den schon lange umstrittenen Straßenschildern, derzeit sei eine Historikerkommission dabei, sich durch die Salzburger Stadtteile zu arbeiten und fragwürdige Straßennamen zu durchforsten. Aigen sei erst im nächsten Jahr dran. Es gebe bei dieser Bestandsaufnahme drei Kategorien: Straßennamen, die bleiben können, und solche, die zwiespältig seien und eine Zusatztafel bräuchten. Und dann seien da noch jene, die mit Sicherheit geändert werden müssten: „Thorak liegt aus meiner Sicht zwischen den beiden letztgenannten Kategorien. Aber ich will den Historikern nicht vorgreifen. Und wir werden deren Einschätzung dann dem Stadtparlament zur Beschlussfassung vorschlagen.“

Auf die Frage, was nun konkret mit den beschmierten Thorak-Schildern geschehe, sagt der Bürgermeister: „Die werden wir jetzt reinigen lassen.“

Interview mit Schaden:

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Bürgerliste für Umbenennung

Gemeindevertreterin Ingeborg Haller von der Salzburger Bürgerliste ist der Ansicht, die Straße müsse endlich umbenannt werden. Und Thoraks Skulpturen im Kurgarten beim Schloss Mirabell sollten zumindest mit Erklärungstafeln ausgestattet werden, sagte sie dem ORF: „Ich wollte eigentlich am Mittwoch einen Antrag auf Umbenennung der Straße einbringen, aber im Stadtparlament dominiert derzeit die Erweiterung des Bettelverbots die Debatte.“

Bildergalerie:

Öffentliches Thema seit vielen Jahren

Nach jahrelanger Kritik an dieser Straßenbenennung der Stadt Salzburg aus dem Jahr 1963 hat es in Österreich in den vergangenen Wochen wieder eine intensivere Debatte über Josef Thorak gegeben, an der sich viele beteiligten. Auch im Ausland interessieren sich Fans von Salzburg, Nachfahren von NS-Opfern und Kunstschaffende für das Thema. Es geht dabei auch um die Frage, wie man mit dem „Erbe“ des fanatischen Nationalsozialisten Thorak im öffentlichen Raum von Salzburg umgehen soll. Immerhin stehen an verschiedenen Plätzen des Salzburger Zentrums auch monumentale Skulpturen von Hitlers Lieblingsbildhauer weiterhin unkommentiert in der Stadtlandschaft.

Intervention im Kurpark gegen den Paracelsmus von Bernhard Gwiggner

Bernhard Gwiggner

Gwiggners „Gegen-Paracelsus“ aus leichtem Füllmaterial sitzt Thoraks Marmor-Original ein paar Tage im Kurgarten gegenüber

Kunstmarathon beim Schloss Mirabell

Der Salzburger Bildhauer, Künstler und Kunstpädagoge Bernhard Gwiggner, der auch an der Universität Mozarteum lehrt, beschäftigte sich bei einer wochenlangen Kunstaktion im Kurgarten mit Thorak und dem rechtsgerichteten Thorak-Kult, der seit Kriegsende von Fans des Künstlers international weiterhin gepflegt wird.

„Schmiererei schockiert mich“

Bildhauer Gwiggner sagte Mittwoch dem ORF: „Diese Schmiererei in der Thorak-Straße schockiert mich. Ich lehne das ab, weil es das Problem nicht löst. Mein Vorschlag ist die Umbenennung der Straße - am besten nach einer Salzburger Widerstandskämpferin, die im Nationalsozialismus umgekommen ist. Ich bin auch für ein Zusatzschild, auf dem der bisherige Name der Straße erläutert wird. Es sollte sichergestellt sein, dass Geschichte nicht einfach weggelöscht oder übersprüht werden kann. Das ist das Gegenteil von Geschichtsbewusstsein.“

„Nicht einfach weglöschen“

Viele Kulturschaffende sind der Ansicht, dass man diese Relikte nicht aus der Öffentlichkeit entfernen, tilgen, übermalen oder beschmieren sollte. Vorgeschlagen werden verschiedene Modelle der alltagskulturellen Auseinandersetzung. Gwiggners jüngste Aktion begann am 3. Mai im Salzburger Kurgarten beim Schloss Mirabell als „temporäre Intervention“. Titel: „GegenSetzung“. Bis einschließlich 9. Mai setzte der Künstler im Kurgarten seine so genannte „WoThora“-Figur der monumentalen Skulptur „Paracelsus“ von Thorak entgegen, die unkommentiert im Kurgarten steht. Gwiggner diskutierte dabei ausgiebig mit Passanten, Interessierten, Fans seiner Arbeiten, Kritikern und Gegnern.

Neues Buch über Thorak mit Historikerinnen

Am 19. Mai wurde im Salzburg Museum dazu auch Gwiggners neues Buch „Josef Thorak. Hitlers Lieblingsbildhauer und sein Bezug zu Salzburg“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Es ist im Salzburger Verlag „Edition Tandem“ erschienen und dokumentiert Gwiggners künstlerische Arbeiten, die sich seit vielen Jahren kritisch mit Thoraks monumentaler Ideologie auseinandersetzen. Texte haben die Salzburger Historikerinnen Susanne Rolinek und Hildegard Fraueneder beigesteuert, die beide international als Expertinnen für den Bildhauer und seine ideologischen Verstrickungen im Nationalsozialismus gelten.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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