Kunstmarathon gegen Hitlers Bildhauer

Der Künstler Bernhard Gwiggner erinnert im Mai mit einer Art Kunstmarathon an Hitlers Lieblingsbildhauer Josef Thorak und den Personenkult, der um diesen in Salzburg weiter betrieben werde, wie er kritisch anmerkt. Dazu kommt auch ein neues Buch über Thorak heraus.

Gwiggner will Thoraks Statue „Paracelsus“ im Salzburger Kurpark nun eine eigene Skulptur entgegenstellen. Zum Nachdenken für ihn selbst, für Passanten, Publikum und zuständige Politiker, wie er sagt. Immerhin ist Hitlers Haus-, Hof- und Reichskünstler Thorak bis heute auch ein Held in Internet-Foren von Rechtsradikalen und Neonazis.

Intervention im Kurpark gegen den Paracelsmus von Bernhard Gwiggner

Bernhard Gwiggner

Die riesige Gegenpol-Skulptur mit Foto-Simulation vor dem Original

Raum für Gespräche, Gedanken, Besuche

Die Kunstaktion beginnt am 3. Mai 2016 um 9.00 Uhr. Gwiggner nennt sie selbst eine „temporäre Intervention“. Titel: „GegenSetzung“. Er hat dazu auch den Segen der Stadtpolitik. Bis einschließlich 9. Mai will der Künstler und Lehrende des Mozarteums seine so genannte „WoThora“-Figur dem monumentalen „Paracelsus“ von Thorak entgegensetzen. Gwiggner will zwischen 3. und 9. Mai möglichst viel von seiner eigenen Lebenszeit investieren, um im Salzburger Kurpark dem Publikum und den Passanten auch für Gespräche und Diskussionen zur Verfügung zu stehen.

Kunstbuch mit Historikerinnen

Am 19. Mai wird dann im Salzburg Museum ab 18.00 Uhr Gwiggners neues Buch „Josef Thorak. Hitlers Lieblingsbildhauer und sein Bezug zu Salzburg“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Es erscheint im Salzburger Verlag „Edition Tandem“ und dokumentiert Gwiggners künstlerische Arbeiten, die sich kritisch mit Thoraks monumentaler Ideologie auseinandersetzen.

Texte haben die Salzburger Historikerinnen Susanne Rolinek und Hildegard Fraueneder beigesteuert, die beide international als Expertinnen für den Bildhauer und seine politisch-ideologischen Verstrickungen gelten.

Josef Thoraks Paracelsus im Salzburger Kurpark

Gerald Lehner

Thoraks riesiger „Paracelsus“ im Kurgarten, wo Künstler Gwiggner im Mai aktiv wird

Biografisches

Josef Thorak, 1889 in Wien geboren, ist in Salzburg aufgewachsen. Konsequent verfolgte er neben Hitlers zweitem Kunst-Idol Arno Breker seine NS-Karriere, war mit Albert Speer und Martin Bormann befreundet und arbeitete mit der SS-Führung im Konzentrationslager Dachau zusammen. Die Stadt Salzburg ehrte Thorak auch nach 1945 mehrfach, organisierte 1950 eine große Ausstellung, stellte seine monumentalen Skulpturen im Mirabellgarten auf, wo sie noch heute – unkommentiert - zu sehen sind. Und die Stadt benannte 1963 auch eine Straße im Stadtteil Aigen nach ihm.

Thorak trat im „Dritten Reich“ der NSDAP bei. 1943 kaufte er das von jüdischen Besitzern gestohlene („arisierte“) Schloss Prielau im Pinzgau und schenkte Salzburg zum Dank die Skulpturen „Fischer von Erlach“ und „Paracelsus“. Letztere ist heute noch im Kurgarten vor dem Paracelsus-Bad zu sehen.

Hitlerbüste von Josef Thorak in Danzig gefunden Nationalsozialismus NS-Zeit

EPA/ADAM WARZAWA POLAND OUT

Thoraks Idol Hitler

Riesige Büste

„Für Prielau ließ er sich vom Kunsträuber Kajetan Mühlmann gotische Türen und Skulpturen aus Frankreich und den Niederlanden herbeischaffen“, sagt die Salzburger Historikerin Susanne Rolinek.

1944 nahm Thorak an der Ausstellung „Deutsche Künstler und die SS“ in Salzburg teil, bei der er auch seine riesige Hitlerbüste präsentierte. Diese wurde erst im November 2015 in Polen wiederentdeckt. Sie war seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.

Im KZ-System der SS verstrickt

„Eines der dunkelsten Kapitel war Thoraks Funktion als künstlerischer Berater der SS-eigenen Porzellanmanufaktur Allach auf dem Gelände des KZ Dachau, wo er persönlich die KZ-Häftlinge bei ihrer Arbeit in der Fabrik inspizierte“, so die Salzburger Wissenschafterin und Autorin Rolinek, die das erst vor einigen Jahren herausgefunden hat:

„Nach 1945 löste Thorak seine Person und seine Werke bewusst aus dem politischen Kontext. Das so genannte Spruchkammerverfahren der Entnazifizierung in München 1948 endete mit einem Freispruch, da er beteuerte, niemals der NSDAP angehört zu haben, und sich als Opfer der politischen Verhältnisse darstellte.“

Thorak-Straße umbenennen?

Die öffentliche Rehabilitierung des Bildhauers fand ihren Ausdruck in der Präsentation seiner Werke anlässlich einer Ausstellung im Salzburger Mirabellgarten im Rahmen der Salzburger Festspiele 1950. 1952 starb Josef Thorak und wurde mit Beteiligung von vielen Prominenten aus Politik und Wirtschaft auf dem Friedhof St. Peter beerdigt. Politische Anträge zur Umbenennung der Thorak-Straße in Salzburg-Aigen gibt es seit 1986. Die Initiative dazu kam von Salzburger Historikern und der grünen Bürgerliste. Eine politische Entscheidung des Stadtparlaments und der SPÖ-geführten Stadtpolitik steht bis heute aus.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Mehr über das Kunstprojekt (PDF):

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