Asylkrise verschärft sich schleichend

In der Asylkrise habe sich mittlerweile ein bitterer „Alltag“ eingeschlichen. Die Lage sei sehr schwierig und ein „Drama“, sagen Experten. In Salzburg gibt es weiter großen Zustrom von Asylsuchenden aus Graz, Villach und dem Osten Österreichs.

Um endlich in eine kontrollierbare und planbare Betreuung der Asylsuchenden auf dem Salzburger Hauptbahnhof kommen zu können, fordern Beamte der Stadt Salzburg und Helfer ein fixes Abnahmekontingent aus Deutschland. Weiters müsse es mehr Sonderzüge über die Grenze nach Bayern geben.

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Wettersturz als weiteres Hindernis

Regen und Kälte verschärften die Lage am Mittwoch. Besonders die Kinder litten unter der Nässe. Ehrenamtliche sorgten für warmes Essen, ehe das Bundesheer mit Feldküche anrückte.

„Drama spielt sich ab“

Der Leiter des Amts für öffentliche Ordnung im Magistrat der Stadt Salzburg ist Michael Haybäck. Er hat Mittwochvormittag vor dem Gemeinderat der Stadt die aktuelle Flüchtlingssituation im zentralen Notquartier der Stadt - der Parkgarage des Hauptbahnhofs - geschildert: „Es ist ein Flüchtlingsdrama, was sich dort abspielt. Aber wenn man nicht direkt dort ist, bekommt man das gar nicht so mit.“

Fast 1.400 Menschen in der Garage

Es gebe einen enormen Zustrom aus Graz und Villach und weiter aus dem Osten Österreichs, so Haybäck: „Seit drei Wochen steigt die Zahl der ankommenden Flüchtlinge dauernd an.“

Mit der Tiefgarage habe die Stadt ein Notprovisorium für ein bis zwei Nächte mit 450 Betten geplant gehabt: „Allein in den vergangenen Nächten schliefen jeweils bis zu 1.350 Menschen in der Notunterkunft“, sagt Haybäck. Die Garage sei bis in die Gänge komplett überfüllt, der Ort für eine Unterbringung aber wenig geeignet: „Aber die Flüchtlinge haben das fixe Ziel Deutschland im Kopf und lassen sich nicht wegbringen.“

„Nur mit Bundesheer-Hilfe zu bewältigen“

Die Einsatzkräfte seien am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. „Sie sind auf den wochenlangen Einsatz nicht vorbereitet. Essen, Schlafen, die Garage befüllen, professionelle Reinigung, Großdesinfektionen. Wir sind froh, wenn wir einen Tag schaffen. Und wenn wir die Situation in der Tiefgarage am Laufen halten.“

Nur Dank der Assistenzleistung des Bundesheeres könne der Betrieb aufrechterhalten werden: „Die Helfer vom Roten Kreuz und der Caritas sind untertags in Beruf und sollen in der Nacht helfen. Das geht über Wochen nicht“, betont Haybäck.

Sehr schwierge Lage auf Saalachbrücke

Verschärft werde die Situation vor allem durch die Grenzkontrollen in Deutschland: „Vorgestern haben die deutschen Behörden 40 Personen pro Stunde passieren lassen, derzeit sind es nur 20 pro Stunde. Derzeit stauen sich mehrere Hundert Leute beim Grenzübergang Freilassing.“ Kinder, die die Nacht auf Mittwoch an der Saalach-Brücke im Regen verbringen mussten, seien krank geworden und mussten in Spitäler gebracht werden, so der kommunale Ordnungshüter der Stadt Salzburg: „Das Problem ist, dass die Flüchtlinge ihren Platz an der Grenze nicht verlassen wollen, weil sie Angst haben, nicht mehr nach Deutschland hineinzukommen.“

Keine mittel-, langfristige Planung möglich

Das Hauptproblem ist laut Haybäck aber ein anderes: „Wir können nur situativ entscheiden. Wir wissen nicht, wie sich der Zuzug mit der Bahn entwickelt, wir wissen auch nicht, welche Kontingente die deutschen Behörden abnehmen.“ Ideal wäre es, wenn Deutschland ein fixes Abnahmekontingent garantieren könnte. „Dann könnten wir endlich in den regulären Betrieb kommen.“

Gedränge, Stress, Erwartungen

Beim Hauptbahnhof selbst würde es zudem sicherheitspolizeiliche Probleme geben: „Wenn es Sonderzüge gibt, herrscht ein unglaubliches Gedränge. Die Flüchtlinge sind am Ende ihrer Reise und wollen mit letzter Energie nach Deutschland.“ Die Behörden versuchen mit Kennzeichnungen mit bunten Bändern herauszufinden, wer wie lange schon in der Tiefgarage ist: „Wir versuchen Frauen und Kinder vorzuziehen und junge Männer nach hinten zu schieben.“

Syrer im Konflikt mit Afghanen

Zudem komme es immer wieder zu Spannungen zwischen ethnischen Gruppen, vor allem zwischen Syrern und Afghanen, so Haybäck: „Diese Konflikte wegzureden macht keinen Sinn, aber wir bemühen uns, mit Dolmetschern Ruhe hineinzubringen.“

Der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) bedankte sich bei der Gemeinderatssitzung auch bei den rund 100 Mitarbeitern des Magistrats, die jede Nacht im Einsatz stehen: „Wir haben hier eine Situation, wo sich die Stadt einfach nicht wegducken kann.“

Extremer Drang nach Bayern erschwert Hilfe

Trotz schlechten Wetters und bei niedrigen Temperaturen nehmen die Flüchtlinge die Notversorgung beim Grenzübergang Freilassing weiterhin nur spärlich an. Am Mittwoch in der Früh warteten 600 Personen auf den Grenzübertritt nach Deutschland. Im ehemaligen Zollamtsgebäude auf Salzburger Seite, in dem 150 Betten bereitstehen, übernachteten laut einem Sprecher des Landes nur 30 Flüchtlinge.

Besser ausgestattete Quartiere wenig benützt

Auch die nicht einmal zwei Kilometer entfernte Notunterkunft auf dem ehemaligen Asfinag-Gelände an der Münchner Bundesstraße in Salzburg-Liefering, die Platz für rund 500 Menschen und eine Vollversorgung bietet, wird nur spärlich angenommen. Immerhin haben in der Nacht auf heute 130 Flüchtlinge das Quartier aufgesucht, wie Christian Blaschke sagt, der Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

„Lieferinger Unterkunft wird beworben“

Viele Flüchtlinge würden so knapp vor ihrem Ziel weiterhin lieber direkt an der Grenze warten, bis sie nach Deutschland einreisen dürfen, sagte Blaschke: „Wir versuchen mit Hilfe von Dolmetschern die Unterkunft in Liefering zu bewerben.“ Ein Shuttle-Dienst sei eingerichtet. Für alle jene, die sich nicht überzeugen ließen und weiterhin an der Grenze im Freien bleiben wollen, würden mehrere tausend Stück Regenüberwürfe bereitliegen.

Heer errichtet Feldküche

Um die Lage ei dem schlechten Wetter zu entschärfen, ordnete Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) als für den Katastrophenschutz zuständiger Referent der Landesregierung eine Verpflegung der Asylsuchenden direkt an der Grenze an. Bisher wurde bei der rund zwei Kilometer entfernten, ehemaligen Autobahnmeisterei eine komplette Versorgung der Flüchtlinge angeboten. Doch die Einsatzkräfte mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Notreisenden dort nicht bleiben wollen, sondern lieber direkt zur Grenze gehen und sich in der Warteschlange einreihen.

Versorgung noch besser organisiert

In dem alten Zollamtsgebäude an der Grenze auf Salzburger Seite, das über 150 Betten verfügt, wurde vorerst kein Essen angeboten. Freiwillige haben dort an die Flüchtlinge Lebensmittel gespendet. Das sei aber ein unbefriedigender Zustand, denn die Freiwilligen hätten nicht unbegrenzt Zeit. Die Versorgung müsse besser organisiert werden, erklärte der Landeshauptmann am Abend. Nun werde das Bundesheer die Verpflegung mit Essen und Getränken übernehmen und das Rote Kreuz die Unterbringung der Flüchtlinge an der Grenzstation koordinieren.

Nur 20 Grenzübertritte pro Stunde

„Wenn die Flüchtlinge 24 oder 36 Stunden vor der Grenze warten, ist das ein Problem. Da ist es notwendig, dass sie verpflegt werden“, sagte Haslauer. Die Polizei habe auch Nummern ausgegeben, so könnten sich vor allem Frauen und Kinder vorübergehend im ehemaligen Zollamtsgebäude Saalbrücke im Trockenen aufhalten. Dort würden auch gespendete Kleider und Schuhwerk bereitliegen.

Von den deutscher Behörden wurden laut Informationen der Stadt Salzburg zur Mittagszeit etwa 20 Personen pro Stunde abgefertigt.

Lage am Morgen und Vormittag

Der Strom von durchreisenden Flüchtlingen riss auch Mittwochvormittag nie ab. Gegen 10.00 Uhr befanden sich laut Polizei bereits wieder 800 Flüchtlinge am Grenzübergang Freilassing, 250 hielten sich in der Tiefgarage am Hauptbahnhof auf. Es trafen dann noch Sonderzüge aus Kärnten mit abermals rund 250 Flüchtlingen ein.

In der Nacht auf Mittwoch war gegen Mitternacht noch ein Sonderzug mit 460 Flüchtlingen von Salzburg nach Deutschland gefahren. Die Information darüber sei sehr kurzfristig gewesen, was die Arbeit nicht leichter mache, heißt es bei den Einsatzkräften. Viele ehrenamtlicher Helfer sind am Ende ihrer Kräfte. Ohne die gute Hilfe von Heeressoldaten könnte man nicht mehr so weitermachen, heißt es.

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