Gedränge am Hauptbahnhof, Lage angespannt

Angespannt war am Dienstag die Lage am Salzburger Hauptbahnhof. Da Züge nach Deutschland nur unregelmäßig fahren, kam es immer wieder zu tumultartigem Gedränge von Flüchtlingen. Viele machten sich zu Fuß auf den Weg.

Dienstagnachmittag spitzte sich die Lage kurzfristig zu. Denn im Lauf des Tages waren immer mehr Flüchtlinge am Hauptbahnhof eingetroffen - 300 kamen am Vormittag mit einem Zug, weitere 350 am Nachmittag mit Bussen aus Wien. Auch mit Privatautos und Taxis kamen im Lauf des Nachmittags Hunderte auf den Bahnhof - mehr dazu in Probleme durch private Flüchtlingstransfers. Insgesamt dürften bis Dienstagnachmittag rund 1.000 Flüchtlinge zum Bahnhof gekommen sein, schätzten die Einsatzkräfte.

Flüchtlinge auf Rolltreppe im Salzburger Hauptbahnhof

ORF/Garzuly

Flüchtlinge drängten auf Bahnsteige

Tumulte auf dem Weg zu Bahnsteigen

Durch diesen Zustrom wurde das Gedränge im Bahnhof immer größer: Viele Flüchtlinge warteten nämlich schon stundenlang, ohne einen Anschlusszug nach München zu bekommen. Da die Züge wegen der Kontrollen in Freilassing (Bayern) nur unregelmäßig und mit großer Verspätung nach Deutschland fahren und in ihnen auch noch Platz für „normale“ Fahrgäste benötigt wird, ließen die Polizisten die Flüchtlingen nur in Gruppen in die Züge - was immer wieder zu brenzligen Situationen führte.

So spielten sich gegen 15.30 Uhr tumultartige Szenen ab, als hunderte Flüchtlinge versuchten, einen Zug nach Deutschland zu erreichen. Die Verantwortlichen von Land Salzburg, Stadt Salzburg und Polizei hatten alle Hände voll zu tun.

Viele gingen auch zu Fuß über die Grenze

Da es vom Salzburger Hauptbahnhof bis nach Freilassing aber nur rund sieben Kilometer Fußweg sind, machten sich im Verlauf des Tages zahlreiche Gruppen zu Fuß auf den Weg. Manche ließen sich auch von Taxis in die Nähe der Grenze fahren.

Rund 500 Personen hätten im Verlauf des Vormittags den Bahnhof zu Fuß oder mit anderen Transportmöglichkeiten verlassen, hieß es von Seiten der Polizei. Die Höchstzahl von Flüchtlingen, die sich am Montag auf dem Hauptbahnhof befunden hatte, lag laut Polizeisprecher Michael Rausch bei 2.200. Rund 1.700 fuhren in Zügen nach Deutschland weiter. Die Differenz, also rund 500 Menschen, habe den Bahnhof „auf eine andere Art und Weise verlassen“, sagte Rausch. Rund 600 Flüchtlinge hatten die Nacht von Montag auf Dienstag in der Bahnhofstiefgarage verbracht.

Flüchtlingsgruppe zu Fuß an der Grenze bei Freilassing

ORF

Dienstagmittag kamen immer mehr Flüchtlinge zu Fuß auf der deutschen Seite der Grenze bei Freilassing an

„Keine Ratschläge für weitere Flucht“

Die Flüchtlinge fühlten sich schlecht informiert - etwa der Syrer Mohammed: „Eigentlich wollte ich nach Holland zu meiner Familie. Hier in Salzburg sollten wir nur in einen anderen Zug umsteigen, aber dann wurden wie hier in die Tiefgarage gebracht. Eigentlich wollen wir weiterfahren.“

Flüchtlinge kommen per Bus auf den Salzburger Hauptbahnhof

ORF/K.Garzuly

Rund 300 Flüchtlinge kamen am frühen Nachmittag per Bus zum Salzburger Hauptbahnhof

Gesicherte Informationen weiterzugeben sei aber schwierig, sagte Johannes Greifeneder, Pressesprecher der Stadt Salzburg: „Wir haben selbst keine gesicherten Informationen. Und wir sind nicht in der Lage, den Flüchtlingen Ratschläge für ihre weitere Flucht zu geben. Das können wir nicht, das dürfen wir nicht und das ist auch nicht unser Job. Dass das für die Leute frustrierend ist, verstehe ich aber.“

Lage kann sich stündlich ändern

Im weiteren Verlauf des Tages könne sich die Situation aber jederzeit, sagte Polizeisprecher Rausch: So könnte es durchaus sein, dass so wie Montagabend plötzlich wieder 300 Flüchtlinge auf einmal aus einem Zug steigen.

Salzburg wird wegen der Grenzkontrollen auf deutscher Seite mittlerweile als „Nadelöhr“ bezeichnet. Am Dienstag wurde laut Polizei seit den Morgenstunden auf der Saalachbrücke am Grenzübergang Freilassing und immer wieder auch am Autobahngrenzübergang Walserberg von deutschen Beamten kontrolliert - mehr dazu in Wieder Staus durch Grenzkontrollen (salzburg.ORF.at; 15.9.2015).

Bis zu zwei Stunden Verspätung bei Zügen

Der Zugsverkehr nach München war auch am Dienstag sehr eingeschränkt - die Züge hatten bis zu zwei Stunden Verspätung. Denn bei jedem Zug müssen die ÖBB auf die Freigabe der deutschen Behörden warten, weil die deutsche Polizei ja in Freilassing kontrolliert. Die Bahn rät Reisenden von Fahrten nach Deutschland ab.

Die Korridorzüge zwischen Salzburg und Tirol wurden am Dienstag erneut über Zell am See geführt, weil so die Zeiten trotz erheblicher Verzögerungen besser planbar seien. Der Bahnnahverkehr über die bayrische Grenze fuhr nach wie vor nicht: Die S-Bahn-Garnituren hatten ihre Endstation in Salzburg-Liefering.

Haslauer: „Salzburg nicht überfüllen“

„Der Landeshauptmann hat in Wien gebeten, Salzburg nicht völlig zu überfüllen, weil ansonsten der Bahnhof gesperrt werden müsste, was wir natürlich nicht wollen“, sagte ein Sprecher von LH Wilfried Haslauer zur APA. Außerdem ersuchte Haslauer auch um bessere Information, weil zurzeit viele Flüchtlinge sehr überraschend in Salzburg auftauchen.

Den Angaben der Stadt Salzburg zufolge wurde einhellig das unbedingte strategische Ziel fixiert, die „Drehscheibe“ Salzburg Hauptbahnhof funktionsfähig zu halten.

„Alle wollen weg“

Ein afghanischer Dolmetscher, der die Nacht in der Tiefgarage verbracht hatte, berichtete, dass alle, die dort geschlafen hätten, weg wollten. Damit rechnet auch die ehemalige Landesrätin Doraja Eberle, die mit ihrer Hilfsorganisation „Bauern helfen Bauern“ die Flüchtlinge in der Tiefgarage seit Tagen betreut.

Flüchtlinge am Salzburger Hauptbahnhof

wildbild.at

Vor allem für Familien wird die Situation auf dem Bahnhof unerträglich

Montagabend sei ein Vater mit drei Kindern und einer hochschwangeren Frau, die am Donnerstag ihr Kind bekommen soll, zu ihr gekommen, schilderte Eberle: „Er hat gefragt, ob er sich ein Taxi über die Grenze nehmen soll. Darauf weiß man aber dann selbst keine Antwort, ob das mit einer hochschwangeren Frau und den kleinen Kindern Sinn macht. Er vertraut nun darauf, dass wir ihm sagen, wenn wieder ein Zug fährt.“

Polizeiverstärkung aus Vorarlberg

Die Salzburger Polizei bekam am Dienstag Verstärkung aus Vorarlberg. Ein Zug der Einsatzeinheit - 25 Beamte mit spezieller Ausbildung, die üblicherweise etwa zum Schutz bei Demonstrationen abgestellt werden - wurde zur Unterstützung bei der Versorgung der Flüchtlinge nach Salzburg entsandt. Sie sollen voraussichtlich bis Sonntag bleiben, sagte ein Polizeisprecher.

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