Amtsmissbrauch: Anklage gegen Polizeijuristen

Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat gegen einen hochrangigen Salzburger Polizeijuristen eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs eingebracht. Er soll Verwaltungsstrafverfahren gegen Prostituierte gesetzwidrig eingestellt haben. Der Angeklagte wehrt sich vehement.

In der Anklage wird dem hochrangigen Polizeijuristen - Strafreferent bzw. Leiter des Strafamtes - vorgeworfen, dass er Verwaltungsstrafverfahren nicht ordnungsgemäß erledigt habe. Dadurch seien die Verfahren verjährt und dem Staat seien beträchtliche Strafgelder entgangen: „Die Vorwürfe sind völlig unberechtigt, ich bin unschuldig“, betonte der 57-jährige Angeklagte am Montag gegenüber der APA.

Akten einfach abgelegt, ohne tätig zu werden

Ein wesentlicher Vorwurf betrifft den Zeitraum November 2013 bis März 2014: Der Polizeijurist soll 561 Verwaltungsstrafakte gegen rumänische und ungarische Prostituierte trotz einer ausdrücklichen Weisung und gegen das Vier-Augen-Prinzip ohne jegliche Einzelfallprüfung gesetzwidrig eingestellt haben. Er habe die Akten einfach abgelegt. Zudem soll der 57-Jährige zwischen Juli 2012 und Februar 2013 bei zumindest sieben Verwaltungsstrafakten keine Verfolgungsschritte gesetzt haben.

Er habe die Akten zum Jahreswechsel 2012/2013 in einem leer stehenden Büro in einem 322 Akten umfassenden Stapel abgelegt. Ebenfalls in diesem Zeitraum soll er zumindest sieben weitere Verwaltungsstrafakten über einen längeren Zeitraum nicht bearbeitet und wegen Verjährung eingestellt haben. Entgegen des Vier-Augen-Prinzips habe er die Akten in das Archiv abgelegt, heißt es in der Anklage. Bei drei weiteren unerledigten Akten soll er es im Zeitraum von Jänner bis Mitte Mai 2014 unterlassen haben, diese jemandem anderen für eine Protokollierung zuzuweisen.

Seit Monaten offiziell im Krankenstand

Wegen eines Vorfalls am 16. Mai 2014 wird dem 57-Jährige zudem versuchte Beweismittelunterdrückung vorgeworfen. Anlässlich seiner Suspendierung habe er einen Akt zusammen mit seinen persönlichen Gegenständen mitnehmen und einen weiteren Akt zerreißen wollen, so die Staatsanwaltschaft.

Das Bundesverwaltungsgericht hob die Suspendierung übrigens im Juni 2014 wieder auf: Der Polizeijurist war dann etwa zwei Monate im Dienst. Seither ist er aber offiziell im Krankenstand und hat bereits um seine Pensionierung angesucht. Der Beschuldigte bezeichnete sich als „Mobbingopfer“. Gegen ihn sind laut einem Rechtsvertreter elf Disziplinarverfahren anhängig.

Einvernahmetermine nicht wahrgenommen

Bisher sei der Beschuldigte zu keiner Aussage bereit gewesen, vermerkte die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift an. Er habe Einvernahmetermine nicht wahrgenommen und habe immer zu einem späteren Zeitpunkt vernommen werden wollen. „Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig“, sagte Gerichtssprecherin Christina Rott am Montag auf Anfrage der APA. Deshalb steht noch kein Prozesstermin fest.

„Kein Akt sollte unterdrückt werden“

Der Polizeijurist weist die Vorwürfe vehement zurück: Er habe alle Akten rechtskonform bearbeitet und den Staat in seinem Strafanspruch „in keinster Weise“ geschädigt, erklärte er in einer schriftlichen Stellungnahme an das Gericht, die der APA vorliegt: „Von meiner Seite bestand nicht der geringste Schädigungsvorsatz. Zu keiner Zeit sollte irgendein Akt unterdrückt oder eine Verjährung herbeigeführt werden.“

Was die Verwaltungsstrafakten gegen die Prostituierten betreffe, so habe er klipp und klar angeordnet, dass diese zentral im Archiv abgelegt werden müssten, um jederzeit Zugriff zu haben, falls eine während des Strafverfahrens untergetauchte Beschuldigte wieder auftauchen sollte. Der Vorgang sei von seinem damaligen Abteilungsleiter so verzerrt dargestellt worden, als wäre die Ablage der Prostituiertenakten in vier Schachteln nicht offiziell gewesen und in Verschleierungsabsicht durchgeführt worden. Für die Kontrolle der Kartons an einem Samstag habe ihm der Abteilungsleiter sogar Überstunden genehmigt, rechtfertigte sich der Beamte. Es sei auch in jedem einzelnen Fall eine Entscheidung getroffen worden. Auch sei das Vier-Augen-Prinzip gegenüber dem Abteilungsleiter nicht verletzt worden, da dieses ihm gegenüber gar nicht gegolten habe.

Verjährte Akten dem 57-Jährigen „untergeschoben“?

Zu den weiteren Vorwürfen meinte der Polizist in seinem 25-seitigen Einspruch der Anklage, den er noch am Montag an das Landesgericht Salzburg übermitteln will, dass es bis zu seiner Übernahme des Strafamtes am 1. November 2012 unter seinem Vorgänger „regelrecht drunter und drüber gegangen“ sei. Es hätten klare Anweisungen gefehlt, wer welche Akte aufgrund seiner vorherigen Suspendierung übernommen habe und wann diese wieder rückgeführt würden, so der 57-Jährige: „Es kann mir nicht nachträglich unterstellt werden, dass ich für die verjährten Akte verantwortlich gewesen wäre, von denen ich gar nichts wusste.“

Der 57-Jährige erklärte unter anderem, dass zahlreiche Akten gar nicht auf ihn protokolliert gewesen seien, sodass ihn diesbezüglich auch keine Verantwortung treffe. Verjährte Akten seien beispielsweise durch eine Mitarbeiterin unter das Konvolut gemischt worden, was dann fälschlicherweise ihm angelastet wurde. Weiters habe sein Vorgänger keine Vorkehrungen getroffen, dass die Verjährung von Akten verhindert worden wäre. Es sei einfach versucht worden, ihm alles in die Schuhe zu schieben.

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