Ermittlungen nach Alpenvereinsskitour

Eine Skitour der Alpenvereinssektion Großarl-Hüttschlag (Pongau) führt nun zu Ermittlungen der Alpinpolizei wegen Verdachts der Allgemeingefährdung. 40 Tourengeher waren im Gänsemarsch ohne Abstände unterwegs gewesen. Bei der Abfahrt traten sie ein Schneebrett los.

Die Alpenvereinsgruppe hatte am vergangenen Samstag die Tour auf den 2.036 Meter hohen Leobner im Gesäuse in der Steiermark unternommen. Bei Lawinenwarnstufe drei - erhebliche Gefahr - waren mehr als 40 Tourengeher unterwegs, im Gänsemarsch und ohne größere Sicherheitsabstände.

Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer Paul Sodamin aus Trieben beobachtete das aus einiger Entfernung, machte Fotos der Gruppe und stellte einen Bericht in das Tourenforum des steirischen Lawinenwarndienstes. Es sei leider nicht das erste Mal, dass er große Gruppen bei angespannten Schneebedingungen so gehen und fahren sehe, betont der Bergführer. Das sei leichtsinnig und gefährlich.

Gruppen Skitour im Gesäuse

Paul Sodamin

Die 43-köpfige Alpenvereinsgruppe war im „Gänsemarsch“ unterwegs. Dringend empfohlen sind Kleingruppen mit maximal acht Leuten, um nicht im Fall des Falles kollektiv verschüttet zu werden und dann kaum noch Helfer übrig sind

Gruppe löste bei Abfahrt Lawine aus

„Bei dieser Warnstufe auf diese Art ins steilere Gelände zu gehen, das ist der reine Wahnsinn. Noch dazu so viele im Gänsemarsch“, kritisiert Sodamin. Nach seiner Aussage löste die Gruppe bei der Abfahrt dann noch ein 40 Meter breites und 70 Meter langes Schneebrett aus. Verschüttet wurde niemand. Auch hier sei die Gruppe - entgegen den alpinistischen Regeln - „im Rudel“ abgefahren. Nur durch großes Glück sei niemand verletzt worden, ergänzt Sodamin. Dem ORF sagte er am Mittwoch, er habe noch versucht, die Gruppe zu stoppen: „Bei mehr als 40 Leuten hast du da allein keine Chance.“

Kritik und Reflexion von Alpenvereinsspitze

Die Alpinpolizei in der Steiermark hat jedenfalls mit den Ermittlungen begonnen. Es werde geklärt, ob möglicherweise Fahrlässigkeit vorliege, sagte ein Polizeisprecher. Beim Alpenverein Großarl-Hüttschlag bestätigt man dem ORF gegenüber die Ermittlungen. Man wolle das aber alles derzeit nicht kommentieren, sondern die Befragungen durch die Polizei abwarten.

Michael Larcher, Ausbildungschef beim Österreichischen Alpenverein-Dachverband in Innsbruck, kritisierte in einer Stellungnahme das Verhalten der Gruppe: „Das am Leobner von einer Alpenvereinssektion praktizierte Verhalten steht in krassem Gegensatz zu unserem Leitsatz: ‚Alpenvereinstouren sind ein Qualitätsprodukt‘. Ein Bericht wie dieser erinnert mich an die Zeit vor mehr als 20 Jahren. Damals waren häufig viel zu große Alpenvereinsgruppen unterwegs.“ Zudem komme noch verschärfend dazu, „dass der Leobner auf Grund seiner Geländecharakteristik eine ernstzunehmende Skitour ist und die aktuellen Verhältnisse angespannt waren“, so Larcher.

Gespräch: „ÖAV-Sektion nicht an den Pranger“

„Es ist ganz klar, dass hier Fehler begangen wurden – an den Pranger stellen möchten wir die Sektion trotzdem nicht. Die betroffenen zehn Tourenführer (Anm.: - alle im Rahmen des Alpenvereins ehrenamtlich tätig) gestehen ein, dass eine Aufteilung auf Kleingruppen notwendig gewesen wäre. Auch die Einhaltung der empfohlenen Sicherheitsabstände wäre richtig gewesen“, erklärt Larcher nach einem Gespräch mit den Verantwortlichen in der ÖAV-Sektion Großarl.

„Menschen machen Fehler, wie die Vorfälle in diesem Winter dramatisch gezeigt haben. Im aktuellen Fall ist glücklicherweise nichts passiert. Wir können nur alles in unserer Macht stehende tun, um Tourengeher und Bergsteiger entsprechend auszubilden, und unsere Sicherheitsstandards immer wieder in Erinnerung zu rufen“, so der Experte des Alpenvereins.

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