SS-Karriere von Ex-Museumsdirektor beleuchtet

Ein neues Buch beleuchtet die SS-Vergangenheit von Kurt Willvonseder, zwischen 1954 und 1968 Direktor des Salzburger Museums Carolino Augusteum (SMCA), Vorläufer des Salzburg Museums. Er war auch in Himmlers „Ahnenerbe“ tätig.

Kurt Willvonseder

Otto Müller Verlag Salzburg

Im Nachkriegssalzburg wurde die NS-Vergangenheit Willvonseders nie beleuchtet

Als Kurt Willvonseder am 3. November 1968 in Salzburg starb, hielt der Landtag eine Schweigeminute ab. Keine Erwähnung fand, dass er sich schon unter den Nationalsozialisten als Forscher einen Namen gemacht hatte.

Robert Obermair beschrieb in seiner Diplomarbeit Willvonseders Laufbahn und wird nun dafür ausgezeichnet. „Die Vergangenheit Willvonseders wurde bis zu seinem Tod im Jahr 1968 nie öffentlich thematisiert“, erklärte Obermair im Gespräch mit der APA. Seine Arbeit erscheint im März als Buch im Otto Müller Verlag Salzburg.

Karriere in Salzburg nach dem Krieg

Dabei waren dem Prähistoriker Willvonseder aufgrund seiner Stellung als SS-Obersturmführer im Zuge der Entnazifizierung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sämtliche Ämter und die Lehrbefugnis an der Universität Wien entzogen wurden. Doch schon im Jahr 1954 wurde er zum Direktor des renommierten SMCA bestellt. Möglich machten das unter anderem die guten politischen Beziehungen des Prähistorikers. „In Salzburg erhielt er von sehr einflussreicher Seite Unterstützung - zum Beispiel durch Landeshauptmann Josef Klaus (ÖVP), der später Bundeskanzler werden sollte“, berichtete Obermair, der derzeit an seiner Dissertation arbeitet.

1964 holte die Universität Salzburg den Prähistoriker Willvonseder als Lehrbeauftragten, 1966 erhielt er wieder die Lehrbefugnis, 1967 wurde er außerordentlicher Professor. Mit der von ihm angestrebten Rückkehr auf den Wiener akademischen Boden scheiterte der Willvonseder hingegen.

Gut vernetzt im SS-„Ahnenerbe“

Schon im NS-Regime hatte sich Willvonseder als geschickter Netzwerker bewiesen. „Spätestens ab Ende 1938 wurde er in vielen Belangen durch die SS-Wissenschaftsorganisation ‚Ahnenerbe‘ und hier besonders durch deren Reichsgeschäftsführer Wolfram Sievers unterstützt“, sagte Obermair. So gelang dem Prähistoriker nicht nur eine rasche Unikarriere, sondern besonders auch der Aufstieg im Bereich der Denkmalpflege.

Dort avancierte er beispielsweise zum Gaupfleger der Bodenaltertümer in den Reichsgauen Niederdonau und Wien, wo er u. a. an den Ausgrabungen rund um das Konzentrationslager Mauthausen-Gusen beteiligt war. Aber auch zu Oswald Menghin, Unterrichtsminister im „Anschlusskabinett“ Österreichs unter Arthur Seyß-Inquart, pflegte Willvonseder schon als Student enge Beziehungen. Mit der NS-Herrschaft habe sich Willvonseder generell „vortrefflich arrangiert“, wie es Obermair ausdrückt - er suchte um Mitgliedschaft in der NSDAP und der SS an, die ihm beide gewährt wurden. Er war auch Träger des „Ehrenwinkels der Alten Kämpfer“, auch wenn der Prähistoriker allen bekannten Quellen nach vor 1938 kein Mitglied einer nationalsozialistischen Organisation gewesen sein dürfte.

Ähnlich gelagert wie Fall Eduard Paul Tratz

Die NS-Vergangenheit Willvonseders war spätestens im Jahr 1954 vergessen - als man ihn als Museumsdirektor berief und dabei anderen Kandidaten vorzog. Das war kein Einzelfall, betonte Obermair: „Ähnlich wie Willvonseder gelang es vielen Mitgliedern des ‚Ahnenerbes‘, nach und nach wieder an die Universitäten und andere Forschungsstellen zurückzukehren.“

Ein öffentlich besonders heftig diskutierter Fall war der des Gründers des „Hauses der Natur“ in Salzburg, Eduard Paul Tratz. Er war für das SS-Ahnenerbe an Raubzügen in Polen beteiligt - mehr dazu in Haus der Natur: Tratz verliert Ehrenbürgerschaft (salzburg.ORF.at; 5.12.2014)

Buchhinweis

Robert Obermair: Kurt Willvonseder - Vom SS-Offizier zum Direktor des Salzburger Museums Carolino Augusteum. Otto Müller Verlag Salzburg, 22,00 Euro

Für seine Arbeit wurde Obermair mit dem Herbert-Steiner-Anerkennungspreis 2014 ausgezeichnet, die Preisverleihung findet am Freitag in Wien statt. Die Hauptpreisträger sind Anna Hajkova für ihre Arbeit zu Häftlingsgesellschaften im Ghetto Theresienstadt und Kim Wünschmann, die die Geschichte jüdischer Häftlinge in den Konzentrationslagern der Nazis in den Jahren 1933 bis 1939 untersuchte.

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