Ärztemangel: Kammer schlägt Alarm

Das zähe Ringen um ein neues Gehaltsschema für Salzburgs Spitalsärzte sei nur der Beginn von schwierigen Zeiten mit großem Ärztemangel, prophezeit Karl Forstner, Präsident der Ärztekammer. Die Politik sei stark gefordert, lautet der Appell an den Landeshauptmann.

Karl Forstner Ärztekammer

ORF

Besonderer Dorn im Auge von Forstner sind die geringen Verdienste von Ärzten in den Landeskliniken - im Vergleich zum UKH

Die Attraktivität der Arbeitsplätze entscheide, wo die Ärzte in der Zukunft sein werden, sagte Forstner am Mittwoch vor Journalisten; einen Tag nach der gescheiterten Verhandlungsrunde.

Sowohl international als auch national werde der Verdrängungswettbewerb weiter zunehmen: „Bei einer Ausschreibung für eine Facharztstelle gibt es schon heute keine Hoffnung mehr, auch einen Facharzt zu bekommen, daher schreibt man gleich einen Fach-oder Assistenzarzt aus.“

500 Jungärzte gehen sofort ins Ausland

Von den rund 1.450 Jungärzten, die jedes Jahr von den heimischen Universitäten kommen, würden nur 900 in Österreich einen Job antreten, davon viele Frauen auch nur in Teilzeit. Die Ausbildung der rund 500 Ärzte, die offenbar gleich ins Ausland abwandern, habe Österreich aber 100 Millionen Euro gekostet, so Forstner. Berücksichtige man auch noch die bevorstehenden Pensionierungen, sei mit 8.000 bis 10.000 fehlenden Ärzten in Österreich im Jahr 2029 zu rechnen.

„Das ist ein Systemversagen der Politik, und man kann dieses nur sehr eingeschränkt reparieren. Selbst wenn man an den Universitäten viel mehr Ärzte ausbildet, dauert dies so lange, dass es erst in 15 bis 20 Jahren wirklich greifbare Wirkung zeigen würde“, so der Präsident. Daher sei die einzige mögliche Reaktion, die Attraktivität der Arbeitsplätze in Österreich zu erhöhen.

UKH zahlt Ärzten mehr als das Doppelte

Welchem Konkurrenzkampf die Spitäler ausgesetzt sind, rechnete Jörg Huter, der Kurienobmann der angestellten Ärzte, vor: Am 2. Dezember habe das Unfallkrankenhaus die Stelle eines Sekundararztes ausgeschrieben und darin ein Jahresgehalt von 97.400 Euro angeboten. Eine Ausschreibung der Landeskliniken vom selben Tag für eine gleiche Stelle bot ein Jahreseinkommen von 43.400 Euro. „Das ist weniger als die Hälfte“, so Hutter.

Für Salzburg fordern die Vertreter der Mediziner ein „marktkonformes“ Angebot nach dem Vorbild Steiermark. Dazu müsste das Land 13 Mio. Euro in die Hand nehmen. Den Fast-Stillstand bei den Verhandlungen begründeten die Ärztevertreter mit nicht nachvollziehbaren Berechnungen des Landes. So habe es geheißen, dass das neue Gehaltsschema für die Ärzte im Durchschnitt 12.000 Euro mehr im Jahr bedeuten würde.

„Wut“ auf Landespolitiker Stöckl

Bei einer Informationsveranstaltung am Dienstagnachmittag wurden dann einzelne Karrieren durchgerechnet. Und da habe sich herausgestellt, dass es bei vielen in Wahrheit nur 2.000 oder 3.000 Euro wären, einige würde sogar weniger bekommen. Ihrer Wut ließen die Mediziner dann freien Lauf, indem sie ihre weißen Mäntel dem Finanzreferenten und LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) vor die Füße warfen und den Saal verließen.

Appell an Haslauer als Nothelfer

Schwung in die festgefahrene Situation erhofft sich Forstner nun von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Er habe ihn gebeten, sich in die Verhandlungen einzubringen. Die Kammerfunktionäre stellten heute auch einen Vergleich mit dem etwa gleich großen Kärnten an. Dort habe der Landeshauptmann angekündigt, unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen auf jeden Fall um 13,5 Mio. Euro mehr zur Verfügung zu stellen. Und jeder wisse, wie es um die Finanzlage Kärntens bestellt sei. „Kärnten ist in der Lage, etwas zu tun, nur bei uns steht das Landesbudget über allem“, so Forstner.

Reaktion von Stöckl: „Öl ins Feuer“

„Für überzogene Forderungen, die kurz- und langfristig die finanziellen Möglichkeiten sprengen, bin ich nicht zu haben“, so reagiert Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) auf die Aussagen der Ärztekammer.

„Es bringt nicht sehr viel und ist schlichtweg unverantwortlich, ständig Öl ins Feuer zu gießen und sich über den drohenden Flächenbrand zu beschweren. Es ist mir vollkommen klar, dass es für die Ärzte an den Salzburger Landeskliniken - und in der Folge für die Ärzteschaft in den anderen Salzburger Spitälern - ein neues, transparentes und attraktives Gehaltsschema geben muss. Daran wird derzeit intensiv und lösungsorientiert gearbeitet. Mit dem Angebot, dass wir am Dienstag den Vertretern der Salzburger Ärztekammer und den Ärztinnen und Ärzten in den SALK unterbreitet haben, liegen wir im Vergleich zu den anderen Bundesländern im Spitzenfeld“, so Stöckl.

Kritik an „Funktionären“ der Kammer

Das Gehaltsschema des Salzburger Unfallkrankenhauses (UKH) sei für das Land finanziell nicht darstellbar, weil das UKH ein eingeschränktes Leistungsspektrum habe, erklärt Stöckl. In den SALK müsse dagegen die gesamte Palette an medizinischen Leistungen angeboten und finanziert werden: „Und dass es für jene Teile des fachärztlichen Kaderpersonals, das nicht in das neue Gehaltsschema übertritt, kein Angebot gibt, entspricht nicht den Tatsachen.“ Er habe zugesagt, dass es für diese Ärzte eine entsprechende Abfederung geben werde: „Aber auch dabei hat es sich in den Verhandlungen gezeigt, dass den Funktionären der Ärztekammer immer zu wenig ist - ohne selber konkrete Lösungsvorschläge zu haben.“

„Ärztemangel muss Bundesregierung bekämpfen“

Es sei ihm ein Rätsel, warum die Vertreter der Ärztekammer auch bei einem Gehaltssystem mit höheren Einstiegsgehältern und abgeflachter Gehaltskurve Kritikpunkte finden würden. „Sie bejahen zwar die höheren Einstiegsgehälter, wollen aber eine ansteigende Gehaltskurve wie im derzeitigen System. Das kann und wird es nicht geben. Mit dem geplanten Modell setzen wir eine entsprechende Regelung der EU um, bevor uns das nächste Verfahren droht. Zudem entsprechen wir damit auch den Wünschen und Vorstellungen, wie sie heutzutage in so gut wie allen Berufen vorherrschen“, betont Stöckl.

Was den prognostizierten Ärztemangel angehe, sei die Bundesregierung gefordert, endlich Maßnahmen zu setzen.

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