NS-Vergangenheit: Uni widerruft Ehrendoktorat

Die Universität Salzburg hat am Dienstag erstmals ein Ehrendoktorat aberkannt: Sie widerrief den Dr. h.c. für Eduard Paul Tratz, den Gründer des Salzburger Naturkundemuseums Haus der Natur, wegen dessen NS-Vergangenheit.

Tratz hatte das Ehrendoktorat im Juni 1973 - dreieinhalb Jahre vor seinem Tod - verliehen bekommen. Mehr als 40 Jahre später widerrief der Senat der Universität am Dienstag formell diese Ehrendoktorwürde. Der Senat begründete das damit, dass nachträglich klar geworden sei, dass sich Tratz die Ehrung erschlichen habe. Es ist das erste Mal seit der Neugründung der Universität 1962, dass ein Ehrendoktor aberkannt wird.

Eduard Paul Tratz SS Obersturmbannführer Direktor und Gründer im Haus der Natur Himmlers Darling

Vom Auto aus. Bergland Buch 1931

Da Tratz unter anderem am Kulturraub des SS-„Ahnenerbes“ in Osteuropa beteiligt war, sei er eines Ehrendoktorats unwürdig, entschied die Universität

Exponate geraubt, Artikel in SS-Blättern veröffentlicht

Nach Dokumentationen im ORF von Gerald Lehner und jahrelanger öffentlicher Kritik - allen voran des Salzburger Historikers und Schriftstellers Gert Kerschbaumer - hatte auch der Salzburger Universitätsprofessor Robert Hofmann die NS-Vergangenheit von Tratz näher beleuchtet. Dabei zeigte er, dass der Museumsgründer vom Haus der Natur während des Zweiten Weltkriegs als SS-Hauptsturmführer an Kulturraubaktionen in Warschau und der Sowjetunion beteiligt war. Dabei wurden auch Exponate für das Haus der Natur illegal requiriert.

Auftrag von Buchleitner

Den Auftrag zur Aufarbeitung durch Hofmann hatte vor Jahren der frühere Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Gerhard Buchleitner (SPÖ) gegeben, der damals als Chef des Kuratoriums für das Haus der Natur zuständig war.

Eduard Paul Tratz mit Raubgut für das Haus der Natur SS Obersturmbannführer

Haus der Natur

Ein Teil der geraubten Exponate landete im Haus der Natur

Museumsgründer Tratz publizierte auch Artikel im „SS-Leitheft“, in denen er die Beeinträchtigung durch „fremdrassige Belastungen“ beklagte, und trat in einer Schrift für die „Ausmerzung“ von „Krüppeln und Missgeburten“ ein. Tratz bekam auch von Heinrich Himmler den SS-Totenkopfring verliehen. Schon allein wegen dieser Publikationen, die vor der Verleihung 1973 nicht erwähnt wurden, sei Tratz des Ehrendoktors unwürdig, betonte der Universitätssenat in einer Mitteilung am Mittwoch. Eine kommentarlose Streichung aus der Ehrendoktorliste sei deshalb auch nicht genug. Jetzt erfolgt der formelle Widerruf der Ehrung.

Suche nach weiteren möglichen Problemfällen

Zudem überprüft jetzt das Universitätsrektorat, ob sich unter den Salzburger Ehrendoktoren noch weitere ähnliche „Problemfälle“ befinden. Bisher hatte die Universität Salzburg - Tratz noch inklusive - 102 Ehrendoktorinnen und -doktoren. Unter ihnen sind auch prominente Namen wie der Schriftsteller Peter Handke, der Dirigent Herbert von Karajan, der Maler Oskar Kokoschka und der Zoologe Konrad Lorenz.

Bürgerliste: Auch Ehrenbürgerschaft aberkennen

Die grüne Bürgerliste fordert jetzt, dass die Stadt Salzburg dem Vorbild der Universität folgen und Tratz die Ehrenbürgerschaft aberkennen soll: „Die Stadt darf sich nicht weiter hinter irgendwelchen formaljuristischen Argumenten verstecken. Die Ehrenbürgerschaft ist abzuerkennen", betonte Bürgerlisten-Gemeinderätin Ingeborg Haller am Mittwoch. Eine Ehrenbürgerschaft erlischt grundsätzlich mit dem Tod des Geehrten. Allerdings haben einige Städte und Orte schon formell diese Würde aberkannt - zum Beispiel Klagenfurt, das Adolf Hitler vor drei Jahren die Ehrenbürgerschaft entzog.

Links: