Israelische Kicker attackiert: Verfassungsschutz ermittelt

Nach antisemitischen Ausschreitungen in Bischofshofen (Pongau) gegen Fußballer aus Israel ermittelt nun der Verfassungsschutz. Türkische Zuschauer hatten das Spielfeld mit palästinensischen und türkischen Flaggen gestürmt und Sportler angegriffen. Die Bundespolitik reagiert empört.

Der Schiedsrichter hatte das Spiel am Mittwoch abgebrochen, nachdem türkischstämmige Zuschauer auf das Spielfeld in Bischofshofen gelaufen waren. Wenig später sorgten sie für Tumult und Schlägerei. Spieler der Mannschaft aus Haifa im Norden Israels, die sich derzeit auf sommerlichem Trainingslager in Leogang (Pinzgau) befindet, wehrten sich gegen die Angriffe.

Schlägerei in Bischofshofen israelische Fußballer attackiert

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Beginn der Ausschreitungen

Einer der Randalierer habe ein Messer gezogen, sagte der Trainer des israelischen Teams. Es sollen auch Steine gegen die Fußballer geflogen sein. Ernsthaft verletzt wurde niemand. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) hat nun die Ermittlungen aufgenommen.

Team von Juden, Muslimen, Christen, Drusen

Itamar Chizik, Präsident von Maccabi, sagte in Bischofshofen, die Demonstranten seien „offensichtlich türkische Einwanderer. Es waren keine Österreicher.“ Diese Demonstranten würden auf islamistische Propaganda hereinfallen, so der Präsident: „Alle Österreicher, die wir danach trafen, entschuldigten sich bei uns. Wir fühlen uns hier sehr gut. Und wir werden weiter spielen und hier trainieren. In unserer Mannschaft spielen Muslime, Juden, Christen und Drusen nebeneinander. Wir machen keine Politik. So ein Verhalten von Demonstranten hat bei Fußballspielen nichts zu suchen“.

Bundespräsident: „Den Anfängen wehren“

Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer verurteilt die Ausschreitungen von Bischofshofen „in aller Schärfe“. Fischer sagte am Donnerstag, er sei entsetzt über die Attacken: „Wir müssen gerade auf diesem Gebiet den Anfängen wehren und unmissverständlich klarstellen, dass für Gewaltaktionen mit nationalistischem und anti-israelischem Hintergrund in Österreich kein Platz ist“, so Fischer.

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Empörung der Bundesregierung

Weitere Politiker und Organisationen reagierten mit Empörung auf den Tumult während des Fußballspiels Maccabi Haifa gegen OSC Lille (Frankreich) in Bischofshofen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Innenministerin Johann Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) verurteilten die Vorfälle „aufs Schärfste“. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache kritisierte die Attacke auf das israelische Team ebenso und forderte eine genaue Untersuchung.

„Gäste, die sich in Österreich aufhalten, haben das Recht, das in Sicherheit zu tun - unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit“, sagte Bundeskanzler Faymann: „Übergriffe auf Sportler, die ihre Saisonvorbereitung in Österreich absolvieren, sind absolut nicht zu tolerieren. Österreich steht für ein friedliches Miteinander aller Religionen. Das soll auch in Zukunft so sein.“

Innenministerin: „Grenze überschritten“

Ähnlich äußerte sich die Innenministerin: „Konflikte aus anderen Ländern nach Österreich zu tragen ist absolut inakzeptabel. Ich habe immer betont, dass die Grenze zwischen der Gewalt der Worte und körperlicher Gewalt fließend ist. In Bischofshofen wurde diese Grenze mehr als überschritten.“ Mikl-Leitner bedankte sich bei den Einsatzkräften, die durch ihr „rasches und kompetentes Einschreiten“ Schlimmeres verhindert hätten.

Außenminister: „Zur Rechenschaft ziehen“

Auch Außenminister Kurz verurteilte den Platzsturm: „Ich fordere eine vollständige Aufklärung. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn in Österreich darf es gegenüber religiös oder antisemitisch motivierter Gewalt absolut null Toleranz geben. Auch wenn der Nahost-Konflikt berührt, darf dieser Konflikt nicht nach Österreich getragen werden.“ Kurz hob hervor, dass das Zusammenleben diverser Religionsgruppen in Österreich bis jetzt gut funktioniere. Das sei ein langer und schwieriger Weg, der nicht gefährdet werden dürfe.

Haifa Israel Galiläa

Gerald Lehner

Stadtzentrum der ethnisch sehr gemischten Hafenstadt Haifa - der Heimat des israelischen Teams - mit „Deutscher Kolonie“, einem historischen Viertel aus früheren Jahrhunderten am Fuß der Carmel Mountains

Club der Freunde Israels bestürzt

„Volle Aufklärung“ von den österreichischen Behörden forderte der Club der Freunde Israels (CdFI). „Für uns ist die Grenze der Toleranz erreicht. Es ist völlig inakzeptabel, dass bei uns in Österreich israelische Staatsbürger angegriffen werden, gleichgültig, ob am oder abseits des Fußballfeldes“, sagte CdFI-Sprecher Daniel Kapp. Das Testspiel war normal verlaufen, bis es kurz vor dem Schlusspfiff in der 85. Minute vorzeitig beendet werden musste.

Was genau ist geschehen?

Zuschauer mit palästinensischen Flaggen stürmten auf das Spielfeld und gingen auf die israelischen Spieler los, schilderte Christian Winkler, der Obmannstellvertreter des Sportklubs Bischofshofen: „Es waren offensichtlich türkische Zuschauer. Sie haben Transparente ausgepackt, auf denen ‚Fuck Israel‘ stand. Dann haben sie den Platz gestürmt“, sagte Winkler.

Maccabi Haifa hat neben jüdischen auch mehrere muslimische und christliche Spieler in seinem Kader. Eine Normalität für Liberale in der israelischen Gesellschaft: Im Norden des Landes gibt es zahlreiche Bewohner mit arabischer Abstammung, die die israelische Staatsbürgerschaft besitzen. Diese Palästinenser sind muslimisch oder christlich. Viele begeistern sich für Fußball oder spielen selbst - ebenso wie viele Juden in dieser Region oder in der weltoffenen Stadt Tel Aviv weiter im Süden.

Nazareth Galiläa

Gerald Lehner

Nachbarstadt von Haifa in Galiläa im Norden Israels: Auch Nazareth ist mehrsprachig und interreligiös, hat viele Sportler. Oben: Haus eines palästinensisch-christlichen Fußballfans und Automechanikers mit brasilianischer Nationalflagge während der Fußball-WM. Hinten: Große Moschee von Nazareth, der Vaterstadt Jesu

Spieler wehrten sich gegen Attacke

Auf solche Übergriffe gegen Gäste und Sportsfreunde aus Israel war man in Bischofshofen am Mittwoch nicht vorbereitet. Die Sicherheitskräfte konnten zunächst wenig ausrichten, betonte der Sprecher vom örtlichen Sportverein: „Wir haben versucht, die Spieler so schnell wie möglich von den randalierenden Zuschauern zu trennen. Das war aber schwierig.“ Erst die Polizei konnte das Handgemenge und Gewalttaten auf dem Spielfeld beenden. Ernsthaft verletzt wurde niemand.

Kultusgemeinde: „Es ist genug!“

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) warnte angesichts der Ausschreitungen vor zunehmendem Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt. „Die Aktionen gefährlicher, rassistischer Palästinenserfreunde gegen eine in Österreich trainierende israelische Fußballmannschaft mit jüdischen und muslimischen Spielern in Bischofshofen haben gezeigt, dass alle roten Linien, die demokratische Meinungsäußerung von Hetze trennen, längst überschritten sind“, heißt es in einer Aussendung der IKG am Donnerstag. Der Vorfall sei „beschämend“ für Österreich - mehr dazu in religion.ORF.at.

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