Araber-„Knigge“ zurückgezogen

Mit einem speziellen Kulturführer wollte die Urlaubsregion Zell am See-Kaprun (Pinzgau) arabische Touristen auf das richtige Verhalten hinweisen. Nach medialer Kritik im In- und Ausland zog die Tourismusgesellschaft diesen „Knigge“ zurück.

Der Araber-„Knigge“, den die Urlaubsregion Zell am See-Kaprun herausgab, sorgte international für Aufsehen - mehr dazu in „Knigge“ für Araber im Pinzgau (salzburg.ORF.at; 19.5.2014). „Liebe arabische Gäste, bitte nicht vom Boden essen“, spottete das deutsche Nachrichtenmagazin „Focus“ Ende Mai über die Kulturbroschüre.

Die zweitgrößte britische Boulevardzeitung „Daily Mail“ nannte die Aufforderung in der Region Zell am See-Kaprun, nicht über Preise zu verhandeln und keine Burkas zu tragen, „Tourismus-Apartheid“ - ein Begriff, den das Boulevardblatt direkt vom Zeller Hotelier Wilfried Holleis übernahm. Der stand auch am Montag zu seiner Aussage und hielt den Araber-„Knigge“ wörtlich für eine Schande.

Arabische Urlauber

ORF

Seit Jahren kommen arabische Touristen in den Pinzgau - was für heftige Diskussionen in der Region sorgt

Salzburgs Tourismusspitzen sehen die Angelegenheit teilweise anders: Der Pinzgauer Herbert Brugger, heute Tourismuschef der Landeshauptstadt, sprach von einem gut gemeinten Versuch. Unglücklich sei aber gewesen, die Broschüre nur an Araber und nicht an alle Touristen zu richten.

„Es erfordert auch der Respekt der Gäste gegenüber dem Reiseland, sich hier in Regeln, die üblich sind, einzufinden. Aus meiner Sicht hätte man die eine oder andere Formulierung überdenken können. Grundsätzlich ist es eine gute Initiative. Wenn ich in ein exotisches Land gehe, in Asien oder im arabischen Raum, bin ich sehr dankbar, wenn ich die wichtigsten Regeln dieser Kultur kurz zusammengefasst bekomme“, sagt der Chef der Salzburger Land-Tourismusgesellschaft Leo Bauernberger.

„Wollen Broschüre überarbeiten und neu auflegen“

Der Kulturführer mit dem Titel „Where Cultures Meet“ weist die arabischen Gäste auf Mistkübel hin, empfiehlt bunte Kleidung und freundliches Auftreten. Da es mit arabischen Urlaubern immer wieder zu Unfällen und brenzligen Verkehrssituationen kommt, weist die Broschüre auch auf das leistungsfähige Taxisystem und die Gurtepflicht in Österreich hin.

Die heftige Schelte habe die Verantwortlichen in der Tourismusgesellschaft zum Handeln veranlasst, sagte Marketingleiter Marco Pointner: „Leider haben bestimmte Passagen zu Missverständnissen geführt. Wir werden die Broschüre mit unseren Gästen und unserer Bevölkerung überarbeiten. Dann wollen wir sie neu auflegen“, sagte Pointner.

Bisher keine Buchungsrückgänge

Buchungsrückgänge durch die Aufregung um den „Knigge“ seien bisher nicht bemerkbar, ergänzte Pointner. Immerhin gilt es, die Zahl von 275.000 Übernachtungen von arabischen Gästen in Zell am See-Kaprun im vergangenen Jahr heuer zu halten oder gar zu erhöhen. Wann die überarbeitete Broschüre an die Urlauber verteilt wird, konnte oder wollte Marketingleiter Pointner nicht sagen. Bei den Lesern der britischen „Daily Mail“ sorgte der „Knigge“ übrigens für eine Welle der Zustimmung. Die überwiegende Mehrheit der Onlinekommentare sah die Pinzgauer Benimmbroschüre positiv.

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