Haus der Natur: Schau über Nazi-Vergangenheit

Das Haus der Natur hat Mittwoch eine Ausstellung über seine Vergangenheit im Nationalsozialismus eröffnet. Sie soll die dunkle Seite des Günders und Direktors Eduard Paul Tratz beleuchten. Der SS-Obersturmbannführer hat u. a. viel Nazi-Raubgut nach Salzburg bringen lassen.

Es geht beim Thema Tratz für Fachleute auch um die Frage, warum und wie über so viele Jahrzehnte hinweg die NS-Vergangenheit des Naturkundemuseums verschwiegen wurde oder verschwiegen werden konnte. Die neue Ausstellung über das Museum in der NS-Zeit wurde Mittwoch eröffnet. Ob sie auch die politische Entwicklung im Umfeld des Museums nach dem Tod von Museumgründer Tratz im Jahr 1977 bis in die Gegenwart beleuchtet, das wird von Experten bundesweit mit Spannung erwartet.

Eduard Paul Tratz SS Haus der Natur SS-Akt

United States National Archives / Gerald Lehner

Aus dem Akt über den Salzburger Museumsgründer Eduard Paul Tratz in den National Archives der USA in Washington - zu seiner Mitgliedschaft in der SS als Obersturmbannführer und Berater Himmlers

Heftige Debatten

Fachleute wie der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer haben in den vergangenen Jahrzehnten kritisiert, dass sich Salzburgs Stadt- und Landespolitik und das Haus der Natur der NS-Vergangenheit der Institution nicht oder nicht ausreichend gestellt hätten. Zu den Kritikern zählt auch der Wiener Neuropsychiater, Universitätsprofessor und Arzt Ernst Berger, früher auch im Vorsitz des Internationalen Komitees zur Erinnerung an NS-Verbrechen im Konzentrationslager Dachau. Er kritisierte besonders die Ausstellung mit Leichen missgebildeter Kinder, die über Jahrzehnte im Haus der Natur zu sehen war.

Ex-LHstv. Buchleitner machte Druck

Der Salzburger Universitätsprofessor und Historiker Robert Hoffmann ist einer der Gestalter der neuen Schau über die Vergangenheit des Hauses. Der frühere LHstv. Gerhard Buchleitner (SPÖ) brachte den Experten vor Jahren mit einigem Druck ins Spiel, um das Thema bearbeiten zu lassen. Zuvor hatten die Museumsleitung und Politiker bei Stadt und Land Salzburg immer wieder Kritik zurückgewiesen, dass man sich zu wenig um nationalsozialistische Wurzeln des Museums kümmere.

In einer längeren Dokumentation von ORF Radio Österreich 1 vor 17 Jahren betonte der frühere Museumsdirektor Eberhard Stüber, man habe die Facetten bisher öffentlich nicht beleuchtet, um nicht rechtsradikale Besucher ins Museum zu locken, die dort nicht erwünscht seien. Zudem wurde und wird von der Leitung des Hauses und Naturwissenschaftern vielfach darauf hingewiesen, welch herausragender Vogelkundler, Museumspädagoge und Gestalter von Ausstellungen Tratz gewesen sei.

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ORF-Salzburg-Redakteurin Renate Lachinger berichtet über die Ausstellung

Hoher NS-Funktionär, Ideologe des Rassenwahns

Fest steht: Der Gründer des Hauses der Natur - Eduard Paul Tratz - war ein ranghoher Nationalsozialist, SS-Offizier und direkter Berater von SS Reichsführer Heinrich Himmler. Zuletzt wurde vor einigen Wochen vom Museum angekündigt, vielerlei von Tratz während der Hitlerzeit geraubte Ausstellungsstücke den rechtmäßigen Erben zurückzugeben.

Tratz hatte im Dritten Reich in seinem Museum und Publikationen gegen Behinderte und Minderheiten gehetzt, hatte eine so genannte „Rassenschau“ im Haus der Natur eingerichtet, die in Teilen bis vor einigen Jahren zu sehen war. 1986 war vom Haus der Natur im Gebiet der Großglockner Hochalpenstraße noch eine Forschungsstation nach Eduard Paul Tratz benannt worden. Sie musste nach öffentlicher Kritik wieder umbenannt werden.

Am Mittwoch wurde vom derzeitigen Museumsdirektor Norbert Winding betont, zuerst habe man im Haus geglaubt, man sei spät dran. Aber man sei nun mit dieser neuen Ausstellung über die Vergangenheit ein Vorreiter - in Bezug zu anderen Naturkundemuseen. Der Historiker Robert Hoffmann sagte, über Jahrzehnte sei ein „Mantel des Schweigens“ über das Haus der Natur gebreitet worden.

Bürgerliste gegen Ehrenbürgerschaft von Tratz

Die grüne Bürgerliste der Stadt Salzburg fordert nun neuerlich, dass dem früheren Museumsdirektor Tratz die Ehrenbürgerschaft der Landeshauptstadt endlich entzogen werden müsse. Die grüne Gemeinderätin Ingeborg Haller und Bürgerlisten-Klubobmann Helmut Hüttinger sind mit diesem Anliegen schon vor Jahren an die Öffentlichkeit gegangen - bisher vergeblich. Offiziell heißt es vom Stadtmagistrat dazu, die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Tratz sei aus juristischen Gründen nicht möglich.

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