Viele Skandale und kaum Protestkultur

Lucona, AKH, Telekom, Banken-Desaster und Spekulationsaffäre: Hinter jedem Begriff von einst und jetzt steckt ein Skandal. Besonders hitzig läuft die aktuelle Debatte um die Hypo Alpe Adria. Wo bleibt dabei der öffentliche Protest von Bürgern und Steuerzahlern?

Demo der Salzburger Landesbediensteten

ORF

Bilder mit Seltenheitswert, aus dem Archiv

Auf die Straße gehen, für eine Sache schreien, singen, kämpfen.

„Man hat der Politik vertraut, und eigentlich sind wir alle verkauft worden“, sagt die Salzburgerin Passantin Martha Bogensberger zu aktuellen Skandalen, wohl auch in Anspielung auf die Salzburger Landespolitik. Und der Autofahrer Thomas Nöbauer ist der Ansicht, es sei eine gewisse Müdigkeit bei den Bürgern eingetreten: „Man traut sich nicht, da laut aufzumucken, weil es ja nichts bringt.“

Umwelt: Viele nur an eigener Umgebung interessiert

Ist Protestieren den meisten Österreichern zu viel der Mühen und Plagen? Das G’impfte geht den meisten nur auf, wenn ihnen etwas direkt vor der Haustür nicht passt. Dann werden fleißig Bürgerinitiativen gegründet, sagt die Soziologin Elisabeth Donat: „Aus dem Umweltbereich ist das sehr bekannt. Da geht es meistens nur darum, überall anders, nur bei mir nicht. Dabei wird aber nicht über den engeren Bereich hinausgedacht.“

Aber es gibt auch Gegen-Trends: Gerade ändert sich etwas. Der politische Milliarden-Skandal der Hypo Alpe Adria regt immer mehr Menschen auf. Angeführt vom Kabarettisten und Schauspieler Roland Düringer fordern bereits mehr als 100.000 Bürger einen Untersuchungsausschuss im Parlament. Und die Unterschriftenliste wird täglich länger.

Steuergeld verschleudert: Wut auf Regierung(en)

Andere wehren sich auf eigene Weisen. Der Mentaltrainer Wolfgang Reichl aus Mattsee (Flachgau) hat dem Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) im fernen Wien einen ernsten Brief geschrieben. Reichl will seine Steuern nicht mehr an das Finanzamt überweisen. Er zahlt nur noch auf ein Treuhandkonto ein: „Immer ist von Bankenrettung die Rede. Man hört von 18 Milliarden. Ich habe in alten Schilling noch gerechnet, und das ist eine Viertel-Billion. Und das hat mich dann sehr zu stören begonnen. Wie dann der Augenblick da war, die Umsatzsteuer zu überweise, da hat etwas in mir gesagt: Nein!“

Die Antwort hat Reichl von der staatlichen Obrigkeit schon bekommen. Er muss zahlen, oder er wird gepfändet. Seinen Protest will er fortführen.

Wagrainer zahlt keine Steuern mehr

Ein anderer Salzburger Wutbürger lebt in Wagrain. Der Trafikant Gerhard Höller ist im vollen Steuerstreik. Er fordert vieles, darunter einen Hypo-Ausschuss und ein Mindesteinkommen für Arme und Bedürftige.

Bis auf Weiteres zahlt er keine Steuern an die Wiener Regierung: „Egal, wo man sich bewegt: Es gibt so einen großen Zuspruch. Die Leute sagen, gratuliere, mach weiter, bleib dran. Einer bringt das ins Rollen, und wir helfen dir. Wir sind solidarisch mit dir.“

Schafft Hypo-Widerstand die kritische Masse?

Für echte Änderungen bräuchte es viel mehr Beteiligte - eine so genannte kritische Masse. Ob diese wegen des täglichen wachsenden Unmutes auf die Politik wegen des Hypo-Skandals irgendwann zustande kommen könnte, das steht in den Sternen.

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