Haft: „Vergewaltigung kaum möglich“

In Salzburg seien Vergewaltigungen von Häftlingen durch Mitgefangene künftig fast unmöglich, sagt Dietmar Knebel, Chef des Gefangenenhauses. Schon jetzt würde verstärkt kontrolliert. Die kommende Übersiedlung nach Puch (Tennengau) bringe dann grundlegende Verbesserungen.

Ein Fall von sexueller Gewalt hat jüngst wieder österreichweit für Aufsehen gesorgt, nun ist in Wien das Urteil ergangen: In einem Wiener Gefängnis ist ein Jugendlicher mit einem Besenstiel vergewaltigt worden. Ein Zellengenosse ist dafür zu 15 Monaten Haft verurteilt worden.

Dietmar Knebel Leiter der Salzburger Justizanstalt bzw. des Gefängnisses Puch

Gerald Lehner

Dietmar Knebel freut sich mit seinem Team der Bewacher auf den Umzug des Salzburger Gefängnisses von der beengten und dunkleren Schanzlgasse in die Tennengauer Gemeinde Puch. Die Spezialisten rechnen damit, dass Depressionen und Aggressionen von Häftlingen im Neubau automatisch geringer sind. Andererseits gefällt ihnen künftig der weite Weg mit Gefangenen zu Verhandlungen bei Gericht nicht so gut

Solche und ähnliche Übergriffe seien keine Einzelfälle sondern übliche Praxis im klassischen Strafvollzug, sagen Experten - besonders dort, wo es Zellen mit vier, sechs oder mehr Betten gibt. Die Gewalt habe nur selten mit Sexualität zu tun; es gehe hauptsächlich um Macht, Hackordnung und Unterdrückung innerhalb der Hierarchien von Gefangenen.

Lückenlose Kontrollen verboten

Zuletzt hatte der pensionierte Justizwache-Beamte Herbert Auer in ORF Radio Salzburg kritisiert, dass Strafgefangene auch in der Salzburger Schanzlgasse schwächere Zellenbewohner vergewaltigen würden. Ähnliches berichtete ein Arzt, der das Landesgefangenenhaus und mutmaßliche Opfer kennt. Als Risiko-Zeiträume gelten im Strafvollzug generell späte Abendstunden oder die Nacht, wenn alle Häftlinge aus offenen Haftbereichen, Arbeits- oder Sporträumen gehen müssen und in ihre Zellen eingeschlossen werden. Gleichzeitig seien dann viel weniger Kräfte der Justizwache im Haus, die normalerweise gut bewaffnet sind. Bei nächtlichen Zwischenfällen müssen sie aber einsatztaktisch in Unterzahl viel vorsichtiger vorgehen, um nicht in Defensive zu geraten - wenn Zellentüren geöffnet werden müssen.

Oberst Dietmar Knebel, Leiter der Salzburger Justizanstalt und Kommandant der Justizwache, betont, die Anwendung von Schusswaffen sei dabei nahezu ausgeschlossen: „Weil es zu gefährlich wäre, dass Häftlinge in deren Besitz kommen. Wir haben auch sehr kraftvolle Pfeffersprays für Notfälle und spezielle Methoden, um Leuten zu helfen, sie auch aus Zellen herauszuholen. Das gilt besonders auch bei Schlägereien.“

Mehr Rundgänge, ärztliche Kontrollen

Dietmar Knebel betont im Interview mit ORF Radio Salzburg, früher - vor seiner Amtszeit - seien Vergewaltigungen unter Häftlingen möglicherweise öfter vorgekommen. Sein Team passe aber besonders auf, dass das nicht geschehe: „Wir machen mehr Rundgänge, auch in der Nacht. Und wenn in den verschlossenen Zellen etwas wahrgenommen wird, dann trennen wir die Leute sofort. Allerdings kann und darf es laut Gesetz auch keine Rund-um-die-Uhr-Überwachung geben, um den Leuten nicht jede Privatsphäre zu nehmen.“

„Restrisiko bleibt immer“

Knebel verweist auch auf regelmäßige ärztliche Untersuchungen, bei denen zum Beispiel Verletzungen im Analbereich sofort diagnostiziert würden, auch wenn die Betroffenen aus Angst vor Mitgefangenen schweigen würden.

Der Oberst und Kommandeur der Salzburger Justizwache sieht allerdings ein Restrisiko, das es in jedem Gefängnis gebe - besonders in Zellen mit vier bis sechs Betten: „Ich kann es natürlich nicht ganz ausschließen. Im Vergleich zu früher ist das Risiko von Vergewaltigungen jedoch viel geringer.“

Vorfreude auf neuen Bau in Puch

Der alte, enge und für viele auch bedrohliche Bau in der Schanzlgasse am Eingang vom Salzburger Nonntal zur Altstadt ist bald Vergangenheit. In gut einem Jahr, im Sommer 2015, übersiedelt das Salzburger Gefängnis nach Puch bei Hallein - in den modernsten Zweckbau Österreichs dieser Art. Das freut Knebel, denn ein wichtiger Teil der Arbeit sei ja, Kriminelle auf den Pfad der Tugenden zurückzuführen. Und das sei in guter Architektur deutlich leichter.

In Puch wird es auch vier Mal mehr Platz als auf dem alten Standort geben: „Wir haben dort für Häftlinge und Bewacher viel mehr Raum, es gibt Grünflächen innerhalb der Anstalt und wesentlich bessere Bedingungen insgesamt. Der Bau ist viel heller, die Räume besser aufgeteilt. Es wird weniger Depression und Aggression bei Häftlingen geben. Da bin ich mir schon jetzt sicher. Wir haben dann fast nur noch Einzelzellen und ein paar Doppelzellen, aber keine Vier- oder Sechsbett-Räume mehr.“

Fast nur noch Einzelzellen

Die Zweibett-Zellen sind besonders dafür gedacht, wenn jemand Selbstmordgedanken hat, betont der Leiter des Salzburger Gefängnisses: „Da ist es oft sehr wichtig, dass jemand nicht allein eingesperrt ist.“

Laut Oberst Knebel bedeutet die Übersiedlung nach Puch für die Justizwache aber auch deutlich mehr Aufwand zum Schutz von Gefangenentransporten gegen Befreiungsversuche oder andere Straftaten: „Das ist das weinende Auge, dass wir dann vom Gericht zehn Kilometer entfernt sind. Derzeit sind das nur ein paar Türen.“

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg

Links: