Mehr Verbote im Freizeitsport nötig?

Der jüngste tödliche Tauchunfall im Attersee (OÖ) hat die Diskussion über ein Tauchverbot an dieser Stelle wieder entfacht. Aber Freitzeitsport birgt generell oft Risiken. Könnte die Sicherheit durch mehr Verbote und Gesetze erhöht werden? Viele Experten sagen Nein.

Erst jetzt wurde die Leiche jenes Tauchers geborgen, der in der vergangenen Woche im Attersee verschwunden war - mehr dazu in Leiche von Taucher geborgen (ooe.ORF.at). Der Pole war nach einem Tauchgang bei der Schwarzen Brücke nicht mehr an die Oberfläche gekommen. Es ist bereits der dritte tote Taucher an dieser Stelle in diesem Jahr. Ein Tauchverbot müsse her, sagen viele.

Start bei Paragleiter-Wettbewerb

ORF

Immer wieder, wenn es zu schweren Unfällen im Freitzeitsport kommt, wird der Ruf nach mehr Verboten laut - auch beim Skifahren, Tourengehen, Canyoning, Paragleiten, klassischen Felsklettern, Sportklettern, auf Klettersteigen mit stählernen Leitern und Seilen und bei anderen „Risikosportarten“. Etwa 50.000 Menschen verletzen sich pro Jahr beim Sport in freiem Gelände. Der durchschnittliche Rettungseinsatz kostet 30.000 Euro.

Eigenverantwortung im Sport wichtiges Thema

Dennoch meint Estolf Müller, der Landesleiter der Salzburger Bergrettung: „Mit dieser Überregulierung wird eigentlich immer mehr die Verantwortung auf irgendwen anderen abgeschoben. Mit Eigenverantwortung sollte sich jeder, der eine neue Sportart beginnt, zuerst einmal befassen. Man muss sich einfach ausbilden und eine entsprechende Vorbereitung machen.“

Sportpsychologe Norbert Paulus ergänzt: „Wir haben im Verkehr - und ich glaube, dass das mit dem Sport vergleichbar ist - fünf bis sieben Prozent Hochrisikofahrer - oder eben auch Sportler, die ein hohes Risiko eingehen. Die würden unabhängig von Verboten oder nicht das Risiko eingehen. Ich glaube, dass sich Risikosportler auch von entsprechenden Regeln nicht davon abhalten lassen würden, den Sport auszuüben.“

„Freiraum, um eigene Grenzen kennenzulernen“

Für viele Sportler ist die absolute Sicherheit ohnehin Utopie - sie gehen in der Natur bewusst an ihre Grenzen. „Auf alle Fälle passieren hin und wieder Unfälle - das haben wir schon bei anderen im Klettergarten miterlebt. Vor allem beim Partnercheck, wenn der nicht ordentlich durchgeführt wird“, sagt Kletterer Rupert Weber.

Kletterin sichert am Standplatz.

Gerald Lehner

„In einer Welt, wo schon so viel geregelt ist, bleibt halt in den Bergen und hier beim Klettern speziell ein Freiraum, um die eigenen Grenzen kennenzulernen. Ich glaube auch, dass zu viele Regeln und Verbote zu einer Degeneration der Menschheit führen können“, meint Kletterer Andreas Hasenöhrl.

Mehr Verbote, mehr Einschränkungen

Sportjurist Roland Reichl sagt zu einer prinzipiellen Haftung im freien Gelände: „Dort gibt es eigentlich keine Haftung, für die man jemanden in Anspruch nehmen kann. Im freien Gelände ist man selbst verantwortlich. Ganz anders ist das allerdings, wenn ich mich auf einem Weg bewege. Da gibt es eine Haftung für den Wegehalter. Bei den Skipisten ist es wieder anders - da habe ich durch den Kauf der Skikarte einen Vertrag mit der Skibetreibergesellschaft abgeschlossen, und die haftet dann auch für alle Formen von Fahrlässigkeit.“

Mehr Verbote hätten in der Praxis einige Einschränkungen zur Folge, meint Reichl, weil es immer weniger Vereine gebe, die sich mit Freizeitsportarten dann auseinandersetzen, das Gelände instand halten usw. „Weil die Haftungen dann einfach zu groß werden. Außerdem ändern Verbote an der Durchführung meist nichts, denn die Leute, die es machen wollen, machen es trotzdem“, so der Sportjurist. Regeln gebe es in Österreich auch so schon genug.