SPÖ-Pionier Karl Steinocher verstorben

Der frühere Eisenbahner, Deserteur der Hitler-Armee, Widerstandskämpfer, Landeshauptmannstellvertreter, Gewerkschafter und Parteichef der Salzburger SPÖ, Karl Steinocher, ist am Donnerstag in Salzburg im 94. Lebensjahr verstorben.

Karl Steinocher

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Steinocher

Sein Charme, seine Freundlichkeit und seine bis ins hohe Alter scharfen Analysen der Politik begeisterten neben Angehörigen und Freunden zahlreiche Bekannte und auch Passanten, die ihn auf der Straße als früheren Vize-Regierungschef erkannten und ansprachen.

„Kein Schub hinter Landeshauptfrau“

Mit sachlicher Kritik an der eigenen SPÖ hielt er sich in den letzten Jahren nicht zurück, auch vor kurzem erst in einem Interview für ORF Radio Salzburg: „Es fehlt mir zu viel Sozialdemokratie in der Sozialdemokratie. Wir betreiben heute nur noch Flickwerk. Wir haben keine Vorstellung mehr, wie die Gesellschaft aussehen soll, für die wir kämpfen wollen. Die Landeshauptfrau steht selbst gut da. Aber hinter ihr fehlt der politische Schub, den man brauchen würde. Der ist meiner Meinung nach nicht da.“

Video - das letzte TV-Interview

Karl Steinocher im Gespräch mit ORF-Redakteur Gerd Schneider im März 2013 über seine Erlebnisse in Salzburg bei Hitlers „Anschluss“ am 12. März 1938 (Rohmaterial in voller Länge). Am Beginn steht eine längere Frage:

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Steinocher vollendete am am 19. Jänner 2013 sein 93. Lebensjahr. Bis zuletzt war der Pensionist und sozialdemokratische Pionier des Landes Salzburg und der Zweiten Republik - bevorzugt im Süden und im Zentrum der Landeshauptstadt - noch auf ausgedehnten Spaziergängen unterwegs.

Karl Steinocher

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Bewegung war für Steinocher bis kurz vor seinem Tod ein tägliches Programm. Er war auch geistig fit

Wer ihn suchte, konnte ihn oft im Cafe Tomaselli finden. Mit dem Tod von Karl Steinocher geht ein weiterer wichtiger Zeitzeuge und Interviewpartner, der sich bis 1945 unter eigener Lebensgefahr gegen das Hitlerregime einsetzte, der österreichischen Gesellschaft und Zeitgeschichte verloren.

Widerständler gegen Dollfuß & Hitler

Karl Steinocher war der jüngste von drei Söhnen des Eisenbahners und Widerstandskämpfers Karl Steinocher senior, der auch seine Söhne stark in der Gegnerschaft zum Austrofaschismus unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und gegen das Hitlerregime beeinflusste.

Der junge Pongauer übersiedelte im Alter von zwölf Jahren nach Salzburg. Ab 1938 war er Fahrdienstleiter der Deutschen Reichsbahn auf dem Salzburger Hauptbahnhof. 1940 wurde er zur Luftwaffe eingezogen. Er war nicht bereit, der NSDAP beizutreten, obwohl ihm das nahegelegt wurde.

Aus Hitlers Luftwaffe desertiert

Im Frühling 1945 kehrte Steinocher nach Salzburg zurück und hielt sich bis zur Befreiung durch die Amerikaner versteckt, weil er desertiert war. Er kümmerte sich rasch wieder um den Salzburger Hauptbahnhof. Als ÖBB-Bediensteter war er auch für die Entnazifizierung von 4.500 Eisenbahnern zuständig.

1949 wurde Steinocher als Gewerkschafter neues Mitglied der Vollversammlung der Arbeiterkammer Salzburg und wurde 1956 deren Vizepräsident. 1965 und 1966 hatte das Amt des AK-Präsidenten inne. Seine politische Laufbahn begann 1953 als Mitglied des Salzburger Gemeinderates, dem er bis 1957 angehörte. Von 31. Mai 1957 bis 2. Juli 1959 saß er für die SPÖ im Bundesrat, um dann 1959 in den Salzburger Landtag zu wechseln.

1969 fast Landeshauptmann nach Wahlerfolg

In den Jahren 1966 bis 1976 wirkte Steinocher als Landeshauptmann-Stellvertreter von Salzburg und zwei Jahre länger auch als Landesparteiobmann der SPÖ Salzburg. Dabei gelang ihm 1969 fast, erster sozialdemokratischer Landeshauptmann zu werden, weil die SPÖ den Status als stimmenstärkste Partei nur knapp verfehlte.

Gemeinsam mit Bürgermeister Alfred Bäck gilt Karl Steinocher als einer der politischen Wegbereiter des Lehener Stadions.

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