Astrid Rössler: Die Bilderbuch-Grüne

Mit Spitzenkandidatin Astrid Rössler haben die Grünen am Sonntag einen historischen Erfolg eingefahren. 20,17 Prozent erreichten sie - das erklärte Wahlziel von 15 Prozent wurde deutlich übertroffen. Rössler könnte man als Grüne aus dem Lehrbuch bezeichnen.

Wo Grün draufsteht, ist bei Rössler auch Grün drinnen. Sie hat ihr Auto verkauft und fährt mit dem Fahrrad, isst wenig Fleisch, „gartelt“ selbstverständlich bio und strickt. Sie lebt, was sie predigt. Doch die Art, wie sie predigt, wirkt nicht für alle überzeugend: Die 53-Jährige ist keine Frau der Show, der mitreißenden Rhetorik und der großen Sprüche.

Stiller Aktionismus einer stillen Frontfrau

„Mehr Aktionismus, mehr Präsenz in Politik und Gesellschaft und ein etwas offensiveres Auftreten mit mehr Selbstbewusstsein“ hatte Rössler anlässlich ihrer Kür zur Landessprecherin im Oktober 2011 angekündigt. Viel zu spüren war davon allerdings nicht.

Das dürfte auch daran liegen, dass der Aktionismus der grünen Frontfrau ein recht stiller ist: Für eine bessere Zukunft der Roma hat sie etwa einem Volksgruppenprojekt über 300 Gläser Gurken und Kraut abgenommen, die sie nun mit ihrem Fahrradanhänger ausliefert. Der Gewinn fließt zurück an die Produzenten. Und steigt sie - was selten vorkommt - in ein Flugzeug, wird der CO2-Ausstoß mit Ausgleichszahlungen kompensiert.

Rössler nach Hochrechnung

Neumayr/MMV

Große Freude über Wahlergebnis am Sonntag

Jedes Wort vorher gut überlegt

Aber auch in der politischen Auseinandersetzung muss man gut hinhören, wenn Rössler das Wort ergreift, denn laut wird sie nicht. Wie bei vielen Juristen ist jedes ihrer Worte wohlüberlegt, hat Hand und Fuß. Will sie etwas genau wissen, fragt sie so lange und beharrlich nach, dass es für andere zur Geduldsprobe werden kann. Und wenn kurz vor Weihnachten ein riesiger Finanzskandal „ausbricht“, dann ist Rösslers Reaktion darauf das „Börsen- und Finanzlexikon“ von Uwe Bestmann als Lektüre über die Feiertage.

Ihre Beharrlichkeit dürfte nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass im Salzburger Finanzskandal gegen Ende des Vorjahres der Vorhang des Schweigens gelüftet wurde. Nach mehrmaligem Nachfragen der Grünen kam offenbar Nervosität auf. Hals über Kopf wurden plötzlich bisher völlig geheim gehaltene Spekulationsgeschäfte aufgelöst, wenig später setzte der inzwischen abgetretene Finanzreferent David Brenner (SPÖ) zur Flucht nach vorne an.

Wahlkampffinale der Grünen Astrid Rössler Eva Glawischnig

APA / Barbara Gindl

Eva Glawischnig und Astrid Rössler

Im Wahlkampf deutlich gewonnen

Rössler, eine Vorzeigegrüne, die alles richtig macht? Auch wenn sie gerne Farbe trägt - vorzugsweise Grün -, muss sie sich mitunter den Vorwurf gefallen lassen, farblos zu wirken. Eine charismatische Parteichefin war sie bisher nicht, eher ein verbissen wirkender Workaholic mit klaren Zielen, der anpackt und diese hartnäckig und konsequent verfolgt. Allerdings hat sie im Lauf des Untersuchungsausschusses und Wahlkampfes deutlich an Profil gewonnen und auch in TV-Konfrontationen gut abgeschnitten.

Die am 7. Mai 1959 geborene Rössler war über zehn Jahre lang in der Landesumweltanwaltschaft tätig und machte sich im Jahr 2000 als Unternehmensberaterin und Mediatorin selbstständig. Dabei begleitete sie Bürgerinitiativen, erstellte aber auch Gutachten für Projektbetreiber, etwa für die Erweiterung der Weißsee-Gletscherwelt im Salzburger Pinzgau.

Rössler im U-Ausschuss Untersuchungsausschuss Grüne Politik

Franz Neumayr

Rössler war Vorsitzende im U-Ausschuss zum Finanzskandal

2007 gründete sie den Anrainerschutzverband Salzburg Airport und wurde dessen Obfrau. In dieser Funktion „empfahl“ sie sich für die Grünen, zwei Jahre später zog sie in den Landtag ein. Ihren Brotberuf lässt die Mutter zweier Söhne derzeit ruhen.

In Untersuchungsausschüssen profiliert

Erstmals profilieren konnte sich Rössler als Vorsitzende des Olympia-Untersuchungsausschusses. Sie ackerte sich durch Stapel von Ordnern und trug so wesentlich dazu bei, dass viele Details ans Tageslicht kamen, die als Mosaik zusammengefügt ein doch recht bedenkliches Bild auf die politische Kontrolle im Land Salzburg warfen. Auch bei der Aufarbeitung des Finanzskandals ist Rössler an vorderster Front.

Freilich, der enorme Zuwachs der Grünen bei dieser Landtagswahl ist nicht das alleinige Verdienst der neuen Spitzenkandidatin. Er ist auch der Glaub- und Vertrauenswürdigkeit der Grünen im Allgemeinen geschuldet, die erst verdient werden musste. Dazu haben Rössler wie auch ihr Vorgänger und Landtagskollege Cyriak Schwaighofer durch ihre politische Arbeit und ihre Persönlichkeiten auf Salzburger Boden ihren Beitrag geleistet. Wo die Reise für die Grünen nun weiter hingeht - ob in eine Koalition oder doch wieder in die Opposition -, das ist noch völlig offen.

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