Schule als Angstmacher von vorgestern

Zu wenig Gemeinschaft, zu viele negative Rückmeldungen durch Lehrer und eine Erziehung der Jugend zu Jasagern: So beurteilte die Berliner Schulexpertin Margret Rasfeld bei einem Vortrag in Salzburg erstarrte Schulsysteme wie jenes in Österreich.

Die Direktorin der Evangelischen Gesamtschule Berlin-Zentrum (ESBZ) hat Montagabend an der Pädagogischen Hochschule in Salzburg ein modernes Lehr- und Lernkonzept für Schulen vorgestellt.

Harte Kritik an Zuständen

Unterricht soll Spaß machen und dennoch - nachweislich - bessere Leistungen bringen. Die Kritik der deutschen Fachfrau am bestehenden System fiel äußerst hart aus.

Schule und Schüler in Klasse

ORF

Mobbing, Horror, psychische Folter

Gemeinschaft - in der Klasse, an der ganzen Schule, im Leben der Schüler: Das seien Werte, die in deutschen und österreichischen Schulen viel zu kurz kommen, betont Rasfeld.

Das habe verheerende Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, so die Berliner Schuldirektorin: „Es gibt immer mehr Mobbing. Aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu sein, das ist im Gehirn in den Bereichen aktiv wie Folter.“

„Lernen aus Fehlern: Chancen werden vertan“

Brutalität und Machtstreben statt Solidarität und Mitgefühl herrsche an den Schulen vor, kritisiert Rasfeld: „In Deutschland und auch in Österreich ist das Schulsystem ein knallhartes Selektionsinstrument. Aus Fehlern und dem Scheitern lernt man jedoch am meisten. Wenn man mit Scheitern konstruktiv umgeht, dann birgt das die größten Innovationschancen. Fehler und Scheitern sind in den Schulen aber nur mit Horror besetzt. Bei Fehlern wird alles rot angestrichen. Und Scheitern heißt, dass du sitzenbleiben musst oder nach unten weitergereicht wirst.“

„Völlig veraltetes, falsches System“

Die Schule von heute schüre aber nicht nur Ängste. Sie sei auch hoffnungslos altmodisch: „Unsere Schulen, wie sie strukturiert sind, total innovationsfeindlich, weil sie fleißige Pflichterfüller produzieren. Es muss immer jemand kommen, der dir sagt, was du zu tun hast. Und wenn du das 13 Jahre lang gemacht hast, dann haben wir die Pflichterfüller. Im Industriezeitalter waren die wichtig, aber die brauchen wir heute nicht mehr. Wir brauchen heute Menschen mit Rückgrat, Verantwortungsbewusstsein und der Fähigkeit, die Dinge quer und neu zu denken.“

Dazu komme die wichtige Fähigkeit, in heterogenen - also stark gemischten - Gruppen zu arbeiten, betont die Pädagogin.

Berliner Modell für 100 deutsche Schulen

Margret Rasfeld ist neben anderen Fachleuten eine der Bildungsberaterinnen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihr Konzept des freien Lernens und der Wertschätzung zwischen allen Beteiligten wird in nächster Zeit an 100 deutschen Schulen getestet. Die Evangelische Gesamtschule Berlin-Zentrum dient dabei als Modell und Prototyp.

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