Massensport: Sicherheit für Klettersteige

Klettersteige mit ihren Stahlseilen, Leitern und Stahlbügeln werden immer populärer. Gleichzeitig häufen sich Unfälle von eher Ungeübten. Der Alpenverein hat Tipps zusammengestellt, damit Klettersteigfans gesund bleiben und die Bergrettung entlastet wird.

Mit der warmen Jahreszeit ist auch die Saison der Klettersteige wieder angebrochen. In sehr vielen Tourismusgemeinden investiert die Wirtschaft massiv in solche Anlagen, um zusätzliche Gäste und Kundenschichten anzulocken.

Klettersteig

Österreichischer Alpenverein

Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer sowie Bergretter Walter Würtl demonstriert das richtige Verhalten

Experten beobachten mit Sorge, dass zum Teil immer schwierigere Steiganlagen angelegt werden und dort auch immer mehr Ungeübte und Laien unterwegs sind. Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) hat angesichts des Booms nun „zehn Gebote“ für sichere Rückkehr ins Tal zusammengestellt:

1. Sorgfältig planen

Planung ist der Schlüssel für sichere und genussvolle Touren. Kletterer sollten sich genau über Schwierigkeit und Länge, Zu- und Abstieg, Wetter und Verhältnisse informieren. Zu jedem Klettersteig gibt es übrigens Führerliteratur mit Topos (= Routenskizzen). Auch eine kurze Recherche im Internet bringt häufig wertvolle Treffer.

2. Ziel persönlichen Voraussetzungen anpassen

Zu hoch gewählte Schwierigkeiten mindern das Erlebnis und können zu gefährlichen Situationen führen.

Michael Larcher, Ausbildungsleiter des Österreichischen Alpenvereins, Chefredakteur der Fachzeitschrift "berg & steigen"

Österreichischer Alpenverein / alpenverein.at

Michael Larcher, Experte des ÖAV

„Leidenschaft und Ehrgeiz sind gut. Ohne sie würden wir nicht bergsteigen. Wozu wir aber angehalten sind, ist die richtige Balance zu finden - zwischen Wagnis- und Abenteuerlust einerseits und persönlichem Können, Fitness, Erfahrung und Ausbildungsstand andererseits. Drei Faktoren sind es im Wesentlichen, die wir hier beachten müssen: die Schwierigkeit, die Länge und die Beschaffenheit des Zu- und Abstiegs“, betont der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer sowie Bergsportexperte Michael Larcher vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV).

3. Vollständige, normgerechte Ausrüstung

Klettergurt, Klettersteigset und Helm: Nur die konsequente und richtige Anwendung der Ausrüstung ermöglicht eine sichere Begehung von Klettersteigen. Für den Notfall sind Erste-Hilfe-Paket und Mobiltelefon (Euro-Notruf 112 bzw. Bergrettung 140) dabei.

Michael Larcher über die Ausrüstung auf Klettersteigen: „Moderne Klettersteigsets - zu erkennen daran, dass sie anstelle von Bremsplatte und Bremsseil mit einem Bandfalldämpfer ausgestattet sind - bieten sowohl Sicherheit als auch Tragekomfort. Besonders wichtig für den Genuss am Klettersteig sind funktionelle Klettersteigkarabiner, die sich einfach bedienen lassen und die automatisch schließen. Schon beim Kauf sollte man kritisch prüfen, ob einem das Karabinermodell ‚liegt‘ - man wird diesen Karabiner ja unter Umständen einige tausendmal ein- und aushängen! Ein Helm ist übrigens Standard, Klettersteighandschuhe nice to have.“

4. Bei Gewittergefahr nicht einsteigen

Blitzschlag bedeutet Lebensgefahr. Regen, Nässe und Kälte erhöhen das Sturzrisiko. „Ein Klettersteig stellt immer auch einen überdimensionalen Blitzableiter dar. Für unsere Praxis gilt, dass wir den Wetterbericht bewusst auf Informationen zur Gewitterneigung befragen. Verzicht oder gute Zeitplanung sind dann die Optionen. Gewarnt sei auch noch vor der falschen Reaktion im Fall, dass einen doch einmal ein Gewitter überrascht: Bleiben Sie mit dem Drahtseil verbunden! Die Absturzgefahr überragt die Blitzschlaggefahr allemal“, mahnt Larcher.

Klettersteig

Österreichischer Alpenverein

5. Drahtseile und Verankerungen prüfen

Steinschlag, Schneedruck, Frostsprengung oder Korrosion können Schäden an der Steiganlage verursachen. Nicht in gesperrte Klettersteige einsteigen.

Michael Larcher dazu: „Jeder Klettersteig ist auch ein Weg im rechtlichen Sinn und hat einen ‚Wegehalter‘, also jemanden, der für die Instandhaltung und für die eventuelle Sperre zuständig und verantwortlich ist. Das bedeutet - im Gegensatz zu Kletterrouten - dass wir auf geöffneten Klettersteigen einen zeitgemäßen Sicherheitsstandard erwarten dürfen. Trotzdem: Ein kritisches Auge sollten wir dennoch bewahren.“

6. Partnercheck am Einstieg

Gegenseitig kontrollieren: Gurtverschluss, Verbindung Klettersteigset mit Klettergurt, Helm: „Bevor es losgeht, nützen Kletterer das Vieraugenprinzip und kontrollieren gegenseitig die Sicherheitsvorkehrungen“, so Larcher.

7. Ausreichende Abstände einhalten

Zwischen zwei Fixpunkten darf nur eine Person unterwegs sein. „Unsere derzeitige Sicherungstechnik auf Klettersteigen kann zwar den Absturz verhindern, nicht aber den freien Fall bis zur nächsten Verankerung. Und das können immerhin bis zu sechs Meter sein. Diese enorme Sturzenergie kann auch für einen zu knappen Nachsteiger gefährlich werden“, betont Michael Larcher.

8. Klare Absprache beim Überholen

Kommunikation und Rücksichtnahme verhindern gefährliche Situationen bei Überholmanövern oder Gegenverkehr. Larcher: „Ein überfüllter Klettersteig kann ein guter Grund sein, auf eine Begehung zu verzichten. Überholmanöver gehören jedenfalls abgesprochen und sind - besonnen und rücksichtsvoll - an dafür geeigneten Stellen durchzuführen.“

9. Achtung Steinschlag

Achtsames Steigen verhindert Steinschlag. „Diese Empfehlung ist noch einmal ein dringender Hinweis auf die Sinnhaftigkeit eines Helms. Darüber hinaus will ich aber auch an eine saubere Bewegungs- bzw. Steigtechnik erinnern, um zu verhindern, dass man selbst Steinschlag auslöst und damit Nachsteiger gefährdet“, warnt Larcher.

10. Natur und Umwelt respektieren

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Fahrgemeinschaften anreisen. Müll und Lärm vermeiden.

Michael Larcher betont: „Klettersteige erschließen Naturräume und es muss eine Selbstverständlichkeit sein, Lärm und Müll zu vermeiden, Wild- und Weidetiere nicht zu beunruhigen und beim Zu- und Abstieg auf den angelegten Wegen zu bleiben. Ein Appell ist auch an das Anreiseverhalten gerichtet: Fahrgemeinschaften sind gut, öffentliche Verkehrsmittel sind besser.“

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