Marko Feingold feiert 99. Geburtstag

Marko Feingold hat vier Konzentrationslager überlebt und sein Leben der jüdischen Gemeinde und der Bewusstseinsbildung gewidmet. Der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg feiert am Pfingstmontag seinen 99. Geburtstag.

Marko Feingold ist Präsident der israelitischen Kultusgemeinde Salzburg. Am Pfingstmontag feiert er seinen 99. Geburtstag. Zu diesem Anlass erscheint auch sein Buch „Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh“ im Salzburger Otto-Müller-Verlag. Anlässlich seines Geburtstages war er eine Stunde lang im Radio Salzburg Cafe zu Gast und erzählte auch in Salzburg heute über sein Leben, den Zufall und die Zukunft.

Feingold war der erste Österreicher in Auschwitz

Marko Feingold wurde am 28. Mai 1913 in der heutigen Slowakei geboren, wuchs in Wien auf und schloss eine Lehre als kaufmännischer Angestellter ab. 1939 wurde er als erster Österreicher ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, danach ins KZ Neuengamme bei Hamburg, nach Dachau und auch noch nach Buchenwald. Unter vier Geschwistern ist Marko Feingold der einzige Überlebende.

Marco Feingold

ORF Salzburg

Noch heute hält der 99-jährige Marko Feingold Vorträge an Schulen und gibt somit seine Erfahrungen und sein Wissen an junge Leute weiter.

Marko Feingold über Zufall und Schicksal

„Glück und Zufälle haben sich in meinem Leben aneinander gereiht wie eine Perlenkette“, schildert der 99-Jährige. Als er in seiner Jugend nach Auschwitz kam, sagte man ihm, dass er maximal drei Monate überleben würde. Als er dann nur noch 30 Kilogramm wog, war er nicht mehr arbeitsfähig und wurde ins Konzentrationszentrum Neuengamme bei Hamburg geschickt.

„Dort sollte ich verbrannt werden, aber ich hatte Glück, weil das Krematorium in Neuengamme noch nicht fertig war und ich weiter nach Dachau geschickt wurde“, erinnert sich Feingold zurück. Auf der zweitägigen Fahrt von Hamburg nach Dachau konnte er sich ein bisschen erholen und entkam so dem Tod.

Hungersucht und Leben mit nur 30 Kilogramm

Während der sechs Jahre in vier verschiedenen Konzentrationszentren wog Marko Feingold meist nur etwa 30 Kilogramm. „Ich war körperlich total desolat, meine Diagnose lautete Hungersucht. Die Hungersucht hat erst am Tag der Befreiung geendet. An diesem Tag bekamen wir von den Amerikanern schon um fünf etwas zu essen und auf einmal war das Hungergefühl weg“, schildert der heute 99-Jährige.

Marco Feingold

ORF Salzburg

Marko Feingold als junger Bursche.

Marko Feingold über seine Kindheit

Wenn Marko Feingold an seine Kindheit denkt, dann lacht er und erzählt von seiner „echt jüdischen Mutter“. Sie habe immer sehr gut auf ihn und seine drei Geschwister geschaut und er habe von ihr das Sockenstopfen und Hosenbügeln und Schuheputzen gelernt.

Besonders gut erinnert sich Marko Feingold auch noch an seine letzten beiden Schuljahre, in denen er die meiste Zeit im Prater verbracht hat. „Ich habe mich im Wier Prater zwischen den Kriminellen und Prostituierten aufgehalten - da habe ich für meine sechs Jahre im Konzentrationslager viel gelernt.“

Später hätte er es dann besser verstanden, zwischen Ganoven zu leben und auf sein weniges Hab und Gut aufzupassen. Im Konzentrationslager baute er auch einen kleinen Tauschhandel mit Russen auf. Aus Zigarettenstummeln drehte er neue Zigarette und tauschte sie mit den Russen gegen Brot.

Marco Feingold

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Marko Feingold mit seiner Frau Hanna im ORF-Interview.

„Habe nicht gedacht, so alt zu werden“

Marko Feingold feiert am Montag seinen 99. Geburtstag. Er hätte nie gedacht, so alt zu werden. „Ich habe nach dem Ende des Krieges mit maximal zehn oder 15 Jahren gerechnet, weil ich ziemlich krank war“, erinnert sich Feingold. Wenn er damals auf manche Ärzte gehört hätte, dann würde er nicht mehr leben, ist sich Feingold sicher. Seine große Lebensweisheit scheint der Glaube an den Zufall zu sein: „Man kann nichts planen.“

„Ich glaube, dass es etwas Überirdisches gibt“

Marko Feingold bezeichnet sich selbst nicht als sehr gläubig: „Ich bin eher liberal, aber ich tue alles, was für meine Gemeinde wichtig ist. Ich glaube, dass es etwas Überirdisches geben muss, aber ich kann es nicht definieren. In meinen 99 Jahren hat mir immer irgendwer geholfen, wenn ich ganz am Boden war.“

Marko Feingold hofft auf Veränderung in Österreich

Zu seinem 99. Geburtstag wünscht sich Marko Feingold vor allem Gesundheit. „Ich wünsche mir noch bei klarem Verstand erleben zu können, wie sich vieles in Österreich ändert. Österreich muss endlich einmal die Wahrheit auf den Tisch legen. Wir können nicht im Schein der Vergangenheit leben, dass wir das erste Land waren, das von Hitlerdeutschland überfallen wurde. Wir müssen zugeben, dass wir das ersehnt haben“, betont Feingold.

„Man kann alles friedlich regeln“

Seit Jahren gibt Marko Feingold seine Erlebnisse und sein Wissen in Vorträgen weiter. Er hofft, dass seine Bewusstseinsbildung hängen bleibt und vor allem junge Leute seine Worte beherzigen. „Keine Gewalt! Man kann alles friedlich lösen und die Demokratie ist immer noch die Beste Staatsform“, ist sich der 99-Jährige sicher.