Riesenlawine: Ein Toter, sechs Verletzte

Bei Neukirchen (Pinzgau) sind Freitag sieben Schneeschuhwanderer von einer Riesenlawine komplett verschüttet worden. Ein Mann starb im Spital, die anderen Wanderer kamen mit leichten Verletzungen davon. Die Gruppe hatte offenbar keine Notausrüstung dabei.

Haarscharf an einer Katastrophe ist am Freitag in den Mittagsstunden im Salzburger Pinzgau diese 14-köpfige Gruppe von Schneeschuhwanderern vorbeigeschrammt.

Nach Angaben der Salzburger Bergrettung wurden bei dem Unfall insgesamt sieben Personen der Wandergruppe aus Deutschen, Schweizern und einer Österreicherin komplett verschüttet - ohne die empfohlene Notausrüstung dabei zu haben. Das ist normalerweise für Ersthelfer und reguläre Einsatzkräfte ein Horrorszenario.

Lawinen Lawinenunglück Neukirchen Dürnbachtal

ORF / Gerhard Trattner

Überblick aus dem Hubschrauber: Ungefähr 300 Höhenmeter über dem Lawinenkegel im engen Talboden (blaue Punkte) liegt der Anrissbereich der Riesenlawine (roter Punkt)

„Hände, Beine ragten aus dem Schnee“

„Nach derzeitigem Stand hatte niemand ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät dabei“, sagte Josef Herzog, Bezirksleiter der Bergrettung, „Als unsere Leute hinkamen, ragten zum Teil Hände und Beine aus dem Schnee. Als wir den ersten Verschütteten geborgen hatten, ging es dann auch bei den anderen schnell, weil alle so nahe beisammen stehend verschüttet wurden.“

Die sieben Opfer konnten ausschließlich durch gutes Sondieren und großes Glück so rasch gefunden werden, sagte Bergretter Herzog weiter. Auch das ist ein sehr außergewöhnliches Phänomen bei diesem Unfall, weil Sondieren auf großen Lawinenkegeln normalerweise viel Zeit erfordert, die Verschütteten zum Überleben fehlen kann.

Lawine bei Neukirchen am Großvenediger, die sieben Schneeschuhgeher unter sich begrub

ORF

Unterster Teil der ca. 300 x 120 Meter großen Rutschfläche dieser Schneemassen, die nun den ohnehin tief verschneiten Sommerweg des Tales noch meterhoch verlegen

40-Jähriger starb im Spital

Laut Einsatzkräften wurde bei dem Unfall ein 40 Jahre alter Deutscher aus Nordrhein-Westfalen in kritischem Zustand geborgen und reanimiert. Er wurde ins Spital nach Salzburg geflogen, wo er gegen 14.00 Uhr starb. Die sechs weiteren Verschütteten kamen mit leichten Verletzungen davon.

Lawine an die 300 Meter lang

Laut Maria Riedler, Sprecherin der Salzburger Bergrettung, handelte es sich im Dürnbachtal um eine sehr große und schwere Nassschneelawine mit etwa 300 Metern Länge und 120 Metern Breite.

Hubschrauber Lawine Neukirchen

Bergrettung Salzburg

Notarzt- und Polizeihubschauber beim Fußballplatz Neukirchen: Bergretter vor Abflug.

Die von einer Österreicherin geführte Gruppe von Schneeschuhgehern war von der Gensbichl-Seilbahn in Richtung Steineralm unterwegs. Trotz Lawinenwarnstufe 3 hatten sie sich laut Alpinpolizei mit ihrer Führerin ins Gelände gewagt. Auf einer Seehöhe von rund 1.600 Metern kam es dann zum Unglück. Die Gruppenteilnehmer waren ersten Informationen zufolge nicht mit LVS-Geräten ausgerüstet, die zur dringend empfohlenen Notausrüstung bei solchen Touren gehören.

Legale Tourenführung?

Ungeklärt ist bisher, ob die Führerin ein Zertifikat als staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin oder als staatlich geprüfte Skilehrerin mit Zusatzausbildung besitzt. Nur solchen Fachkräften wäre es laut Gesetz und Alpinpolizei erlaubt, im Freigelände des winterlichen Hochgebirges Touren mit Kunden oder touristischen Gruppen zu unternehmen.

Einsatz Neukirchen Lawine

ORF / Gerhard Trattner

Bergretter warten auf Hubschraubertransport auf den Berg.

Nicht weit vom letzten Unfallort

Bergretterin Riedler ergänzte, dass sich der Lawinenabgang nicht unweit jener Stelle ereignet, wo am 19. Februar ein 29 Jahre alter Skifahrer aus Finnland in ungesichertem Gelände von einem Schneebrett verschüttet worden war. Der Mann konnte damals nur noch tot geborgen werden - mehr dazu in Lawine: Finne tot, viele Rettungseinsätze.

Ob sich das Schneebrett am Freitag selbst gelöst hatte oder von einem Alpinisten abgetreten worden war, war vorerst unklar. Zur Bergung der verschütteten Schneeschuhwanderer standen ein Großaufgebot an Bergrettern, mehrere Suchhunde, Alpinpolizisten, Feuerwehrleute sowie drei Rettungshubschrauber und ein Polizeihubschrauber im Einsatz.

Übersichtskarte Lawine Neukirchen Rettenstein Dürnbachtal

openmtbmap.org - Montage: Gerald Lehner

Übersichtskarte vom letzten Unfall im Dürnbachtal bei Neukirchen - mit dem durch ein Schneebrett getöteten Finnen. Der aktuelle Lawinenunfall mit einem weiteren Toten und sechs Verletzten geschah im Nahbereich der alten Unfallstelle auf der anderen Talseite.

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