Architektur kann nie isoliert betrachtet werden. Architektur prägt im Idealfall das Bild einer Gesellschaft oder spiegelt es zumindest wider. Der Entwurf für das ORF Landesstudio Salzburg entspricht auch deshalb dem Zeitgeist. Das Maison de la Radio France in Paris von Henri Bernard wurde 1963, also neun Jahre vor dem Peichl-Bau in Salzburg, eröffnet – und galt über viele Jahre international als Referenz-Projekt für ein zeitgemäßes Radiohaus.
Büros außen schützen Studios in der Mitte vor Lärm
Die Produktionsräume finden sich im Zentrum des Komplexes am rechten Ufer der Seine, um sie gegen den von außen eindringenden Lärm zu schützen: „Ziel war, ein sehr funktionelles Gebäude errichten“, sagt David Abittan, Architektur-Journalist von Radio France. „Die Kreisform erlaubt es, sehr schnell von A nach B zu kommen. Im Zentrum ist alles zur Radioproduktion und zum Senden – die Studios, der Schnitt. Daher darf man mit den anderen Abteilungen mit den Büros und Redaktionsräumen von den Studios nicht zu weit entfernt sein. Das Zentrum muss verbunden sein mit den anderen Abteilungen.“
50 Jahre Landesstudio: Vorbild in Paris
Beton-Fertigteile 1972 „sicher unüblich“
Eines der wichtigsten verwendeten Materialien im Maison de la Radio France war Beton. Im ORF Landesstudio Salzburg war und ist das nicht anders. Gustav Peichl setzte sogar erstmals vorgefertigte Beton-Elemente ein: „Das war sicher unüblich“, erinnert sich Peter Nigts, Architekt und 1972 Assistent von Gustav Peichl. „Das ist vor allem bei dem Büroteil in Anwendung gekommen, wo die ganze Konstruktion eine Fertigteil-Konstruktion war. Es war für uns sicher eine Basiserfahrung, weil wir vorher so etwas noch nie gemacht haben. Es sind diese Fertigteile auch über die großen Baukörper des Studios gezogen worden.“
Dass man damals ein Stück österreichische Architekturgeschichte gebaut hat, das war allen Beteiligten übrigens bewusst.