ABD0073_20230502 – SALZBURG – …STERREICH: (v.l.) …VP-Vorstand LandesrŠtin Brigitta Pallauf, Daniela Gutschi, LH Wilfried Haslauer, GeneralsekretŠr Wolfgang Mayer, Landesrat Stefan Schnšll anlŠsslich der Sitzung des …VP-LandesprŠsidiums zur Festlegung auf Partner fŸr Koalitionverhandlungen am Dienstag, 2. Mai 2023, in Salzburg. – FOTO: APA/BARBARA GINDL
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Politik

Regierungsbildung: ÖVP verhandelt mit FPÖ

Die ÖVP wird mit der FPÖ über die Bildung der nächsten Landesregierung verhandeln. Das hat Parteichef und Landeshauptmann Wilfried Haslauer Dienstagmittag nach der Sitzung des Parteipräsidiums bekanntgegeben. Die FPÖ zeigte sich erfreut. Die SPÖ wies die Kritik von sich, dass eine Dreierkoalition an ihr gescheitert sei.

Derzeit sei eine tragfähige Regierung mit der SPÖ nicht möglich, sagte Haslauer: „Ich bedauere es, dass wir die Allianz für Salzburg nicht umsetzen konnten.“ Er hatte vergangene Woche eine Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und SPÖ vorgeschlagen – die Sozialdemokraten aber lehnten das Angebot ab. Mit den Grünen gebe es zu viele inhaltliche Differenzen.

Haslauer bleibt Landeshauptmann

Der Beschluss für die FPÖ sei bei der Präsidiumssitzung am Dienstag einstimmig gefallen: „Die Stimmung in der Bevölkerung ist im Wesentlichen, man solle es einmal mit der FPÖ versuchen. Die Freiheitlichen sollen nun zeigen, was sie können“, sagte Haslauer.

ÖVP weiterhin kritisch gegenüber Kickl

Er werde Landeshauptmann bleiben und räumte damit Spekulationen über einen Rücktritt aus. Im Präsidium sei sehr wohl darüber diskutiert worden, welche politische Kultur dadurch legitimiert werde. Haslauer ortete aber eine Chance für die FPÖ, von ihrem bisherigen Rollenverständnis in Salzburg in ein konstruktiveres Verhältnis umzuschwenken.

Seine Vorbehalte gegen Bundesparteichef Herbert Kickl würden allerdings aufrecht bleiben: „Meine Vorbehalte gegen Herrn Kickl bleiben aufrecht, ich lehne diese Art von Tonalität und diese Art von Politik ab. Ich hoffe, dass wir in Salzburg zu einem anderen Klima finden.“ Die ÖVP werde vier Sitze in der Landesregierung übernehmen, die FPÖ drei.

Bei positivem Abschluss: Drittes Land mit Schwarz-Blau

Kommen die Verhandlungen zu einem positiven Abschluss, dürfte Salzburg nach Niederösterreich und Oberösterreich das dritte Bundesland mit einer schwarz-blauen Regierung werden. Für Haslauer gebe es mit der FPÖ aber „wenig inhaltliche Problemzonen“, die aus seiner Sicht nicht lösbar wären. Daher wollte er bereits am Dienstagnachmittag einen Terminplan für die Gespräche mit den Freiheitlichen festlegen.

Die Volkspartei wird neben Haslauer Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, Landesrätin Daniela Gutschi und die beiden Landesräte Stefan Schnöll und Josef Schwaiger in die Verhandlungen mit den Freiheitlichen schicken. Dabei drückt die Zeit, am 14. Juni muss sich der Landtag konstituieren.

Dreierkoalition Dienstagvormittag endgültig geplatzt

Davor war die ursprünglich von Haslauer angestrebte Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und SPÖ endgültig geplatzt. Die SPÖ hatte dem Angebot bereits am Freitag eine Absage erteilt und verdeutlichte ihren Standpunkt in den vergangenen Tagen.

Dennoch dürften die Sozialdemokraten ihre Absage nicht ganz so strikt gesehen haben – SPÖ-Landesparteichef Egger soll Landeshauptmann Haslauer am Montag wegen eines Sondierungsgespräches kontaktiert haben: „David Egger hat gestern in einem Anruf nochmals ein Sondierungsgespräch in den Raum gestellt. Dazu wäre ich noch bereit gewesen, die FPÖ hat aber kein Interesse mehr an einer Dreierkoalition gehabt“, sagte der Landeshauptmann – mehr dazu in: Haslauer: „Dreierkoalition vom Tisch“ (salzburg.ORF.at; 2.5.2023).

Wankelmut der SPÖ stieß Haslauer sauer auf

Der Wankelmut der Sozialdemokraten stieß der ÖVP letztendlich sauer auf: „Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass die Stabilität da ist, die ich mir in der Situation erwarten muss. Weil sonst kann es keine tragfähige Regierung geben“, sagte Haslauer.

Auch ÖVP-SPÖ-Koalition wäre sich ausgegangen

Haslauer hatte drei Optionen zur Bildung einer neuen Regierung: eine Koalition mit der FPÖ, eine Koalition mit der SPÖ und eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen. Rein rechnerisch wäre eine Koalition aus ÖVP und SPÖ möglich gewesen, auch wenn diese Variante mit nur einem Mandat sehr schwach abgesichert gewesen wäre.

Amtliches Endergebnis, Mandatsverteilung
ORF/SORA

FPÖ: „Wählerwille wird akzeptiert“

Dienstagvormittag lehnte die FPÖ eine Dreierkoalition ab, weil man in den vergangenen Tagen als medialer Fußabstreifer behandelt worden sei und die SPÖ kein stabiler Partner sei.

Wenige Stunden später wurden die Freiheitlichen nach der Sitzung des ÖVP-Parteipräsidiums zum Partner der Koalitionsverhandlungen. Naturgemäß erfreut zeigte sich FPÖ-Landesparteichefin Marlene Svazek über die Entscheidung der ÖVP: „Wir sind angetreten, um Verantwortung zu übernehmen. Es freut uns, dass auch die ÖVP eingesehen hat, dass der Wählerwille zu akzeptieren ist.“ Noch am Dienstagabend wird die FPÖ die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen formal beschließen, dann stehe man bereit, „für Salzburg zu arbeiten“.

SPÖ: „Dreierkoalition nicht an uns gescheitert“

SPÖ-Landesparteichef David Egger wies in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Nachmittag die Schuld zurück, dass ein Zustandekommen einer Dreierkoalition an der SPÖ gescheitert sei. Er habe nie gesagt, er sei zu keinen weiteren Gesprächen bereit, sondern nur, dass er aktuell zu keinen Regierungsverhandlungen bereit sei: „Wenn ich Verhandlungen anfange, möchte ich die auch konstruktiv zu Ende bringen. Wenn am Anfang die roten Linien nicht einmal abgecheckt werden, gegenseitig auf den Tisch gelegt werden, in aller Wahrheit und Ehrlichkeit, dann sehe ich da überhaupt kein Licht am Ende des Tunnels. Wenn ich in Regierungsverhandlungen eintrete für die SPÖ, dann möchte ich, dass am Ende des Tages etwas dabei herauskommt.“

Egger will „Oppositionsführer“ sein

„Was da am Tisch gelegen ist, war ein unmoralisches Angebot.“ Er sei nun froh, dass das „House-of-Cards-Spiel“ ein Ende habe. Er werde künftig „Oppositionsführer“ im neuen Salzburger Landtag sein und stehe für eine harte, konstruktive und engagierte Oppositionspolitik.

SPÖ warnt vor Politik des Angstmachens

Egger wollte sich erleichtert geben, die Anspannung und Enttäuschung über die Absage des Koalitionsangebotes aber überwogen sichtlich: „Das heute hat klargemacht, dass sich die ÖVP für einen anderen Weg entschieden hat – für einen schwarz-blauen Weg. Was das Anfang der 2000er Jahre gezeigt hat, wissen wir. Was das 2017 gezeigt hat, wissen wir. Es war der Landeshauptmann selbst, der von der Rhetorik der 20er Jahre gesprochen hat, der von dieser bewussten Spaltung gesprochen hat und der es jetzt bewusst in Kauf nimmt, dass die Politik des Angstmachens auch in Salzburg nun am Chiemseehof einzieht“, warnte Egger.

Roten stehen parat, falls Verhandlungen scheitern

Nachtragend über das nicht Zustandekommens von Schwarz-Blau-Rot zeigte sich die SPÖ am Dienstag nicht – sollten die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ scheitern, stünden die Sozialdemokraten für Gespräche bereit, betonten sie am Tag der Entscheidung.

Kritik von Grünen, NEOS und KPÖ Plus

Nach der Entscheidung, dass die ÖVP mit der FPÖ Koalitionsverhandlungen aufnimmt, hagelte es von den politischen Parteien Kritik. Laut den Grünen gibt es Haslauers Anstand nur auf dem Wahlplakat. NEOS ortete einen Machterhalt der ÖVP, die KPÖ Plus ein politisches Manöver und keine Inhalte.