L’Orfeo Barockorchester bei Aufführung mit Chor und Solistinnen
L’Orfeo Barockorchester
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Kultur

Passionsrarität wird in Salzburg aufgeführt

In Salzburg wird am Dienstag eine Rarität unter den Passionsoratorien aufgeführt: Georg Philipp Telemanns „Das selige Erwägen“. Dabei war das Werk jahrzehntelang beliebter als die Passionen von Johann Sebastian Bach, die heute die Konzertprogramme dominieren.

Die Karwoche ist die Woche der Passionskonzerte: Vor allem die Matthäus- und die Johannespassion von Johann Sebastian Bach sind beim Publikum beliebt und somit viel gespielt – in Salzburg zum Beispiel am Gründonnerstag. Doch das war nicht immer so: Jahrzehntelang lang wurden die Bach-Versionen der Leidensgeschichte Jesu selten aufgeführt. Dafür war das Passionsoratorium „Das selige Erwägen“ von Georg Philipp Telemann ein viel gespieltes Werk.

Diese Passion wurde 1728 erstmals aufgeführt: Telemann schrieb und komponierte das Oratorium für die Kirche eines Arbeitshauses in Hamburg. Doch rasch wurde diese Passion populär – und wurde gut hundert Jahre lang im ganzen deutschen Sprachraum aufgeführt, erzählt Virgil Hartinger, Leiter der Salzburger Bachgesellschaft, der bei der Salzburger Aufführung selbst mitsingt.

Vor allem im 18. Jahrhundert beliebt

Vor allem im 18. Jahrhundert sei Telemanns Passion beliebt gewesen, sagt Hartinger: „Es sind fast für jedes Jahr Aufführungen in Hamburg, Lübeck, Frankfurt usw. belegt. Bachs Oratorien sind hingegen mit seinem Tod (1750, Anm.) verklungen und wurden dann erst durch Mendelssohn wieder ausgegraben“ – in den Jahren rund um 1815. Seitdem sind die Passionen von Johann Sebastian Bach zu den beliebteren Werken geworden.

Telemanns Passionsoratorium entsprach im 19. Jahrhundert nicht mehr dem Zeitgeschmack und geriet in Vergessenheit. Erst in den letzten zehn bis 15 Jahren wurde das Werk von den Barockmusikern im deutschsprachigen Raum wiederentdeckt.

Erste Aufführung in Salzburg seit 20 Jahren

Die Salzburger Bachgesellschaft war bei dieser Wiederbelebung vorne dabei – sie führte das Oratorium vor 20 Jahren zuletzt in Salzburg auf. Jetzt sei wieder eine der seltenen Gelegenheiten, das Telemann-Oratorium bei uns zu hören, sagt Hartinger: „Ich glaube, die Poesie des Barock und die Poesie der Jetztzeit nähern sich auch ein bisschen mehr an. Diese sehr, sehr farbenfrohen und sehr, sehr schlaglichtartigen Beschreibungen (im Text von Telemanns Oratorium – Anm.) sind eigentlich sehr modern. Dem folgt ja auch die Musik. Dementsprechend wird die Musik auch beliebter und moderner.“

Aufgeführt wird das Oratorium vom L’Orfeo Barockorchester unter Leitung von Michi Gaigg Dienstagabend im Großen Saal des Salzburger Mozarteums.