Etwa, wenn Salzburger Historiker und Buchautoren zu Tätern und Opfer forschen und recherchieren. So wie der Publizist Michael J. Mayr, der in Anif lebt und aus Sillian stammt (Tirol). Grenz-Leben heißt das kürzlich erschienene Buch.
Eine Würdigung der vergessenen Opfer des NS-Regimes in der kleinen Osttiroler Gemeinde Sillian, eine Würdigung jener, die Widerstand geleistet hatten. „Einen habe ich entdeckt, der wurde völlig übersehen und dem sagen Zeitzeugen nach, dass er über 100 Juden über die Grüne Grenze in die Freiheit verholfen hat“, sagt Mayr.

NS–Akteur in 1960ern wieder Bürgermeister
Sillian steht – und das liest sich auch aus dem aktuellen Sachbuch – symbolhaft für viele Orte in Österreich. „Es gab auch in meinem Heimatort im Grunde genommen eine Kontinuität.
Der Bürgermeister aus der Nazi-Zeit ist zwar kurz interniert worden nach dem Krieg, kam aber nach zwei Jahren wieder zurück. Und er ist dann auch wieder in die Gemeindepolitik zurückgekehrt – so als wäre nichts gewesen – und war dann in den 1960ern wieder der Bürgermeister“, erzählt der Publizist.

Abwehrhaltung und Verdrängung ungebrochen
Die Resonanz bei der Präsentation in Mayrs Heimatort Sillian war groß – trotz so mancher Bedenken, die im Vorfeld geherrscht hatten. Denn es sei nach wie vor spürbar, dass das ein Tabuthema ist. „Tun wir nicht aufwühlen, lassen wir den Hund begraben, was war, war etc.“, so der Eindruck von Mayr.
Ähnlich sieht das auch ein Historiker an der Universität Salzburg. Andreas Praher forscht seit Jahren zur Geschichte der NS-Zeit, über Täter, Opfer, Mitläufer – auch in emotional aufgeladenen Bereichen wie dem Skisport. „Die Palette reicht von einer gewissen Abwehrhaltung bis hin zum regen Interesse an dem Thema“ sagt Andreas Praher. Denn da geht es auch mal die Rolle von legendären Skisportlern in der NS-Zeit – oder aber auch Ereignisse, die im Vergessenen bleiben sollen.

„Was es schon gibt, ist eine gewisse Überblendung und ein gewisses Verdrängen, der NS-Vergangenheit – besonders wenn es um Tätergeschichten geht“, sagt der Historiker. Was war – und daraus Schlüsse und Konsequenzen ziehen, scheint nicht immer einfach zu sein – siehe dieses Thema:
Debatte um NS-belastete Straßennamen
Denn am Holocaust-Gedenktag sind in der Stadt Salzburg an den Namensschildern aller NS-belasteten Straßen und Plätze Hinweistafeln mit Erklärtexten aufgetaucht. Hinter der Aktion steht der „Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur APC“.
Dieser will mit der Aktion daran erinnern, dass in der Stadt anders als etwa in Graz oder Linz keine einzige Straße, die nach hochrangigen Nationalsozialisten oder Systemprofiteuren benannt worden war, umbenannt wurde. In einer Aussendung fordert der Verein die Stadtpolitik auf, endlich ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen, wie es heißt.