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ORF.at/Georg Hummer
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Soziales

Barrierefreiheit: Schlichtung oft zahnlos

Die Schlichtungsverfahren bei Verstößen gegen die seit 2016 verpflichtende Barrierefreiheit sind oft zahnlos. Denn in der Praxis können sich die Betreiber mit Geldstrafen loskaufen und müssen nichts ändern, kritisiert die Vertretung von Menschen mit Behinderungen.

Öffentliche Gebäude, Lokale, Geschäfte oder zum Beispiel Friseursalons: Sie alle müssen laut Gesetz bereits seit 2016 barrierefrei zugänglich sein. Menschen mit Behinderung – etwa im Rollstuhl – sollen so ohne Einschränkungen einkaufen oder die Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht zur Barrierefreiheit kann ein Betroffener eine Schlichtung beim Sozialministerium verlangen.

Doch in der Praxis seien diese Verfahren oft zahnlos, kritisiert Sonja Stadler vom Verein Knackpunkt in Salzburg, einer Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung: „Wenn ich eine Schlichtung anstrebe und Recht bekomme, dann müsste es nicht nur so sein, dass der irgendeinen Betrag zahlt, auf den ich mich einige, sondern der müsste das bitte ändern, umbauen.“

Streit auch um „Blumentöpfe auf Rampe“

Menschen mit Behinderung hätten es oft mit unnötigen Barrieren zu tun, ergänzt Stadler – wie zum Beispiel Blumentöpfe auf Rampen: „Wir kämpfen wirklich um solche Dinge wie zum Beispiel, wenn ein Geschäftsbetreiber seine Blumentöpfe nicht von einer Rampe weggeben will. Da greifst du dir an den Kopf.“

Die Folge der zahnlosen Verfahren sei, dass viele Menschen mit Behinderung solche Schlichtungen gar nicht mehr starten, ergänzt Stadler: „Da werde ich mir überlegen, ob ich mir die Schlichtung überhaupt antue. Denn unter Umständen brauche ich dafür wieder wertvolle Assistenzstunden, die ich eigentlich nicht habe.“

Persönliche Assistenz sehr knapp bemessen

Persönliche Assistentinnen oder Assistenten helfen Menschen mit Behinderung dabei, ihr Leben selbstständig zu führen. Die Stunden dafür seien aber sehr knapp bemessen, sagt Stadler. Mehr dazu in Mehr Assistenz für Beeinträchtigte gefordert (salzburg.ORF.at; 29.12.2022).

Barrierefreiheit ist Zugang zu allen Lebensbereichen

Für Andrea Anditsch von der Lebenshilfe Salzburg muss der Begriff Barrierefreiheit weit gefasst werden – nämlich als Zugang zu allen Bereichen des Lebens: „Das ist der Zugang zu Bildung, zu Wohnen, zum Gesundheitssystem, zur Freizeit, zur Kunst, auch die Benützung des öffentlichen Verkehrs zum Beispiel. Und ganz wichtig ist auch die einfache Sprache. Denn durch die einfache Sprache profitieren auch Menschen, die keine Behinderung haben – zum Beispiel, wenn Gebrauchsanweisungen in einfacher Sprache sind, sodass es jeder Mensch verstehen kann.“