500-Euro-Geldscheine
APA/Barbara Gindl
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Wirtschaft

Im Kreditgeschäft droht Abwanderung

Wegen der in Österreich verschärften Richtlinien zur Vergabe von Krediten weichen Interessenten zunehmend nach Bayern ab oder können sich gar keinen Kredit mehr leisten. Salzburger Banken beobachten hingegen einen deutlichen Rückgang bei der Nachfrage nach Krediten.

Seit August gelten in den Banken strengere Regeln bei der Vergabe von Krediten. Für Wohnungskäufer und Häuslbauer wird es dadurch deutlich schwieriger, eine Immobilie zu finanzieren. Das spüren auch die heimischen Banken. Sie vergeben seit der neuen Verordnung bis zu 50 Prozent weniger Kredite an Privatkunden.

Es seien vor allem junge Familien, – die klassische Mittelschicht, wie es aus den Banken heißt – die keinen Kredit mehr aufnehmen können. Seit August hat etwa der Raiffeisenverband um ein Drittel weniger Wohnfinanzierungs-Kredite vergeben.

Kreditnachfrage bei der Salzburger Sparkasse halbiert

Die Salzburger Sparkasse verzeichne nur noch halb so viele Anfragen nach Krediten, seitdem die Verordnung gültig ist, sagt der Leiter des Kreditrisiko-Managements in der Sparkasse, Thomas Hauer. „Die Möglichkeiten, einen Kredit zu erhalten, sind eingeschränkt worden. Das trifft vor allem junge Familien, die manchmal trotz hoher Ersparnisse bzw. Eigenmittel einfach keinen Kredit mehr bekommen.“

Nicht alle Salzburger wollen nach den heimischen Kreditregeln spielen – sie fragen vermehrt in bayerischen Banken an. Die Volksbank und die Sparkasse im Berchtesgadener Land bestätigen das Phänomen, sehen aber noch keinen großen Trend.

Warum Kredite in Bayern günstiger sind

Systemrisiken aus Wohnimmobilien sind in ganz Europa ein großes Thema: Österreich sticht hier aber besonders hervor. Die Preise für heimische Immobilien steigen seit Jahren ungebremst – laut Österreichischer Nationalbank liegt das Plus seit 2010 bei 199 Prozent. Von 2007 bis zum dritten Quartal waren es 248 Prozent.

Mit durchschnittlich 4.500 Euro pro Quadratmeter hat sich Österreich 2020 europaweit an der Spitze bewegt – vor Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

Zahl der Kredite wuchs in den vergangenen Jahren stark

Gleichzeitig ist wegen der niedrigen Zinsen in den vergangenen Jahren die Zahl der Kredite bei uns stark gewachsen – in den letzten fünf Jahren um sieben Prozent. Dazu kommt, dass bei mehr als der Hälfte der vergebenen Kredite die Mindeststandards des Gremiums für Finanzmarktstabilität nicht eingehalten wurden.

All das, gepaart mit den im Vergleich nicht so stark gestiegenen Löhnen, hat den Europäischen Rat für Systemrisiken auf den Plan gerufen. Um einer möglichen Immobilienblase vorzubeugen, die Platzen kann, brauche es für Österreich strengere Kreditvergaberichtlinien.

Die gibt es eben seit dem heurigen Sommer – mit den bekannten Auswirkungen: Einige sind bei der Finanzierung des Eigenheims ins benachbarte Bayern ausgewichen, andere warten noch zu.

Bund und Länder wollen Vergaberichtlinien überarbeiten

Das sehe man auch in Salzburg so, sagen heimische Bankmanager. Landes- und und die Bundespolitik haben indes bereits angekündigt, die Verordnung überarbeiten zu wollen – bis wann dies der Fall sein soll, ist aber noch nicht bekannt.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte zuletzt in einem Brief die Finanzmarktaufsicht aufgefordert, Verbesserungsmöglichkeiten bei den Regeln zu prüfen.