Schankautomat in Wirtshaus
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Wirtschaft

Gastronomie: Mehr Technik gegen Personalmangel

Mehr Technik und Automatisierung sollen den Personalmangel in der Gastronomie zumindest teilweise ausgleichen – zum Beispiel durch Schankroboter. Allerdings: In der Branche ist die Skepsis groß. Denn viele Gäste wollen die persönliche Ansprache, sagen Wirtevertreter.

Die Coronavirus-Pandemie hat im Tourismus die Personalsituation stark verändert, weil viele nach monatelanger Kurzarbeit die Branche einfach gewechselt haben. Schon allein deshalb sei die Automatisierung in der Gastronomie nicht aufzuhalten – davon ist Michael Breckner überzeugt, Chef eines Eugendorfer (Flachgau) Unternehmens, das sich schon seit Jahren auf Gastronomietechnik spezialisiert hat.

„Vollintegrierte Schankroboter“ für Bier

Technische Geräte werden Teile der Arbeit übernehmen, sagt Breckner. Die Bestellung mittels Bestellsystemen sei bei der Systemgastronomie (also bei Fast-Food-Ketten, Anm.) bereits im Einsatz. Es gebe aber auch „Roboter, die die Produktion der Getränke wie Bier, Softdrinks, Wein oder Longdrinks übernehmen“.

So installiere sein Unternehmen „gerade in Deutschland einen vollintegrierten Schankroboter, der die Mitarbeiter beim Bierausschank voll unterstützt“, sagt Breckner. „Und auf der diesjährigen Messe ‚Alles für den Gast‘ werden wir erstmals auch das Thema Künstliche Intelligenz bei der telefonischen Bestellung von Speisen und Getränken, aber auch von Tischreservierungen und dergleichen vorstellen.“

Wirt Stefan Anfang mit einem seiner Pager
ORF/Edina Gaisecker
Stefan Anfang setzt in seinem Wirtshaus auf Pager

Selbstbedienung mit Pager für Gäste

Auf Technik setzt auch Stefan Anfang, Wirt bei der Almbachklamm in Marktschellenberg auf der Südseite des Untersbergs. Weil er nach der Pandemie keine vier Servicekräfte mehr bekam, stellte er sein Wirtshaus auf Selbstbedienung um – mit einer Registrierkasse und 20 Tischpagern: „Auf dem Pager steht eine Nummer drauf. Das tippen wir in die Registrierkasse ein. Dann nimmt der Gast den Pager mit, sitzt draußen. Wir kochen in der Küche. Und wenn das Essen fertig ist, drücken wir in der Küche die Nummer – und der Pager vibriert draußen 15 Sekunden lang. In dieser Zeit kommt der Gast und herein und holt das Essen ab.“

Das ganze System habe ihn gut 2.000 Euro gekostet, sagt Stefan Anfang. Er hat vorerst nicht mehr vor, Servicepersonal einzustellen. Eine Lösung für alle Wirte sei das aber nicht, räumt Stefan Anfang ein: „Ich glaube schon, dass bei Gaststätten, die das ganze Jahr offen haben, die Gäste schon ein Service erwarten. Bei einer Ausflugsgaststätte ist der Gast eher bereit, dass er sich das auch selber holt.“

„Hängt von Gästeschicht ab“, wie Technik akzeptiert wird

In der Branche gibt es jedenfalls gehörige Skepsis, wenn es um die Automatisierung geht. Das beobachtet nicht nur der Gastronomietechnikunternehmer Breckner, sondern auch Salzburgs Wirtesprecher Ernst Pühringer. Er habe selbst vor acht Jahren in seinem Wirtshaus mit so einem System experimentiert, sagte Pühringer: „Wir haben in der Raucherecke vor dem Haus draußen ein Tablet aufgelegt, damit sich jeder, der da draußen steht, selber ein Getränk bestellen kann. Das hat aber genau gar nicht funktioniert. Das ist aber acht Jahr her, das kann sich jetzt geändert haben.“

Schankautomat auf Fahrzeug in Messehalle
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Schankroboter sind eine der Möglichkeiten zur Automatisierung

Viele „möchten einfach mit dem Kellner reden“

Ob solche Technik angenommen werde, hänge aber „auf jeden Fall von der Gästeschicht ab“, betont Wirtesprecher Pühringer. Denn zum Beispiel gerade Pensionisten „möchten gerade ins Lokal gehen, möchten sich unterhalten, wollen die Atmosphäre mitnehmen, möchten mit dem Kellner oder einer Mitarbeiterin einfach reden und wollen bedient werden. Die Leute wollen sich leisten, dass sie bedient werden – deshalb gehe ich in ein Wirtshaus.“

Auf der anderen Seite werde der Personalmangel die Gastronomie aber zum Umdenken zwingen, ergänzt Pühringer: „Es wird nichts anderes helfen, weil die Mitarbeiter werden wir nicht mehr kriegen.“ Lokale mit Selbstbedienungssystemen würden es in absehbarer Zeit schwer haben, ergänzt der Wirtesprecher: „Solange wir keine gewisse Breite haben, dass so etwas üblich ist, bist du entweder ein Freak, weil du es ausprobiert hast. Aber ich möchte nicht der Erste sein, der das ausprobiert. Denn ich glaube, dass in diesem Fall die Dienstleistung das Wichtigere ist.“ Und gerade in der hochwertigeren Gastronomie sei Bedienung ein „Muss“, sagt Pühringer.

Personal nicht wegrationalisieren, sondern entlasten

Gastronomietechnikunternehmer Breckner kennt diese Haltung: „Wir haben in Mitteleuropa (Deutschland, Schweiz, Österreich, Norditalien) ja eine Art von Gastronomie mit sehr viel Service und persönlichem Bedienen. Dadurch wird manches schwieriger. Aber prinzipiell ist es möglich, dass man diese Vorgänge zum großen Teil automatisiert.“ Doch auch vor 30 Jahren, als die ersten Bestellterminals für Kellner in der Gastronomie eingeführt worden seien, habe es ebenfalls Ängste der Wirte gegeben, sagte Breckner. Aber mit der praktischen Erfahrung „erkennt man rasch die Vorteile. Preislich sind die Systeme mit wenigen Euros am Tag für fast alle Betriebe leistbar.“

Und mit seiner Technik will der Unternehmer die Kellner auch nicht völlig wegrationalisieren – sondern ihnen im Gegenteil die Arbeit erleichtern: „Für uns ist wichtig, dass weiter der Mensch mit dem Menschen spricht – und über die Technik im Hintergrund unterstützt wird.“ Bestellsysteme in den Lokalen seien während der Pandemie weniger wichtig gewesen: „Aber jetzt setzen sich die Leute mit dem Thema richtig auseinander. Denn alle haben das gleichen Thema – nämlich den Personalmangel.“

Service ein Fall für „gediegene High-End-Lokale“?

Deshalb glaubt auch der Salzburger Wirtesprecher Pühringer, dass sich die Gastronomie in den nächsten Jahren in zwei Arten aufteilen wird: „Entweder jene Lokale, die weitgehendst Selbstbedienung haben – und auf der anderen Seite die Gastronomie, wo man Service und alles, was sich das Herz wünscht, bekommt – und das gediegen, also High-End-Lokale.“ Diese werden dann allerdings ihren Preis haben.