Frau gibt Instantkaffeepulver in Tasse, im Hintergrund Caritassack
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Politik

Bürokratie um Teuerungsausgleich trifft Ärmere

Der 300-Euro-Teuerungsausgleich des Bundes sorgt für erheblichen bürokratischen Aufwand, der vor allem sozial Schwächere trifft. Denn „Aufstocker“, die so wenig verdienen, dass sie Sozialunterstützung brauchen, bekommen die 300 Euro Einmalzahlung zunächst abgezogen.

Der Teuerungsausgleich sorgt wegen der schlechten Abstimmung der Behörden für Doppelüberweisungen und anschließende Rückbuchungen. Das sorgt neben reichlich Arbeit in den Sozialämtern für viel Unmut bei Betroffenen.

Wegen Teuerungsausgleich Sozialunterstützung gekürzt

Eine der Betroffenen ist die Salzurger Mindestpensionistin Diana Sarka: Ihre Pension bezieht sie vom Bund. Weil diese so gering ist, bekommt sie zusätzlich monatlich 85 Euro Sozialunterstützungsgelder, die das Land Salzburg ausbezahlt. Im September bekommt sie zusätzlich 300 Euro Teuerungsausgleich vom Bund. Doch per Bescheid wurde ihr nun mitgeteilt, dass ihr wegen des Teuerungsausgleichs im September die Sozialunterstützung auf null gekürzt wird.

„Ich habe nur im Sozialamt angerufen und gefragt: Wieso zieht ihr mir die 300 Euro ab?“, schildert Sarka. „Da hat’s geheißen: ‚Das wissen wir selbst nicht. Wir haben uns selber gefragt, warum.‘ Auf der einen Seite bekommt man Geld und auf der anderen Seite wird es einem abgezogen.“

Bürokratie rund um Teuerungsausgleich trifft Sozial Schwache

Auch Carmen Bayer von der Armutskonferenz Salzburg kann diese Vorgangsweise rund um den Teuerungsausgleich nicht verstehen: „Es erzeugt natürlich Verwirrung, wenn ich als Sozialunterstützungsbezieherin auf meinem Bescheid sehe: Da wird mir eine Einmalzahlung wegen der Teuerung wieder abgezogen. Das ist im ersten Moment nichts außer verwirrend und demütigend. Und wenn wir jetzt die Gesamtsituation betrachten, ist das natürlich für das Vertrauen in die Demokratie fatal – gerade bei dieser Gruppe, die ohnehin schon viele Probleme hat.“

Verschiedene Stellen zahlen aus, kein zentraler Überblick

Der Grund für die Vorgangsweise ist ein bürokratischer: Denn die 300 Euro Teuerungsausgleich werden von verschiedenen Stellen ausbezahlt. Arbeitslose bekommen sie vom Arbeitsmarktservice (AMS), Mindestpensionisten von der Pensionsversicherung (PVA), Krankengeldempfänger von der Gesundheitskasse ÖGK und Sozialunterstützungsempfänger vom Land Salzburg. Eine zentrale Anlaufstelle, die dabei den Überblick hat, gibt es nicht.

Und da die Behörden keine Daten austauschen, sind Doppelzahlungen zu erwarten – und zwar gerade bei sogenannten „Aufstockern“: Das sind Arbeitslose oder Mindestpensionistinnen wie Diana Sarka, die wegen ihrer geringen Pension zusätzlich 85 Euro Sozialunterstützung im Monat bekommt. Weil Sarka die Leistung aber nur einmal zusteht, werden ihr die 85 Euro Sozialunterstützung drei Monate lang gekürzt.

Schellhorn: „Jeder bekommt gleich viel“

Das gehe leider nicht anders, bedauert der zuständige Landessozialreferent Heinrich Schellhorn (Grüne): „Das klingt kompliziert. Aber schlussendlich bekommt jeder und jede gleich viel – nämlich diese 300 Euro vom Bund. Anders wäre es noch komplizierter gewesen. So geht es schnell, aber für Sozialunterstützungsbezieher ist es ein bisschen kompliziert, weil’s zunächst als Einkommen angerechnet wird – und dann bekommen sie aber trotzdem diese 300 Euro direkt ausbezahlt.“

Fast die Hälfte der Sozialhilfeempfänger betroffen

Von den rund 3.500 Sozialhilfeempfängern in Salzburg sind rund 1.500 „Aufstocker“ wie Diana Sarka und somit betroffen. Dass es für sie keine bessere Lösung gibt, das sorgt für Kritik vom kommunistischen Gemeinderat Kay-Michael Dankl.

„Die Einmalzahlungen produzieren einen riesigen Bürokratiedschungel, wo man sich als Bürger nicht mehr auskennt – und die Ämter zum Teil auch nicht mehr“, sagt Dankl. „Sinnvoller wäre es, statt mit einem gewaltigen Verwaltungsaufwand für einen kurzzeitigen Effekt dauerhaft zu schauen, dass die Leute das nötige Einkommen haben, um die Miete, den Strom, den täglichen Einkauf zu bezahlen. Das hat die Bundesregierung bei den Politikergehältern geschafft, bei der Parteienförderung geschafft. Da muss man schauen, dass Menschen, die ohnehin schon mit wenig Geld durch den Monat kommen, jetzt nicht untergehen.“

Warten auf Rückzahlung

Zurück bleiben viele Geldempfänger, die wegen der unerwarteten Kürzung der Sozialunterstützung in den Beratungsstellen landen. Menschen mit geringen Einkommen wie Diana Sarka brauchen somit also vor allem Geduld: Sie warte derzeit zum Beispiel noch auf die Rückzahlung des ersten Teuerungsausgleich von 150 Euro, der ihr im Frühjahr von der Sozialunterstützung abgezogen wurde, schildert die Salzburgerin.