Der Bach mit den natürlichen „Pools“ oberhalb des Königssees ist schon lange ein beliebtes Ausflugsziel. Durch die sozialen Netzwerke allerdings ist die Anziehung dieses Ortes noch einmal ordentlich gewachsen. Mehrere Schilder machen zwar die Besucher im Nationalpark Berchtesgaden darauf aufmerksam, dass der Wasserfall nicht betreten werden darf.
„Leute kommen und wollen dieses Foto machen“
Allerdings setzen sich viele darüber hinweg, wie aktuelle Postings in sozialen Netzwerken beweisen: Fotos aus den Gumpen werden munter weiter ins Netz gestellt. Jene, die dabei erwischt werden, erhalten eine Anzeige: 200 Euro werden in Rechnung gestellt.
„Es kommen sehr viele Leute von weiter her“, sagt Nationalparkranger Klaus Melde. „Aus Holland, England, Frankreich, Italien oder der Tschechischen Republik. Die sagen einfach: Wir haben so eine lange Anfahrt gehabt, wir lassen uns da nicht abschrecken. Wir wollen dieses Foto machen, das ja nach wie vor überall in den sozialen Medien herumgeistert. Und die lassen sich auch von diesen Warnschildern und Stoppschildern nicht abschrecken, wo draufsteht, dass das etwas kostet. Die wollen das Bild haben und ignorieren alles andere außen herum.“
Vegetation wird niedergetrampelt
Bis mindestens 2026 bleibt das Gebiet gesperrt, zu groß ist das Sicherheitsrisiko durch die Selfie-Jäger, zu groß auch der Schaden an der Vegetation, die teilweise völlig niedergetrampelt wurde.
„Die Sperre ist eigentlich der letzte Schritt gewesen. Denn alles andere, was wir versucht haben – mit Schildern zu arbeiten usw. –, hat nichts gebracht. Die Leute ignorieren das. Wir haben auf YouTube einen, der diesen Weg zum Wasserfall genau beschreibt. Und der stellt sich vor das Schild hin, ‚Achtung Lebensgefahr‘, und sagt dann ganz klar: ‚Jaja, da steht zwar ›Achtung Lebensgefahr‹, aber das braucht ihr nicht zu beachten. Das ist gar nicht so gefährlich. Da könnt ihr auf alle Fälle weitergehen.‘ Und die Leute schauen so etwas an, und dann machen sie es nach. Warum sollen sie denn noch überlegen, wenn der sagt: Da kann man ja leicht gehen.“
Naturschutz vs. soziale Netzwerke: Verbot wird ignoriert
Durch die sozialen Netzwerke werden häufig auch jene angezogen, die sich länger am Königsee aufhalten wollen und dort campen, obwohl auch das im Nationalparkgelände verboten ist. Zurück bleibt dann oft Müll, wie die Nationalparkverwaltung beobachtet.
Ideen für neue Touren: GPS-Track statt genauer Planung
Soziale Netzwerke können andere Wanderer auch zu neuen Touren inspirieren. Das berge eine zusätzliche Gefahr, beobachtet Bernd Tritscher, Bezirksleiter der Bergrettung im Pinzgau. Denn eine Auseinandersetzung mit Weg und Ziel oder eine Tourenplanung finde oft nicht statt: „Die Leute wollen wo hin, laden sich irgendeinen GPS-Track herunter, haben aber keine Ahnung, wo sie sich überhaupt bewegen“, schildert Tritscher. „Und Sachen, die in sozialen Medien gepostet werden, sind immer die subjektive Meinung von einzelnen. Ich sollte mich schon damit befassen: Ist das jetzt mein Level?“
Nicht außer Acht gelassen werden sollte außerdem auch, dass das Fotografieren und anschließende Posten von Fotos oftmals viel Akku benötigt. Das Handy zähle beim Berggehen aber zur Notfallausrüstung. Der Akku sollte daher bei Touren mindestens halb voll bleiben, mahnt die Bergrettung.