Möglich ist die Bewirtschaftung, weil Freiwillige des Alpenvereins den Bauern beim Freischneiden der zugewachsenen Almfläche unterstützen. Sie sind gerade wieder vier Tage im Arbeitseinsatz.
Großgmainer Jungbauer wieder aktiv
Von den vier Landwirten, die die Alm ursprünglich bewirtschaftet haben – daher der Name – hatten alle im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ihre Almgründe und Rechte verkauft. Einzig die Familie von Sebastian Feldbacher aus Großgmain behielt Nutzungsrechte. 1958 ließen die Großeltern des heute 31-Jährigen die Alm aber auf. Hütte und Stall verfielen, die Weideflächen wucherten mit Latschen zu. „2018 hatte ich einen schweren Arbeitsunfall und bin einige Zeit im Rollstuhl gesessen“, sagt der Nebenerwerbslandwirt. „Da hab ich es schätzen gelernt, wieder auf den Berg gehen zu können.“ Dabei besann er sich der alten Alm und beschloss, sie wiederzubeleben.
AV-Ehrenamtler schneiden Büsche, Sträucher
Unterstützung kommt vom Salzburger Alpenverein. Nach 2020 und 2021 werden auch diese Woche noch bis Sonntag 20 Helfer im Zuge einer „Almpartnerschaft“ die Flächen schwenden – also Gebüsch und Sträucher zurückschneiden. Mit Motorsägen schlagen sie breite Schneisen in das Latschendickicht und schlichten die abgeschnittenen Äste auf große Haufen. Eigentlich soll das angefallene Material abgebrannt werden, aufgrund der Trockenheit ist das Risiko einen Waldbrandes derzeit aber zu hoch.
Bevor die ersten Rinder auf die Alm zurückkehrten, mussten zunächst der steile und schmale Zustiegsweg rindertauglich gemacht und ein Teil der Alm mit Stacheldraht umzäunt werden. „Bis letztes Jahr wurden 1.400 ehrenamtliche Stunden geleistet“, bilanziert Feldbacher. Sein Weiderecht umfasst rund 85 Hektar, 45 Hektar seien momentan eingezäunt. „Aber nur gut acht Hektar gelten als wirkliche Almfläche.“
Leistungssportlerin hilft mit
Viele Helfer haben sich für die Arbeit freigenommen. „Mit gefällt die Idee. Alleine kann das der junge Bauer nicht schaffen. Jede Hand bringt was“, sagt etwa Wolfgang Weitgasser, Pensionist aus dem Salzburger Flachgau. Andere schätzen die Arbeit im Freien – so wie die österreichische Ruderin Tabea Minichmayr, die am Donnerstag eine Trainingspause fürs Mithelfen nutzte.
„Die Tiere nehmen die neuen Flächen sofort an“, erklärt Gudrun Wallentin, Ökologin und Geoinformatikerin an der Universität Salzburg. Die Uni begleite das Almprojekt wissenschaftlich. „Wir schauen uns an, wie so eine Renaturierung einer Alm funktioniert. Unsere Hypothese ist, dass die Biodiversität wächst.“ Latschen seien Monokulturen, sie verrotten schlecht, der Boden unter ihnen versauere. „Typische Alm- und Heil-Kräuter, also das gute Gras für die Rinder, wächst dann nicht mehr.“ Zugleich werde erforscht, wo sich die Tiere wann und warum aufhalten – beeinflusst von Faktoren wie Landschaft, Wetter, Vegetation, Saison, Tageszeit oder Niederschlag.
Großgrundbesitzer zufrieden
Der Grundbesitzer, die österreichische Seite des Untersbergs gehört dem Unternehmer und Landesjägermeister Maximilian Mayr-Melnhof, sieht die Wiederbelebung der Alm „hoch positiv“, wie er sagt. „Der Untersberg hatte einmal fast 600 Hektar Almen. Davon ist kaum was übrig geblieben.“ Von den freien Flächen würden auch die Wildtiere profitieren. „Raufußhühner wie der Auerhahn brauchen Platz für die Balz.“ Und im Frühherbst, wenn die Rinder wieder im Tal sind, wachse noch einmal ein wenig frisches Gras nach. „Das ist für das Rotwild optimal, weil es viel fressen und Fettreserven anlegen muss, um über den Winter zu kommen.“ Mayr-Melnhof betreibt auf der Vierkaseralm auch eine Fläche für Naturbestattungen, wo die Asche Verstorbener in Urnen im Boden eingegraben wird. Die Kunden störe die Wiederbelebung der Alm nicht. „Auch das Wild frisst ja manchmal auf den Gräbern.“
Keine Milchwirtschaft, Alm zu abgelegen
Schafen oder Ziege gibt es auf der Alm übrigens nicht, weil diese als „unreines Getier“ in der Urkunde stehen würden, so Feldbacher. Auch Milchwirtschaft ist kein Thema. Es gibt weder eine Hütte zum Milchverarbeiten, noch eine Zufahrtsstraße. Der Anstieg vom Tal dauert zwei bis drei Stunden, von der nächstgelegenen Forststraße immer noch eine Stunde. „Ich könnte die Milch gar nicht verbringen.“
Fleisch zur Selbstvermarktung
Darum sind bis auf eine Mutterkuh mit einem Stierkalb nur Jungrinder und Ochsen auf der Alm. Einen Hirten gibt es nicht. Dank GPS-Sender weiß der Bauer aber immer, wo seine Rinder sind. Er würde das Fleisch der Tiere in Zukunft gerne direkt vermarkten. „Meine Rinder gehen von Geburt an alles zu Fuß. Das sorgt nicht nur für weniger Tierleid, sondern auch für stressfreies Fleisch.“
Wie lange die Saison am Berg heuer dauert, weiß Feldbacher nicht. Eigentlich sollten die Tiere bis Mitte September auf der Alm bleiben. Doch der wenige Regen sorgt auch am Untersberg dafür, dass kaum noch Vegetation nachwächst.