Prozess gegen 52-Jährigen
APA/FRANZ NEUMAYR
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Gericht

Geständnis: Zwei Frauen erschossen

Mit einem Geständnis hat in Salzburg der Prozess gegen einen Detektiv begonnen. Er habe in Wals-Siezenheim (Flachgau) seine Ex-Freundin und deren Mutter erschossen, könne sich die Tat aber nicht erklären, so der 52-Jährige am Dienstag. „Es war eine emotionale Belastung, ich hab einen Realitätsverlust erlitten und meine Waffe gezogen.“

Eine „Hinrichtung“ nennt Staatsanwältin Elena Haslinger die Schüsse aus nächster Nähe in die Köpfe der beiden Opfer. Das sei keine plötzliche Überreaktion, sondern sehr wohl geplant gewesen, ergänzt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Marcus Neher. Erstens habe der Angeklagte eine Pistole und zwei Reservemagazine zur Verfügung gehabt. „Zweitens ist es eine Abrechnung des Angeklagten mit dem Opfer gewesen, weil er mit der Zurückweisung nicht zurecht gekommen ist“, so Neher.

Verteidiger Andreas Schweitzer sieht den Fall anders: „Es ist für mich allgemein begreiflich, wenn man eine Frau liebt, mit ihr zusammen sein will, und die Familie tut alles dagegen, was nur geht. Dann macht es ‚Peng‘ eines Tages. Das entschuldigt aber nicht die Tat, das ist ganz klar.“ Bewaffnet sei sein Mandant gewesen, weil er direkt aus der Arbeit als Detektiv zu den beiden Frauen gekommen sei. Auslöser der Tat sei gewesen, dass die Familie ihn stets als Verlierer, Schmarotzer und Nichtskönner bezeichnet habe.

Schwere Vorwürfe des Opferanwalts

Der Angeklagte habe sich in diese Familie einschleichen wollen, sagt dazu der Anwalt der Hinterbliebenen, Stefan Rieder und verweist auf eine Art Stalking: „Das nennt man Love Bombing. Man überschüttet dabei den anderen mit Superlativen und Geschenken, und zwar schon am Anfang und nicht erst nach Jahren. Man macht sofort einen Heiratsantrag. Es entsteht eine emotionale Abhängigkeit. Deshalb hat sich das Opfer ganz schwer aus der Beziehung lösen können. Das hat mit ehrlichen Gefühlen nichts zu tun. Es ist Macht und Machtmissbrauch“, sagt Rieder. Er habe jedenfalls keine Erklärung, warum er seine Liebe erschossen habe, sagte der beschuldigte Detektiv am Dienstagvormittag vor Gericht.

Tatnacht mit langer traumatischer Vorgeschichte

Der Salzburger war laut Anklage um 22.30 Uhr zu dem Einfamilienhaus gefahren, in dem die 50-Jährige wohnte. Zunächst soll es zu einem verbalen Streit mit der Mutter gekommen sein, die wie der Bruder der 50-Jährigen offenbar gegen die Beziehung der beiden war. Die Mutter habe ihn massiv beleidigt, ihn auch als Hausdieb bezeichnet, und versucht, ihn aus dem Haus zu boxen. Da habe er seine Waffe gezogen, sagte der Beschuldigte am Dienstag. Aus kurzer Distanz gab er laut Anklage elf Schüsse aus seiner Glock-Pistole Kaliber 7,65 mm ab, die er legal besessen hatte.

Drei Schüsse trafen die Mutter in den Kopf und sieben die Tochter in den Oberkörper. Ein Schuss ging ins Leere. Der Angeklagte habe die Waffe sogar nachgeladen, weil es dann aber zu einer Ladehemmung gekommen sei, habe er keine weiteren Schüsse mehr abgeben können, erklärte Staatsanwältin Haslinger. Als die 50-Jährige bereits am Boden gelegen sei, habe ihr der Mann noch mitten ins Gesicht geschossen.

Staatsanwaltschaft spricht von beispiellosem Verbrechen

Die Staatsanwältin sprach von einer Hinrichtung, einer geplanten Abrechnung und einem „beispiellosen Verbrechen“. Der Angeklagte sei schwer bewaffnet zu dem Haus gefahren, mit einer voll beladenen Schusswaffe und zwei zusätzlichen Magazinen aus dem Auto gestiegen, er habe auf sie gewartet und schließlich die Schüsse abgegeben.

Die beiden Frauen verbluteten. Bereits vor der Polizei fand der bisher unbescholtene Salzburger und Vater von zwei Kindern keine Erklärung für die Tat. Er beteuerte, die 50-Jährige „abgöttisch“ geliebt zu haben. Verteidiger Schweitzer meinte, „es war eine emotionale Explosion, die zu dieser wahnsinnigen Tat geführt hat“. Es habe sich nicht um einen geplanten Mord oder eine Hinrichtung gehandelt, sondern „um eine Art Overkill“.

Aufgestaute Emotionen und Beschimpfungen

Die Emotionen hätten sich bei dem Angeklagten aufgrund des Konfliktes mit der Mutter und dem Bruder der 50-Jährigen aufgestaut, sagte der Verteidiger. Sein Mandant sei immer wieder mit diskreditierenden Aussagen konfrontiert worden. „Er wurde als Sozialschmarotzer, als Nichtsnutz bezeichnet“, der nur auf das Vermögen und das Haus der 50-Jährigen aus gewesen sei, mit der er seit November 2020 eine Beziehung geführt habe. Da aber Mutter und Bruder dagegen gewesen seien, hätten sich die beiden zuletzt nur mehr heimlich getroffen. Der Angeklagte selbst schilderte dem vorsitzenden Richter Philipp Grosser von Treffen auf Parkplätzen vor Einkaufszentren und Supermärkten und auch von nächtlichen Zusammenkünften im Haus des späteren Opfers. „Sie hat mir die Terrassentüre offengelassen.“

Vor Gericht entschuldigte sich der Angeklagte bei der Familie des Opfers für die Tat. „Das Ganze tut mir immens leid. Ja, ich habe geschossen. Ich war in der Situation total neben mir, ich habe mich neben meinem Körper gefühlt.“ Danach flüchtete der Salzburger mit seinem Wagen. Er wurde am 6. Mai um 4.30 Uhr in Abersee am Wolfgangsee (Flachgau) festgenommen, nachdem er einer Ex-Lebensgefährtin am Handy die Tat gestanden, sich der Cobra gestellt und zuvor Suizid angekündigt hatte.

Cobra stellt mehr als hundert Schuss Munition sicher

Die Beamten stellten bei ihm zwei geladene Schusswaffen und 106 Patronen sicher, die er legal besessen hatte. Wegen der in einem Gerichtsgutachten attestierten Gefährlichkeit und Persönlichkeitsstörung des Mannes beantragte die Staatsanwaltschaft eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme, aber zurechnungsfähige Rechtsbrecher.

Die Konflikte zwischen dem Bruder der getöteten 50-Jährigen, der Mutter und dem Angeklagten hat auch die Staatsanwältin bei dem Prozess thematisiert. „Die Animositäten haben sich stetig gesteigert.“ Der Beschuldigte soll die Frau auch gestalkt haben. Am Tag der Bluttat habe er ihr drei E-Mails geschickt haben, die unbeantwortet geblieben sind. Schließlich wartete er am Abend solange, bis sie vom gegenüberliegenden Haus der Mutter in ihr eigenes Haus zurückkehrte. Zuvor trank er bei einem nahe gelegenen See noch fünf bis sechs Dosen Bier.

Opfer wollte Beziehung laut Polizei ruhen lassen

Beim Wiedersehen mit seiner Freundin „hat sie sich gefreut, mich zu sehen. Wir haben uns im Vorhaus umarmt und geküsst“, sagte der Angeklagte zum Richter. Plötzlich sei die Eingangstüre aufgeflogen und die Mutter hereingekommen, die ihn wüst beschimpft habe. „Ich habe keine Erklärung, warum ich auf meine Liebe geschossen habe“, betonte der Salzburger erneut.

Die Auseinandersetzungen mit der Familie der 50-Jährigen und dem Angeklagten, der zuletzt als Sicherheitsfachkraft in Tirol tätig war, samt den gegenseitigen Schuldzuweisungen sind auch aktenkundig. Bei einem klärenden Gespräch der Beteiligten vor der Polizei soll die Frau gesagt haben, dass sie die Beziehung mit dem Salzburger ruhen lassen wolle. Den Behörden zufolge habe sich der Mann damit einverstanden gezeigt und erklärt, er werde sich von der Frau und ihrem Bruder fernhalten. Alle Gesprächsbeteiligten sollen erklärt haben, von einer (weiteren) Anzeige Abstand zu nehmen.

Prozess wird bis Donnerstag fortgesetzt

Der Verteidiger, der auch Berufsdetektiv und Präsident des Österreichischen Detektivverbandes ist, merkte noch an, dass der Bruder versucht haben solle, seinen Mandanten nicht nur bei der Schwester, sondern auch bei anderen Personen schlecht zu machen.

Der Prozess in Salzburg soll am Mittwoch und Donnerstag fortgesetzt werden.

Geständnis zum Prozessauftakt: Zwei Frauen erschossen