Landesgericht Salzburg Justizgebäude
ORF.at/Georg Hummer
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Chronik

Autolenker vor Gericht: Mordversuch durch Unfall?

Ein ungewöhnlicher Prozess beschäftigt Mittwoch das Salzburger Landesgericht. Einem Autolenker wird dreifacher Mordversuch vorgeworfen. Der 29-jährige Türke soll in selbstmörderischer Absicht in den Gegenverkehr gefahren sein. Ein Urteil wird frühestens im September erwartet.

Es sei ein „normaler Unfall“ gewesen, kein Selbstmordversuch, und er habe den Tod entgegenkommender Autolenker nicht in Kauf genommen. Das beteuerte jener Türke am Mittwoch vor dem Landesgericht, der wegen dreifachen Mordversuches angeklagt ist.

Selbstmord telefonisch angekündigt?

Er ist – folgt man den Angaben der Staatsanwaltschaft – absichtlich in den Gegenverkehr auf der Lamprechtshausener Bundesstraße gefahren. Die ganze Anklage steht und fällt mit der Aussage der Ex-Freundin des Türken. Die Frau sagt, ein Streittelefonat zwischen dem Angeklagten und seinen Eltern mitgehört zu haben. Dabei habe der Mann einen Selbstmord mit dem Auto und das Fahren in den Gegenverkehr angekündigt.

Das bestritt der 29-Jährige am Mittwoch vor Gericht. Er liebe seine Eltern und würde ihnen niemals seinen Selbstmord antun, sagte er. Es sei ein „normaler Unfall“ aus Unachtsamkeit und unter Whiskey- und Kokain-Einfluss gewesen, sagt Verteidiger Kurt Jelinek. Noch dazu habe die Staatsanwaltschaft diesen Unfall schon einmal als geringeres Delikt angeklagt- als fahrlässige Körperverletzung.

Verteidiger kritisiert verschärfte Anklage

Und nun auf einmal habe es eine Verschärfung auf dreifach versuchten Mord gegeben, kritisiert der Anwalt: „Das ist das Einzige, was sich geändert hat: Mehrere Monate später hat die Ex-Lebensgefährtin meinen Mandanten belastet – nach einem großen Streit, und nachdem 30.000 Euro verschwunden waren. Es gibt eine widersprüchliche Aussage der Ex-Lebensgefährtin.“ Und diese sei sehr unglaubwürdig, so Jelinek.

Unfall oder Mord
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Der Angeklagte war nach dem Unfall für die Justiz längere Zeit nicht auffindbar

Opfer-Anwalt sieht Sachlage ganz anders

Völlig anders sieht das Stefan Rieder, Anwalt eines der Autolenker, die im Gegenverkehr von dem Türken gerammt wurden: „Ungefähr 50 Meter vor meinem Mandanten hat das gegnerische Fahrzeug dann auf die Gegenfahrbahn verrissen und ist ungebremst und reaktionslos in ihn hineingefahren. Aus meiner Sicht sieht das nicht wie ein normaler Verkehrsunfall aus.“

Ex-Freundin erschien nicht als Zeugin

Jedenfalls kam diese Ex-Freundin, die die Selbstmordankündigung mitgehört haben soll und auf deren Aussagen die Anklage beruht, – aus unbekannten Gründen – bisher nicht zum Prozess. Dadurch wird wahrscheinlich noch kein Urteil gesprochen.

Was bisher geschah

Der Mann fuhr laut Ermittlern mit seinem stark motorisierten Geländewagen auf der Lamprechtshausener Bundesstraße in zwei entgegenkommende Autos – im Alkohol- und Kokainrausch. Dadurch wurden drei Personen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der Verdächtige selbst kam mit leichten Blessuren davon. Das war vor drei Jahren. Der Mann war dann für die Justiz längere Zeit nicht auffindbar. Nun tauchte er wieder auf.

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Archivfotos vom Unfallgeschehen auf der Lamprechtshausener Bundesstraße
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Extra Tempolimit eingeführt

Zuerst ging die Staatsanwaltschaft von einem unabsichtlichen Unfall aus. Die Lamprechtshausener Bundesstraße ist laut Experten eine gefährliche Strecke. Deswegen hat das Land Salzburg kürzlich die Reduktion des Tempolimits von 100 auf 80 Stundenkilometer und eine Section-Control-Geschwindigkeitsmessung angekündigt.

Mindestens zehn Jahre Haft möglich

Sollten die Geschworenen eine mutmaßliche Selbstmord-Absicht inklusive des dreifachen Mordversuches am Mittwoch bestätigen, dann droht dem Verdächtigen eine Haftstrafe von mindestens zehn Jahren. Ein Prozess-Urteil wird frühestens im September erwartet, da laut Landesgericht noch wichtige Zeugenaussagen ausstehend sind.

Autolenker vor Gericht: Mordversuch durch Unfall?

Ein ungewöhnlicher Prozess beschäftigt Mittwoch das Salzburger Landesgericht. Einem Autolenker wird dreifacher Mordversuch vorgeworfen. Der 29-jährige Türke soll in selbstmörderischer Absicht in den Gegenverkehr gefahren sein. Dabei nahm er laut Anklage den Tod anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf.