Menschen in kurdischem Auffanglager in Syrien
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Salzburgerin mit Kindern noch in syrischem Lager

Die zwei Kinder, die im Juni aus einem syrischen Anhaltelager nach Österreich geholt wurden, sind nicht jene der Tennengauerin Maria G. Die Frau befinde sich mit ihren Kindern noch immer im Lager in Syrien und werde immer verzweifelter, sagte ihre Anwältin dem Ö1-Mittagsjournal.

Insgesamt holte Österreich bisher vier Kinder von IS-Kämpfern oder -Anhängerinnen aus Anhaltelagern in Syrien heim. Laut Außenministerium dürften derzeit knapp zehn österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in zwei kurdischen Anhaltelagern leben.

Anfang Juni wurden zwei Kinder nach Österreich geholt. Mehr gibt das Ministerium nicht bekannt. Aber aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen ist zu hören, dass der Vater österreichischer Staatsbürger war, aber in Syrien ums Leben gekommen sein dürfte. Die Mutter ist zwar keine Österreicherin, aber vermutlich wurde durch DNA-Tests über Verwandte in Österreich festgestellt, dass die Kinder Österreicher sind, und offenbar stimmte die Mutter der Trennung von den Kindern zu.

Maria G. „wird immer verzweifelter“

Was für die österreichischen Verwandten oder Großeltern in diesem einen Fall erfreulich ist, bedeutet eine Enttäuschung für vermutlich vier andere Österreicherinnen, die mit Kindern nach wie vor in Lagern in Syrien festsitzen – darunter Maria G. aus dem Tennengau. Die Anwältin der Familie, Doris Hawelka, sagt: „Maria wird nachvollziehbarerweise immer verzweifelter, weil sie natürlich auch vor Ort mitbekommt und das auch immer der Familie am Telefon erzählt, dass nahezu alle EU-Staaten ihre Staatsbürger zurückholen. Die Familie ist ratlos und fragt sich, warum nicht auch die Rückholung von Maria und ihren Kindern umgesetzt wird. Die jetzige Rückholung zeigt ja, dass es möglich ist.“

Zuletzt habe Belgien Kinder und Mütter heimgeholt. Aus Frankreich wurde am Dienstag bekannt, dass 35 Kinder und 16 Mütter aus Syrien geholt wurden. Gegen einige gibt es freilich einen Haftbefehl. Maria G. konvertierte als 17-Jährige zum Islam und schloss sich ein halbes Jahr später dem Islamischen Staat (IS) an. Ihre Eltern bemühten sich um ihre Rückholung, doch das Außenministerium sprach von sehr eingeschränkten Möglichkeiten in der Region.

Anwältin sieht Ungleichbehandlung

In Österreich gebe es bezüglich der Heimholung eine menschenrechtlich problematische Ungleichbehandlung, sagt die Anwältin – konkret, „dass eine Rückholung der Kinder ohne der noch lebenden Mutter nicht dem Kindeswohl entsprechen kann, weil auch die Kinder ein Recht auf ihre Mutter haben“.

Das Außenministerium argumentiert umgekehrt: Die Wahrung des Kindeswohls habe oberste Priorität. Daher würden gegen den Willen der Mütter die Kinder nicht von ihnen getrennt – und müssten in Syrien bleiben. Jede Rückholung unterliege einer Einzelfallprüfung. Dabei geht es laut Ministerium einerseits um die Schutzwürdigkeit, andererseits aber auch um die mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und die Gefahr für Beamte bei der Rückholung. Im konkreten Fall sei ein erster Rückholversuch gescheitert.

Mögliche türkische Invasion bringt Gefahren

Unterdessen droht die Türkei mit einer Invasion in die Kurdengebiete. Laut dem Nahost-Experten Thomas Schmidinger droht dann eine unkontrollierte Freilassung. „Es könnten natürlich bei solchen Kampfhandlungen Kinder ums Leben kommen. Auf jeden Fall ist dann keine geordnete Rückführung mehr möglich.“ Das könnte speziell das nahe der türkischen Grenze gelegene Lager al-Roj betreffen, wo mehrere Österreicherinnen mit Kindern leben.