Stephan Lessenich, Soziologie-Professor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit
Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit
Soziales

Kritik: „Reiche leben auf Kosten Ärmerer“

Das reichste Fünftel der Menschen lebe auf Kosten der restlichen Menschheit. Das hat der deutsche Soziologe Stephan Lessenich bei der jüngst im Bildungshaus St.Virgil abgehaltenen Armutskonferenz kritisiert. Als Folge davon könnten bald soziale Unruhen drohen, warnte der Experte.

Die Frage, was und wer reich ist, lasse sich statistisch zwar nicht so einfach abgrenzen – Tatsache sei aber, dass Reiche beispielsweise x-fach mehr Umweltressourcen verbrauchen würden als Ärmere. Als Beispiel nannte Lessenich, dass Reiche mehr fliegen würden als Ärmere.

Nicht nur materiell, sondern auch symbolisch betrachtet, würden Reiche auf Kosten von Ärmerer leben, kritisierte Lessenich, der als Soziologie-Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main (Deutschland) lehrt, bei der Armutskonferenz in Salzburg. „Das reichste Fünftel der Menschheit lebt letztlich davon, dass Andere Arbeiten erledigen, von denen sie selbst profitieren“, sagte Lessenich.

„Auch für den Professor muss jemand das Klo putzen“

Zu diesem Fünftel der Profiteure gehöre er natürlich auch selber, räumte der Wissenschafter ein. „Wenn ich an der Universität bin, um wissenschaftlich zu arbeiten, muss trotzdem nebenan das Klo geputzt werden, das ich benütze.“

„In meiner wissenschaftlichen ‚Kopftätigkeit‘ lebe ich von der Handarbeit von Menschen, die schlechte Arbeitsbedingungen haben, sehr schlecht bezahlt werden, oft Migrations-Hintergrund haben, und deren Arbeitsbedingungen in den vergangenen Jahren tendenziell sogar noch schlechter geworden sind“, sagte Lessenich.

„Höherer Mindestlohn gut, aber allein nicht ausreichend“

Die in Deutschland gerade beschlossene Erhöhung des Mindest-Stundenlohns von derzeit neun Euro 80 auf künftig zwölf Euro sieht Lessenich differenziert. „Allen Menschen einen bestimmten Lohn zukommen zu lassen, wird als alleinige Maßnahme nicht ausreichen, wenn nicht auch die Art und Weise verändert, wie dieser Wert produziert wird“, betonte der Soziologe.

Wenn Menschen, die solche Arbeiten durchführen, nicht auch mehr Anerkennung entgegengebracht werde, seien soziale Unruhen irgendwann unausweichlich – und die könnten dann auch richtig heftig werden, warnte Soziologieprofessor Stephan Lessenich.