Am Samstagvormittag wurde ein paar Stunden lang eine Villa in St. Gilgen-Burgau besetzt (mehr dazu in salzburg.ORF.at, 21.05.2022). Eine Woche zuvor drangen mehrere schwarz gekleidete Personen in ein Haus im Salzburger Andräviertel ein. Das Gebäude in der Landeshauptstadt steht seit längerem leer, seit rund einem Jahr gehört es Ex-Skistar Marcel Hirscher (mehr dazu in salzburg.ORF.at, 14.05.2022).
„Je provokativer, desto eher in den Medien“
Unter dem Namen „riseup“ schrieben die Aktivistinnen und Aktivisten E-Mails, um auf ihren Protest aufmerksam zu machen. Auch auf mehrfache ORF-Anfrage gaben die Verantwortlichen keine weitere Stellungnahme ab. Laut ihren E-Mails geht es bei den Protesten um unleistbares Wohnen und Leerstände.
Einen medialen Effekt haben die Besetzungen auf alle Fälle, sagt Eric Miklin, Politikwissenschafter an der Universität Salzburg: „Je provokativer ich auftrete, desto eher komme ich in die Medien.“ Er nennt als Beispiele Umweltbewegungen wie Greenpeace, aber auch die Identitären, die solche Aktionen verstärkt planen. „Man schafft Aufmerksamkeit. Die Frage ist dann, auf wie viel Zustimmung stößt es und wie geht das politische System damit um? Also werden diese Themen eingebunden oder nicht. Je nachdem kann es wachsen oder abflachen.“
Mögliche rechtliche Folgen
Auf den Strafbestand Hausfriedensbruch können grundsätzlich bis zu drei Jahre Haft stehen, dazu muss aber erst der Eigentümer Anzeige erstatten.
Die Hausbesetzung am Attersee hat kein juristisches Nachspiel. Die Personen drangen nicht in das Gebäude ein. Bei der Polizei wurden keine Anzeigen erstattet. Im Fall der Hausbesetzung der Immobilie von Ex-Skistar Marcel Hirscher legte die Polizei der Staatsanwaltschaft einen Bericht über die strafrechtliche Beurteilung vor. Es wird ermittelt.
Hausbesetzungen: Ein Rückblick
In Salzburg gab es solche Aktionen schon früher. Die letzten großen Hausbesetzungen sind schon Jahre her. In den 1990er-ahren besetzte man ein leerstehendes Firmengelände in Salzburg-Parsch, das so genannte „Punkerhaus“.
Peter Engel erinnert sich als ehemaliger Hausbesetzer an die Aktionen: „Das hat auf alle Fälle etwas bewirkt, nämlich, dass sich Leute Gedanken gemacht haben, wie es der Jugend eigentlich geht, was man mit den leerstehenden Wohnungen machen könnte. Aber es hat viel zu wenig bewirkt. Dieselbe Situation herrscht heutzutage nach wie vor. Wohnungen werden immer noch als Spekulationsobjekte zurückgehalten, dadurch wird auch eine gewisse Preistreiberei gemacht.“ Die aktuellen Wohnungspreise seien für junge Menschen unzumutbar.

Langfristiger Trend: mehr Aktionen
Dazu kommen die aktuellen Krisen wie die Lockdowns, Ukrainekrieg und die Klimakrise. Das führe langfristig zu mehr Protesten, sagt Eric Miklin: „Wir sehen längerfristig einen Trend über viele Jahrzehnte, dass solche Protestformen tendenziell leicht ansteigen, wobei außerparlamentarische Proteste in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern relativ schwach ausgeprägt sind.“
Proteste kämen immer in Wellen, so der Politikwissenschaftler. Ein leichter Anstieg ist zu bemerken, aber weniger ausgeprägt als in Großstädten wie Wien, Berlin oder Paris.