Experten schätzen, dass in Salzburg rund 400 Frauen an Genitalen beschnitten sind. Die meisten stammen aus Nord- und Zentralafrika. Viele  haben wegen der  schweren Verletzungen gesundheitliche Langzeitprobleme. Im Krankenhaus Hallein (Tennengau) gibt es eine Spezialambulanz für Opfer solcher Praktiken.
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Kampf gegen Genitalbeschneidung von Frauen

Experten schätzen, dass in Salzburg rund 400 Frauen an Genitalien beschnitten sind. Die meisten stammen aus Nord- und Zentralafrika. Viele haben wegen der schweren Verstümmelungen gesundheitliche Langzeitprobleme. Im Krankenhaus Hallein (Tennengau) gibt es eine Spezialambulanz für Opfer solcher Praktiken.

Die meisten Frauen stammen aus Somalia, Nigeria, Sudan und Ägypten. Die Beschneidung bzw. Verstümmelung von Klitoris und anderen Genitalien ist nach österreichischem Recht ein Verbrechen, eine schwere Körperverletzung an Mädchen und Frauen – da wie dort dennoch für viele noch immer ein Tabuthema.

Offenbar hoher Druck, Anonymität nötig

Auch eine Dolmetscherin in Hallein will anonym bleiben: „Ich kenne Frauen, die Angst haben, zum Frauenarzt zu gehen. Manchmal rufen sie mich an, weil ich einen Termin ausmachen soll. Ich übersetze und helfe ihnen. Ich habe viele Frauen beim Frauenarzt begleitet."
Genau diese Angst will die Spezialambulanz in Hallein den Frauen nehmen. Sie haben oft psychische Probleme und chronische Schmerzen. In der Ambulanz wird ihnen geholfen, betont die Fachärztin Fabiola Hinterreitner: „Wir haben ein junges Team mit Gynäkologinnen, die die Patientinnen sehr sehr gerne betreuen.“

Verschiedenste Formen der Verstümmelung

Beschneidung ist aber nicht gleich Beschneidung. Es gibt in Afrika verschiedene Formen, wie der Genitalbereich beschnitten oder zugenäht wird. In der Spezialambulanz arbeiten vor allem Frauen – und sehr sensibel, damit sich die Patientinnen gut aufgehoben fühlen, wie Oberärztin Maria Trattner schildert: „Wir schätzen zuerst einmal ein, wie schwer eine Frau betroffen ist. Dann wird ein Plan erstellt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form eine Operation gemacht werden sollte. Dass die Frau in Zukunft weniger Schmerzen bei Menstruation und Geschlechtsverkehr hat.“

Thorsten Fischer ist Vorstand der gynäkologischen Abteilung: „Wir haben eine Globalisierung von ethisch schwierigen Fragestellungen. Und die Patientinnen kommen aus diesen Ländern zu uns. Und wir müssen uns diesen Fragestellungen annehmen.“

„Tradition“ durchbrechen und abstellen

Genitalbeschneidung gilt in afrikanischen Ländern als „Tradition“. Erst beschnittene Frauen gehören zur Gesellschaft. Sie gelten als „rein, fruchtbar und heiratsfähig“. Das Frauengesundheitszentrum Salzburg will aufklären – um zu verhindern, dass die Opfer wiederum ihre Töchter beschneiden oder beschneiden lassen.

Leiterin Aline Halhuber-Ahlmann betont, viele Frauen würden unter den Folgen der Beschneidung leiden: „Ohne zu wissen, dass es ohne Beschneidung nicht so wäre. Wir wollen sie so informieren, dass sie versuchen, das auch ihren Töchtern und Mädchen zu ersparen.“

Eigene Informationsreihe

Für Interessierte bietet das Frauengesundheitszentrum ab Ende Mai eine spezielle Schulung an. In den vergangenen Jahren wird das Problem vermehrt auch in sozialen Netzwerken besprochen. Jede
Frau und jedes Mädchen hat nämlich ein Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.