IS-Lager al-Hol in Syrien
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Politik

Übersiedlung zu IS-Terroristen: Debatte um Rückkehr

Rechtsexperten kritisieren, dass die Bundesregierung nichts tue, um Bürger zurückzuholen, die sich vor Jahren der Terrormiliz IS angeschlossen haben. Besonders Kinder von Verdächtigen hätten ein Recht auf Rückholung, wird betont. Genannt wird der besondere Fall einer Salzburgerin und ihrer beiden Kinder.

Der Weg zurück nach Österreich ist für Staatsbürger, die sich in den vergangenen Jahren mutmaßlich der Terrormiliz IS angeschlossen hatten, schwierig. Rund ein Dutzend Personen lebt nach Angaben des Außenministeriums nach dem Zusammenbruch des Terrorstaates in kurdischen Gefangenenlagern – etwa die Hälfte davon sind Kinder. Rechtsexperten kritisierten Freitag im Ö1-„Morgenjournal“ des ORF-Radios, dass Österreich solche Bürger nicht zurückhole.

Mit 17 zum IS nach Syrien gezogen

Anlass ist der Fall einer jungen Frau aus Hallein (Tennengau), die sich vor Jahren noch minderjährig von Salzburg nach Syrien absetzte. Die damals 17-Jährige bekam in der Zwischenzeit zwei Kinder, heute vier und fast sechs Jahre alt. Sie lebt mit ihnen in einem kurdischen Straflager. Weil das Außenministerium in Wien eine Rückholung bisher ablehnt, haben sich die Eltern der jungen Frau in Salzburg nun an die Volksanwaltschaft gewandt.

Volksanwalt sieht keine rasche Lösung

In einem Bericht sprach sich die Volksanwaltschaft zwar für eine neuerliche Prüfung des Falls aus, der zuständige Volksanwalt Werner Amon (ÖVP) sieht aber keine rasche Lösung: „Die grundsätzliche Politik der Republik ist, dass Personen, die freiwillig in den Jihad gehen, nicht zurückgeholt werden.“

Die Tatsache, dass die junge Frau noch minderjährig nach Syrien gereist sei, ändere daran nichts: „Ja, aber das ist sie heute nicht mehr“, sagte Amon im Ö1-Radio. Es könne nur die gegenwärtige Situation beurteilt werden.

IS-Lager al-Hol in Syrien
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Zwei andere Kinder nun bei Wiener Großeltern

Das Außenministerium bestätigt laut Ö1-Morgenjournal dieses Vorgehen zwar nicht. Generell würde immer die Schutzwürdigkeit der Betroffenen gegen eine mögliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Österreich abgewogen. 2019 holte Österreich zwei Kinder einer mutmaßlich verstorbenen Wiener IS-Anhängerin zurück. In dem Fall war den Großeltern das Sorgerecht übertragen worden.

Rechtsexperten kritisieren das Vorgehen des Staates: Für Kinderrechtsexperte Helmut Sax vom Ludwig Boltzmann Institut müssten die Kinderrechte oberste Priorität haben. Der Wiener Völkerrechtler Ralph Janik sagt dazu: „Wenn sich die Mutter für Straftaten zu verantworten hat, dann muss das entsprechend passieren. Aber dafür können die Kinder nichts. Noch ist es ihnen entsprechend zumutbar, dass sie in einem Flüchtlingslager bleiben, nur weil der österreichische Staat Bedenken wegen ihrer Mutter hat.“

Warnung einer Journalistin

Die österreichische Journalistin Petra Ramsauer besuchte die frühere Salzburgerin schon vor Jahren in Syrien. Wie stark sich die Frau radikalisiert hat, war auch für Ramsauer von außen nur schwer einzuschätzen. Sie habe aber damals schon dringend um Hilfe gebeten und versichert, dass sie sich der Justiz in Österreich stellen wolle.

Ramsauer warnt davor, dass sich die Menschen ohne Unterstützung der Behörden im immer stärker destabilisierten Syrien noch weiter radikalisieren und über „dunkle Kanäle“ über die Türkei oder andere Länder ihren Weg zurück in ihre Heimatländer finden.