Andrea Mielke vor Schloss Mirabell in Salzburg
Privat
Privat
Chronik

Assistierter Suizid: Salzburgerin gestorben

Die 57-jährige Andrea Mielke hat sich als erste Salzburgerin für den assistierten Suizid entschieden. Wegen eines seltenen Gendefekts war sie zeitlebens auf den Rollstuhl angewiesen und setzte sich seit ihrer Jugend für ein selbst bestimmtes Leben mit Behinderung ein. Donnerstagabend ist Andrea Mielke verstorben.

Selbst entscheiden, wenn man aus dem Leben geht, wenn es nicht mehr geht – das wollte Andrea Mielke. Auch ihren letzten Weg wollte sie in Würde bestreiten und entschied sich als erste Salzburgerin für den assistierten Suizid, der in Österreich seit Jahresbeginn gesetzlich möglich ist. „Wenn du nicht zäh und mutig genug bist, dann hast du eh verloren, denn der Kampf gegen die Behörden ist der Schlimmste und das steht fast keiner durch“, schilderte Andrea Mielke in einem ORF-Interview vor wenigen Tagen.

Die Salzburgerin kämpfte ihr ganzes Leben lang – als Aktivistin für die Rechte behinderter Menschen und für ein Leben mit persönlicher Assistenz. Das Recht, dass ihr Assistent Adi rund um die Uhr für sie da sein kann, hatte sich die Salzburgerin vor Gericht erstreiten müssen.

Lebensgefährte Adi war Wegbegleiter bis zum Schluss

Aus dem Assistenten wurde der Lebensgefährte: Adi begleitete Andrea auch auf ihrem letzten Weg, der steinig war, denn die bürokratischen Hürden für den assistierten Suizid sind groß. Vor wenigen Tagen gab Andrea Milke dem ORF ein letztes Interview. Sie hatte keine Kraft mehr und berichtete von einer Qual bis zur letzten Minute: „Die Apothekerkammer, die Ärztekammer und alle Stellen, die dafür zuständig sind, geben einem dieselbe Antwort, und zwar ‚wir geben keine Auskunft‘.“

Assistierter Suizid seit Jahresbeginn in Österreich erlaubt

Seit Jahresbeginn ist der assistierte Suizid in Österreich erlaubt, allerdings unter strengen Rahmenbedingungen. Zwei Ärzte müssen den freien Willen der sterbewilligen Person ebenso bestätigen wie die Tatsache, dass die Person an einer zum Tod führenden Krankheit leidet. Nach einer Wartefrist von zwölf Wochen kann die Sterbeverfügung erstellt werden.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Andrea Mielke beim Interview zum Thema „Recht aufs Sterben“ im Jänner 2021
ORF
Andrea Mielke beim Interview zum Thema „Recht aufs Sterben“ im Jänner 2021
Andrea Mielke: Bilder aus der Fotoausstellung „Ein Hauch von Gefühl“
ORF
Bilder aus der Fotoausstellung „Ein Hauch von Gefühl“ mit Fotograf Andreas Hauch
Andrea Mielke mit Partnerhündin Tamara Anfang der 1990er Jahre
Foto Andreas Hauch
Mit Partnerhündin Tamara Anfang der 1990er Jahre
Andrea Mielke im Helicopter in Australien 1997
Mediaplant
Träume erfüllen: Im Helicopter in Australien 1997
Andrea Mielke in ihren eigenen vier Wänden
ORF
In ihren eigenen vier Wänden, leben nach dem Motto: Mein Leben gehört mir – nur mir, ganz allein mir und sonst niemand!
Andrea Mielke und ihr Lebensgefährte und Assistent Adi 2021
Privat
Andrea und ihr Lebensgefährte und Assistent Adi im Sommer 2021
Andrea Mielke beim Lesen ihrer Tagebücher
Privat
Die letzten Sonnenstrahlen genießen
Andrea Mielke in ihrer Wahlheimat, dem Burgenland
Privat
Andrea Mielke in ihrer Wahlheimat, dem Burgenland …
Andrea Mielke mit Adi, ihrem Lebensgefährten und Assistenten
Privat
… um gemeinsam die letzten Wochen zu verbringen
Ein Kerze brennt, alle anderen schwimmen auf dem Wasser
ORF
Eine brennende Kerze, stellvertretend für Viele

Ärztekammer: „Sterbehilfe kollidiert mit Beruf“

„In erster Linie wurden hier sicherlich Anlaufschwierigkeiten beobachtet, denn wir wissen um die Regeln auch in Salzburg. Aber wir müssen akzeptieren, dass der assistierte Suizid eine Kollision mit unserem Berufsverständnis bedeutet“, sagt Ärztekammerpräsident Karl Forstner. Er setzt auf eine umfassende Information der Ärzteschaft. „Und dann sollten sich die Ärzte in die Lage versetzen, ob man bei diesem Schritt mitwirken möchte oder nicht.“

Andrea Mielke: „Ich habe ein ordentliches Stück gelebt“

Es wäre nicht Andrea Mielke, hätte sie nicht auch diese letzte Hürde gemeistert. Im Beisein ihres Lebensgefährten Adi und zweier Ärzte setzte sie ihrem Leben Donnerstagabend ein Ende. So wie das Leben sollte auch der Tod nur ihr gehören: „Ich habe ein ordentliches Stück gelebt und kann nur sagen, traut euch, denn es zahlt sich aus.“

Assistierter Suizid: Salzburgerin gestorben