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Politik

Verspätete Totenbeschau: Zu wenig Amtsärzte?

Eine Salzburgerin kritisiert, sie habe die Leiche ihrer plötzlich verstorbenen Bekannten eine Nacht in ihrer Wohnung lagern müssen, weil kein Amtsarzt mehr für die Totenbeschau im Dienst war. Nun kündigt Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) an, das System zu reformieren.

Der Fall aus Salzburg schaffte es bis zum Volksanwalt nach Wien. Von diesem kommt scharfe Kritik an den Zuständen.

Rückblick zum 14. Juni 2021

Eine Salzburgerin bekommt Besuch von einer Bekannten aus Wien. Am Abend auf der Terrasse in der Stadt Salzburg fühlt sich die Freundin unwohl und bricht zusammen. Rettungssanitäter und Notarzt versuchen die Reanimation. Doch die 55-Jährige verstirbt bzw. verblutet innerlich am Riss einer Aorta, wie eine Obduktion später ergibt.

Es ist kurz nach 22 Uhr. Um diese Zeit ist in der Stadt Salzburg kein Amtsarzt mehr im Dienst. Die Totenbeschau muss bis zum nächsten Morgen warten. Für die Tote gibt es in dieser Nacht keinen behördlichen Ort der Aufbewahrung.

Leiche über Nacht neben Baby und Teenager?

Die Salzburger Gastgeberin der bei dem Besuch Verstorbenen war schockiert: „Ich wollte von der Polizei wissen, wo ich die Leiche hinlegen soll. In einem Zimmer schlief mein 14 Monate alter Sohn. Da lege ich sicher keine Tote hin. Und meine 14-jährige Tochter drehte mir dann auch durch. Dann haben wir sie auf die Couch gelegt im Wohnzimmer. Der Polizist hat alles versucht, dass er uns hilft. Es scheitert daran, dass kein Amtsarzt mehr erreichbar war. Ich habe geglaubt, die ganze Welt bleibt stehen."

Das Leichen- und Bestattungswesen fällt in Österreich in die Zuständigkeit der Bundesländer. Das Salzburger Gesetz schreibt vor, dass die Totenbeschau so rasch wie möglich vorgenommen werden muss – jedoch erst drei Stunden nach dem vermutlichen Todeszeitpunkt. Vier Amtsärzte – Männer und Frauen – sind in der Landeshauptstadt zuständig. In Wien, Linz und Graz sind die Totenschauen in Ausnahmefällen rund um die Uhr möglich.

Stadt will Notärzte und Bestattung beauftragen

Der Salzburger Magistrat sei schon länger über den Fall informiert, wie Karl Schupfer betont, der Sprecher der Stadt Salzburg: „Wir sind da natürlich auch betroffen. Und es ist auch für den Amtsarzt schlimm, dass er da nicht mehr eingreifen kann. Wir haben uns jetzt angesehen, wie es in anderen Städten aussieht. Wir werden es nun wie in Niederösterreich machen. Wenn ein Notarzt den Tod zu so später Stunde festgestellt hat, dann werden wir die städtische Bestattung schicken, um die Leiche abzuholen."

Land will mehr Ärzte einbinden

Der Volksanwalt übt scharfe Kritik an den Salzburger Zuständen. Er betont, es hätte schon bisher und schon viel länger Alternativen und mehr Hilfe für die Bevölkerung geben müssen.

Salzburgs Gesundheitsreferent und Vize-Regierungschef Christian Stöckl (ÖVP) verweist auf eine bevorstehende Gesetzesnovelle, mit der Landtag die Arbeit der Amtsärzte neu regulieren soll. Als unmittelbare Lösung setzt er auf Sprengelärzte in den Gemeinden: „Das war sicher ein Einzelfall und darf nicht wieder vorkommen.“

Er schlage vor, dass die Stadt Salzburg und die Gemeinden zusätzliche Ärzte für die Totenbeschau beauftragen können."

Einen Missstand in der Verwaltung sieht man beim Salzburger Stadtmagistrat nicht. Der andauernde Mangel an Amtsärzten sei auch keine direkte Ursache für diesen Einzelfall, betont man bei der Stadt Salzburg.