Jahrzehntelang war der Charismatiker mit der TV-Reihe „Klingendes Österreich“ ein verlässlicher Begleiter des Fernsehpublikums. Erst im Frühjahr 2020 hatte er seine Auftritte vor ORF-Kamerateams beendet.
Im politisch umkämpften Südtirol aufgewachsen
Forcher blickte auf einen vielseitigen und in Jugendjahren auch sehr schwierigen Lebensweg zurück.
Sepp Forcher war über Vorfahren seines Vaters auch verwandt mit dem Sextener Gastwirt, Kletterer und Bergführer Sepp Innerkofler, einem touristischen Erschließer der Dolomiten. Dieser wurde im Ersten Weltkrieg als österreichischer Gebirgsjäger der Tiroler Standschützen am 4. Juli 1915 auf dem Paternkofel nahe Sexten von italienischen Alpini im Gefecht erschossen oder mit Hilfe eines fallenden Steines erschlagen. Um seinen Tod ranken sich bis heute zahlreiche Theorien, Geschichten und Legenden.
Er wurde am 17. Dezember 1930 als Giuseppe Forcher in der italienischen Hauptstadt Rom geboren, wuchs in Sexten (Südtirol) auf und unterstützte schon in seiner Kindheit die Eltern bei der Arbeit in den Bergen. Die politischen Tragödien, Schwierigkeiten und Widersprüche in der Geschichte Südtirols zwischen Mussolinis faschistischem Italien und Hitlers „Drittem Reich“ spiegeln sich bis heute in Biografien vieler Familien aus der Region. Forchers Eltern entschieden sich nach dem Südtirol-Abkommen der beiden Diktatoren für die so genannte „Option“. Sie kehrten der Heimat Südtirol bzw. Italien den Rücken und verließen Sexten in Richtung „Ostmark“, wie Österreich vom NS-Regime bezeichnet wurde.
Seit 1940 lebte die Familie dann in Salzburg, wo sie im Tennengebirge bei Werfenweng (Pongau) die Heinrich-Hackel-Hütte des Alpenvereins bewirtschaftete. Der Militärdienst im Zweiten Weltkrieg blieb Sepp Forcher erspart, weil er dafür auch gegen Kriegsende noch viel zu jung war.
Anfang der 1950er-Jahre arbeitete der körperlich mittlerweile bärenstarke Gebirgler als Lastenträger für die Versorgung des Heinrich-Schwaiger-Hauses beim Großen Wiesbachhorn in Kaprun (Pinzgau), eine der höchstgelegenen Schutzhütten der Ostalpen auf 2.802 Meter Seehöhe. Dazu kamen ähnliche Arbeiten für die Oberwalder-Hütte beim Großglockner im grenznahen Kärnten.
Vom Träger zur eigenen Hüttenpacht
Der familiären Leidenschaft folgend, übernahm Forcher schließlich mit Mitte 20 die Pacht einer Schutzhütte in Großarl (Pongau). In dieser Zeit heiratete er auch seine Frau Helene, die ihn stets tatkräftig unterstützte und auch in der späteren Medienkarriere eine wichtige Begleiterin wurde. Forchers Abschied aus dem irdischen Leben folgt nun dem seiner Frau, die schon vor drei Wochen verstorben ist – nach 65 Jahren Ehe.
Nach ihrer Hüttenpacht in Großarl bewirtschaften beide noch weitere Schutzhütten – auf dem Salzburger Untersberg und im Dachsteingebiet. Anfang der 1970er-Jahre folgte die Übersiedlung ins Tal. Als Pächter übernahmen sie den Platzlkeller in der Salzburger Altstadt. Dieses populäre und zentral gelegene Wirtshaus unweit der Staatsbrücke musste später der Filiale einer Modenhaus-Kette weichen. Es gibt Salzburger, die den Platzlkeller mit den Forchers nach so vielen Jahren noch immer vermissen.
Am Anfang lange Radioreporter
Den Bergen blieb „der Sepp“ weiter verbunden, u.a. als Alpinist und und Mineraliensucher. Er ging auch auf Klettertouren, die technisch nicht allzu schwierig waren. Der damals in Anif bei Salzburg (Flachgau) lebende Dirigent und Festspielkünstler Herbert von Karajan begleitete ihn gelegentlich als Seilpartner auf den nahen Untersberg.
Der Schriftsteller und frühere Salzburger ORF-Landesintendant Rudolf Bayr (1919-1990) holte Forcher 1976 in den Journalismus. Dem Literatur- und Medienmanager, Gourmet und Spezialisten für regionale Küche waren die kommunikativen Talente des Wirtes aufgefallen. Es ging auch darum, sonst eher schweigsame Gebirgler oder Bewohner des hügeligen Alpenvorlandes zu befragen, zum Reden zu bringen und die Lebensstile und Arbeitswelten der Landbevölkerung ins Programm zu holen.
Schon bald bekam Forcher eigene Sendungen in ORF Radio Salzburg – zum Beispiel „Ins Land einischaun“ oder „Mit’m Sepp ins Wochenend“, in denen er besonders gern Bergbauern, Almleute und Hüttenwirte interviewte. Die Reihen liefen über Jahrzehnte im regionalen Hörfunk und erfreuten sich sehr großer Beliebtheit.
Technisch gut ausgerüstet ins Gebirge
Forcher besaß – lange vor der heutigen Digitalisierung mit ihren extrem kompakten Geräten – ein schon damals sehr modernes, analoges, kleines und dadurch leichtes Tonbandgerät, mit dem er zu Aufnahmen ins Bergland aufbrach. Für viele Hörer legendär war zum Beispiel auch seine einstündige Sendung über die älteste Schutzhütte der Ostalpen, die Gamskarkogelhütte zwischen Bad Gastein, Hofgastein und Hüttschlag (alle Pongau).
Kassetten-Aufnahmen dieser Produktion wurden in der Region von Privatleuten und Fans über Jahre „hinauf und hinunter gespielt“. Auf dem Gamskarkogel bekam sie fast jeder Übernachtungsgast am Abend aus der Tonkonserve bei einem guten Glas Wein zu hören. Forcher lobte darin auch den damaligen Hüttenwirt Helmut Pleschberger, weil dieser den schmalen, langen, steilen und anstrengenden Steig auf den „höchsten Grasberg Europas“ (2.465 Meter) mit einfachsten Mitteln und großer Mühe gut pflegte: „Du schaust guat auf deini Gäst. So sche ausg´maht hast den Weg a nu!“
Es gab damals bundesweit neben Forcher nur sehr wenige ORF- oder Zeitungsreporter, die sich als Alleingänger wie eine Gams auch in schwierigem Gelände gut bewegen konnten.
Und dann kam 1986 das Fernsehen
Der große Durchbruch für das bundesweite Massenpublikum folgte mit dem TV-Format „Klingendes Österreich“, das 1986 erstmals auf Sendung ging. In 200 Folgen hat Forcher den Zuschauern die Musik, Volkskultur, traditionelle Architektur und Natur des Alpenlandes näher gebracht. Die Sendungen lebten von der Abwechslung von musikalischen Darbietungen lokaler Gruppen und den prächtigen Aufnahmen.
200 TV-Sendungen „Klingendes Österreich“
Dass er von selbst aufhöre, das sei „ganz unösterreichisch“, wurde Forcher aus Anlass seiner späten Pensionierung mit fast 90 Jahren vom ORF zitiert: „Ich brauche mir von niemanden sagen zu lassen, ‚Sepp lass bleiben, es ist genug‘. Der Sepp sagt sich das selber. Und zwar nicht im Sinne eines Bedauerns, sondern voller Freude, dass es mir eben gelungen ist, 200 Mal das zusammenzubringen.“
Insgesamt waren bei „Klingendes Österreich“ rund 2.000 Volkslied-und Volksmusikgruppen zu erleben, die Forcher bei seinen Wanderungen durch Österreich, Bayern und Südtirol vor entsprechender Kulisse zum musikalischen Austausch traf. Für seine langjährige Moderationstätigkeit wurde er auch mehrfach ausgezeichnet. 1993 gewann er beispielsweise auch eine Goldene Romy. Über die Jahre sind auch mehrere Bücher von Forcher erschienen, zuletzt „Das Salz in der Suppe – Vom großen Wert der kleinen Dinge“ (2018).
„Er hat uns so viel Schönheit gezeigt“
Der ORF verdanke Sepp Forcher sehr viel, sagte die designierte neue Salzburger ORF-Landesdirektorin Waltraud Langer am Sonntag: „Er hat uns in seiner unvergleichlichen Art so viel Schönheit gezeigt. Diese Bilder werden in unseren Köpfen bleiben, die Person Sepp Forcher wird in unseren Herzen bleiben.“
Nachruf auf Sepp Forcher
Der bundesweit populäre Salzburger ORF-Journalist, TV- und Radiomoderator, Sendungsgestalter, Kulturarbeiter, Autor, frühere Gasthaus-Betreiber, Hüttenwirt und Alpinist Sepp Forcher ist tot. Er verstarb Sonntagfrüh kurz nach seinem 91. Geburtstag in seiner Heimatstadt.
Bundespräsident verabschiedet sich von „TV-Legende“
Würdigung und Anteilnahme kam kurz nach dem Bekanntwerden von Forchers Tod aus der Hofburg. Der Moderator habe den Fernsehzuschauern "unprätentiös die verschiedensten Facetten Österreichs und Südtirols nähergebracht“, heißt es in der Aussendung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Mit ihm verabschiedet sich eine TV-Legende.“