Die beiden waren Samstagfrüh in die kombinierte Route „Hauptgully“ mitten durch die Nordwand eingestiegen – eine Mischung aus Schnee-, Fels- und Eiskletterei. Sie konnten nach sieben Stunden etwa 200 Höhenmeter unter dem Gipfelgrat auf 2.800 Meter Seehöhe nicht mehr weiter. Laut Bergrettern sind die Bedingungen für diese Spielart des Bergsteigens derzeit schlecht, weil es noch wenig frisches Eis für robuste Zwischensicherungen gibt.
„Ohne Mond kaum eine Chance“
Der technisch und konditionell sehr anspruchsvolle Nachteinsatz seines Teams sei dann nur dank des Mondlichtes gelungen, sagt Gerfried Walser, Ortsstellenleiter der Bergrettung Mittersill. Er brach mit zehn Mann in den Hauptkamm der Hohen Tauern auf, nachdem die Wiener ihren Notruf um 17.00 Uhr bei einbrechender Dunkelheit mit dem Handy abgesetzt hatten.
Anstieg der Mannschaft von Süden her
Das Rettungsteam fuhr zum Südportal des Felbertauerntunnels in Osttirol, weil von dort der Zustieg auf den Hochgasser kürzer ist als beim Nordportal. Bei diesem postierten die Bergretter einen Beobachtungsposten. Über Handy-Verbindungen und mit gegenseitigen Lichtzeichen konnte der genaue Standort der Kletterer in der Nordwand bestimmt werden.
Nach drei Stunden erreichten die Bergretter die jungen Männer, nachdem sie zuerst den Gipfel überschritten hatten. Die Kletterer seien sehr erschöpft gewesen, so Teamchef Walser. Sie wurden mit Hilfe eines Dyneema-Seiles per Mannschaftsflaschenzug auf den Grat hinaufgezogen. Dann begann gegen 1.00 Uhr früh der gemeinsame Abstieg zum Südportal des Felbertauerntunnels.
So sieht es in der Wand bei besseren bzw. guten Kletterbedingungen aus:
„Fehler in der Tourenplanung“
Der Mittersiller Bergrettungschef Walser spricht von Fehleinschätzung der beiden Wiener bei ihrer Tourenplanung. Eine solche Mixed-Route in Fels, Schnee und Eis sei an den besonders kurzen Novembertagen nicht empfehlenswert. Der Mittersiller hat noch einen taktischen Rat: „Man sollte bei der Tourenplanung auch einen Zeitpunkt zur Umkehr definieren. Wenn man sieht, dass man nicht zügig zum Ziel vorankommt, sollte man zu dieser Zeit dann umkehren. Und im Notfall wären wir froh, wenn rasch alarmiert und nicht gewartet würde, bis es fast komplett dunkel ist. Eine Rettung mit dem Hubschrauber fällt dann in den meisten Fällen aus."
Dieser Einsatz der ehrenamtlichen Bergretter auf dem Boden dauerte bis 4.00 Uhr früh.